Dritte Szene

[103] Prachtsaal in der Kaiserburg zu Goslar.

Kaiser Friedrich, Beatrice, Hohenzollern, Heinrich von Ofterdingen und die Großen des Reichs. Siegsmarsch.


KAISER FRIEDRICH.

Gebrochen ist der stolze Nacken des Vasallen!

Deutschland ist einig und es trotzt der Welt!

HEINRICH VON OFTERDINGEN.

Gleich junger Morgensonne strahlet wieder[103]

Die Krone um dein Haupt!

KAISER FRIEDRICH.

Sie war verdunkelt

Durch jenen Fußfall bei Legnano – Mit

Dem Blut der Sachsen ist sie abgewaschen,

Und reinern Goldes glänzt sie abermals

Um mein' und Beatricens Schläfen!

– Dir Oldenburg, dir Lippe, euch, ihr Erzbischöfe

Von Köln und Trier, Holstein dir – euch Bremern

Und euch Lübeckern und Hamburgern, teil

Ich heut noch Heinrichs Lande – Ahmet ja

Dem Leu'n nicht nach, und achtet Kaiserehre!

ERZBISCHÖFE, FÜRSTEN UND RITTER.

Wir kennen ihre Schrecknisse!

KAISER FRIEDRICH halb für sich, doch hörbar.

– Wo jetzt

Der Leu wohl einsam irret? Ach, vielleicht

Auf wüster See! –

BEATRICE.

Mathildis wird ihn stets

Begleiten!

KAISER FRIEDRICH.

Sei sie ihm ein Stern der Nacht!

BEATRICE.

Sie wird es sein! Sie leuchtet hehr und klar!

KAISER FRIEDRICH.

O Rose! zarte Rose! laß die kalten Sterne!

Die Rosen funkeln heiß und duften!

HEINRICH VON OFTERDINGEN.

Herr,

Dein Glück wird bald zu groß! – Ich zittre fast! –

– – Prinz Heinrich nahet im Triumphespompe,

Normannen zucken jubelnd um ihn kurze Schwerter,

Und in dem Arm führt er die Herrscherin

Des Landes der Vulkane!

KAISER FRIEDRICH.

So ist alles

Vollendet, wie ichs nur im Traum ersehnt!


Prinz Heinrich, Constanze von Neapel und Sizilien in ihrem Brautgewande, und normannische Edle treten ein.


PRINZ HEINRICH zum Kaiser.

Inmitten unterm Dolch der Widersacher,

Inmitten unter Lavaströmen, pflückt

Ich, wie du es befahlest, am Vesuv

Die kostbarste der Blumen! – Hier Constanze!

Sie fleht um deinen Segen!

CONSTANZE mit Prinz Heinrich knieend.

Segne, Vater![104]

KAISER FRIEDRICH.

Ich segne euren schönen, hohen Bund!

ALLE Deutsche und Normannen.

Hoch Kaiser Friedrich, Heinrich und Constanze!


Tusch. – Heinrich und Constanze erheben sich wieder.


KAISER FRIEDRICH.

Du atmest eng jetzt, Alexander, zwischen

Neapolis und mir! – Mein Erdgeschäft

Ist aus! –


Zu Prinz Heinrich.


Du wirst zum römschen Könige

Erwählt, – verwaltest, wenn ich fern, mein Reich!


Zu den übrigen Anwesenden.


Doch ich, des Abendlandes Herrscher, suche

Im Osten Saladin, auf jener Siegesbahn,

Die mir des Papstes Finger hat gewiesen!

BEATRICE.

Weh ihr,

Die Helden liebt! Nicht Ruh! nicht Rast! nicht Frieden!

Sie stürmen ewig und wir zittern immer!

KAISER FRIEDRICH.

Der Kaisermantel ist zu schlecht, zum Kreuz

Des Heilandes ihn zu zerreißen! – Doch

Wo ist der Stoff auf Erden, welcher edler?


Er zerreißt den purpurnen Kaisermantel und die Fürsten und Ritter nehmen die Stücke auf zu Kreuzeszeichen für ihre Schultern.


Es seufzt im Joch Jerusalem, die Hehre!

Gott will es! Tragt das Kreuz zu seiner Ehre!

ALLE ANWESENDEN.

Gott will es! Nehmt das Kreuz zu seiner Ehre!

HOHENZOLLERN mit der Reichsfahne.

So wird auch bald von Zions heilgen Zinnen,

So wie vom Harz bis Ätnas Lavagluten,

Des Reiches Banner durch die Lüfte fluten!

KAISER FRIEDRICH UND ALLE ANWESENDEN.

Und Sterben selbst! Im Kreuzzug ists Gewinnen!


Triumphmarsch. Alle ab.


Quelle:
Christian Dietrich Grabbe: Werke und Briefe. Band 2, Emsdetten 1960–1970, S. 103-105.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.

112 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon