34. Frülings-Lied

[337] 1.

Schönester Früling / Lustliebliches Wesen /

König der Zeiten vom Höchsten erlesen /

Mahler der neulich-beschneyeten Wiesen /

Haucher des holden Süß-Blumichten Biesen!


2.

Neue Besafftung die Bäume nun kriegen /

alle zu grünen und blühen sich fügen /

Höchster! wollst Geistes-Safft mildlich mir geben /

grünend und blühend in Tugend zu leben.


3.

Offtmals die Blüten den Blättern vorkommen.

Eh man noch einige Hoffnung genommen /

blühet offt Gottes Gnad völlig in Werken.

Alles gelinget / was dieser will stärken.


4.

Rosen und Lilien / bunte Tulpanen /

schwingen des Frülings Lustsiegende Fahnen.

Dieses / was pflichtig man ihnen muß schweren /

zielet dem Höchsten in ihnen zu ehren.


5.

Jedliches Blätlein der Wälder und Wiesen

zeiget uns / wie sich bespieglet in diesen

Göttlicher Weißheit vielständiges Wesen:

überall können ihr' Allmacht wir lesen.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 337-338.
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