Uber Gottes Ersetz- und Ergötzen

[23] Mein Gott! wer wolt sich dir nit ganz und gar ergeben /

weil deine Gütigkeit sich ganz und gar uns giebt /

und / nicht nur wann sie labt / wann sie betrübt auch liebt;

ja im erniedern selbst / sie pfleget zuerheben /

ein wenig kränkt / auf daß sie wider neu beleben

und frisch besafften kan / die sennen ruckwerts schiebt

damit sie schneller schnellt / das Glas ein wenig trübt /

auf daß die Herzen Perl / Gebet und Glaub / obschweben.

Du süßer Wunderbar / und wunderbare süße

die aus der Galle kommt / Verkehrung der Natur

wo Zucker wird zu Gall / und sie verbittert nur!

Hie aus dem bittern Creutz durchsüste Gnaden-Flüße!

O Himmlisch Gnaden Meer / machs wie du wilt mit mir:

Nur gibe daß ich werd' umfloßen stets von dir!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 23-24.
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Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
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