Auf meines hochverdienten Heilandes Dornen-Krone

[142] Du / aller Engel Kron / der Himmel Zier und Pracht /

von dessen wehrtem Haupt die Gottheit-Strahlen blitzen /

lässt mit der Dornen-Kron den Thron der Hoheit ritzen;

vom Tyger-drucken dir ein jede Ader kracht.

Wol! uns ein jeder Dorn ein Lebens-Quell aufmacht /

aus der Erlösungs Safft / die Blut-Rubinen / spritzen.

Es hängt mein' Himmels-Kron an diesen Stachelspitzen /

die du erworben hast in dieser Leidens-Schlacht.

Sie solten in mein Herz / nit in sein Haupt / seyn gangen!

doch nein: mein-Heil geschick / und deine Liebe / must

durch diesen Dörner-Weg zu ihrem Ziel gelangen.

Du dultest Stachel-Riß / erwirbst mir Rosen-Lust.

Lieb / der ich mich zu Lieb will willig ritzen lassen:

gib / daß ich dich ausbreit' in Kron-und Sternen-Strassen!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 142-143.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte