Das 3. Wort

Weib / sihe / das ist dein Sohn

[154] Ach Mutter / die mein Schmerz / wie euch der eure / kränket!

verzeiht mirs / daß ich mehr eur Heil als Freude such.

Ich muß es thun / es steht also von mir im Buch.

Mein Gnad' und eure Sünd / mich in diß Elend senket.

Damit ihr aber nicht euch gar verlassen denket /

so seht / daß Sterbend euch versorgt mein Schaffungs-Spruch /

so hab' ich / ob ich schon jetzt bin am Creutz ein Fluch /

Johannes Herz zu euch / und eurs zu ihm / gelenket.

Vnd du / mein liebster Freund / wollst meiner Mutter pflegen /

als der / in deren Leib ich diesen an mich nahm /

in dem ich fähig ward vor euer Heil zu sterben.

Es kan / der Schmerzen Krafft / die Liebe nicht erlegen.

Ihr Leid / ist auch ein Ast an diesem Creutzes-Stamm /

an dem ich's Leben will / durch Sterben / euch erwerben.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 154-155.
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