Uber ein Lustbringendes Regenlein

[236] Der Regen schadet nichts / als daß er uns die Lust

nur tausendmal verschönt / und angenemer machet.

Die Sonn / nach hartem Strauß / mit klaren Strahlen lachet.

der Himmel seuget nur die Erd mit seiner Brust.

Er ist der Nectar Tranck / der Lust-erweckend Must.

Er schläfft die Sonne ein / daß sie nur frischer wachet.

Der kurz-verdeckte Schein / mehr Gier und Zier ursachet;

Entziehung / wünschen mehrt; wie jederman bewust.

Er ist des Himmelsgeist / der sich hell distilliret:

der Balsam / der die Welt mit Blumen Ruh erfüllt /

wann Gott der Wolken Glaß zerbricht / mit Freuden quillt;

Als Himmlische Tinctur / mit Gold die Erden zieret.

Es ist der Segensafft / aus Gottes Mund herfliesset:

des Wollust-Nutzbarkeit / das ganze Land geniesset!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 236.
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