Inhalt deß Trauer-Spils.

[4] Aemilius Paulus Papinianus deß Römischen Käysers Severi geheimer Freund / Käysers Bassiani Schwager / seines Brudern Käysers Getae Verwandter / aller dreyer Oberster Reichs-Hofemeister oder Praetorii Praefectus, wird in der höchsten Ehre von Neid / Verleumbdung und Verdacht angetastet / nachmals als Käyser Bassianus seinen Stiff-Bruder Käyser Getam in den Armen der Mutter und Käyserlichen Wittib Juliae ermordet; angehalten den Bruder-Mord bey dem Römischen Rath und Läger zu entschuldigen. Weil er aber dise hochschändliche Unthat zu beschönen / ungeachtet alles Versprechens Eigen-Nutzes / angedräueter Gefahr / Verlusts der Ehre und Güter / ungeachtet aller einrede der Anverwandten / Freunde / und Käysers Bassiani selbst / großmütig verwidert wird er den Tod seines einigen Sohnes anzuschauen / und sein wolverdintes Haubt mit bestürtzung deß gantzen Hofes und der Welt / dem verfluchten Richt-beil zu unterwerfen gezwungen in dem XXXVI. Jahr / zehenden Monat und vierdten Tage seines Alters den XXV. deß Hornungs / als Burgermeister zu Rom gewesen /M. Pompejus Asper und P. Aper, welcher Ambt auff das CCXII. Jahr nach der Geburt unsers Erlösers und Seligmachers einfällt.[5]

Kurtzer Begriff der Abhandlungen.

I.


Papinianus klaget über die wider Ihn entstehende heimlich und offentliche Verfolgung / gründet sich auff die Auffrichti[g]keit seines Gewissens / versichert die Käyserliche Wittib Julien seiner Treue und geneigten Gemütes gegen Ihren Sohn Getam: Widerleget die so Ihm Schuld gegeben / als wenn Er zu sehr Käyser Bassiano anhängig / ermahnet / letzlich seine Ehe-Gemahlin Plautiam zu Geduld und Vorsichti[g]keit bey bevorstehendem Unglück. Seine Hofe-Junckern verwerffen in dem Reyen / das herrliche Leben der Stats-Bedineten / und preisen den glückseligen Zustand der jenigen die ihre Zeit vor sich in stiller Ruhe zubringen.


II.


Laetus verhetzet Käyser Bassianum mehr und mehr auff Getam, wie denn zu einer sondern Verbitterung Anlaß gibt / daß sich Geta einen Befehl / welchen Bassianus außgefertiget / zu unterschreiben verwidert. Julia suchet vergebens beyde Fürsten zu versöhnen /und wird in Ihrer Gegenwart und Schoß Geta von Bassiano mit einem Dolch erstossen. Julia beweinet den Untergang Ihres Sohnes: Wird aber von Thrasullo Ihrem Sternseher erinnert / daß Sie durch dises wehklagen sich in höchste Gefahr stürtzen / widrigen falls / da Sie Ihre wehmut verborgen halten könne /gelegenheit disen Tod zu rächen / und abermals den Thron zu besteigen / erlangen werde. Worauff Sie gezwungen Ihre wehmut verbirget / und sich Cleandern, der deß ermordeten Fürsten Leiche abzufodern / und wie Sie sich geberde / zu erforschen,[6] abgefertiget / anzuhören entschleust. Die Gerechti[g]keit gibt den Rasereyen (in den Reyen) macht über den Bruder-Mörder.


III.


Käyser Bassianus beklaget sein verübetes Verbrechen / und verdammet Laetum, den vornehmsten Anstiffter dieser Ubelthat / zu dem Tode. Höret Cleandern, welcher erzehlet / wie bey abholung der Leichen sich Julie gestellet / und was Sie gebeten. Worauff der Käyser anschafft Ihr Laetum lebend oder tod zu gewehren / und verspricht Getae ein herrlich Begräbnüß. Indessen trachtet Laetus auff mittel und gelegenheit / krafft welcher Er zu dem Käyserlichen Thron (als dessen Geta nun nicht mehr habhafft / Bassianus aber wegen deß Bruder-Mordes unfähig) gelangen möchte. Befohret sich daß Ihm Papinianus in dem Lichte stehen dörffte / wird aber durch sein unverhofftes End-Urtheil erschrecket und der Käyserin überlifert. Papinianus weigert durchauß den Bruder-Mord zu beschönen. Julia vollzeucht ihre Rach an Laeto. Die Reyen erweisen daß kein Laster ungestrafft hingehen könne.


IV.


Dem Käyser Bassian wird von Cleandern vorbracht /wasermassen Papinian abgeschlagen die Entschuldigungs-Rede auffzusetzen / welches Er in höchsten Ungenaden empfindet / fordert derowegen Papinianum selbst vor sich / und befindet daß Er auff seiner meynung beständig verharre / derowegen der Käyser auff allerhand frembde und grausame Gedancken fällt / Papiniani Ehegemahl beklaget den vor Augen stehenden Untergang Ihres Hauses / und wird von Papiniano und Ihrem Kinde getröstet. Macrin entsetzet Ihn auff Käyserlichen Befehl seines Ambts / und führet seinen Sohn mit sich nach Hofe. Das Käyserliche Läger erbeut sich Papiniano beyzustehen,[7] und Ihn selbst auff den Thron zu erheben / welchen Vorsatz Er eiferigst verwirfft. In den Reyen wird dem schlummernden Bassiano sein künfftiger Tod vorgestellet.


V.


Die Käyserin Julia verspricht durch ihren Kämmerer /Papiniano, da Er Ihr beyzustehen sich erklären wolle /Thron und Ehe / aber vergebens. Dessen Vater und Mutter beweinen sein Unglück / Er gehet auff Befehl zu dem Käyser / verharret auff seinem Vorsatz / tröstet seinen derowegen zum Tode verdammeten Sohn und stirbet unverzagt. Als Plautia nebenst dem Römischen Frauenzimmer gleich auff dem Wege durch Threnen und Fußfall den Zorn deß Fürsten zu lindern; werden Ihr beyde Leichen entgegen bracht / worüber Sie in höchste Schmertzen und endlich in Ohnmacht sincket.[8]


Quelle:
Andreas Gryphius: Großmütiger Rechtsgelehrter oder Sterbender Aemilius Paulus Papinianus. Stuttgart 1965, S. 4-9.
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