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[82] Job. 10.
1.
Bißher/ hab ich mein Weh' vnd überhäufftes Leid
Vnd Trauren-volle Schmertzen/
Vnd die gehäuffte Noth
Die dem gekränckten Hertzen
Verspricht den schnellen Tod/
Verhüllt mit lindem Ach vnd stiller Traurigkeit!
[82]
2.
Bißher war Halß vnd Mund/ vnd Lipp vnd Zung erstarrt!
Ich wolte meine Plagen
Vnd meiner Seelen Pein
Nicht so vor allen Klagen/
Nun fällt mein Abend ein!
Nun seh' ich/ daß ich hab' vmbsonst auff Trost geharrt.
3.
Mein Vntergang ist dar! der müde Geist verschwindt'
Die Kräffte sind vergangen/
Die Armen beben mir/
Der Tod hat mich vmbfangen/
Der Wangen Purpur-Zier
Er stirbt/ der Pulß besteht/ die Augen werden Blind.
4.
Ich habe meine Zeit in heisser Angst verbracht!
Diß Lebenlose Leben
Fällt/ als ein Traum entweicht/
Wenn sich die Nacht begeben
Vnd nun der Mond erbleicht!
Doch mich hat dieser Traum/ nur schrecken voll gemacht.
5.
O Erden gutte Nach! Ihr Menschen/ ich vergeh!
Ihr ewig-lichte Kertzen/
Ihr Wälder/ ihr Revier
Ihr Zeugen meiner Schmertzen:
Ihr wüsten Felder ihr!
Ihr Thäler/ den ich offt mein Leid vertraut/ ade!
6.
Ihr Bücher/ meine Lust; gehabt euch itzund wol!
Ihr Musen/ meine Wonne!
Uranie mein Liecht!
Du aller Künste Sonne.[83]
Was hilfft dein Vnterricht
Nun mein betrübter Geist vom Leibe scheiden sol!
7.
Was hilfft/ das ich alhier; was mich itzt läst/ besaß?
Was hilfft/ das stette lesen?
Ich muß! ich muß davon!
Als wer' ich nie' gewesen/
Vnd krig' ein Grab zum Lohn!
Das meinen Leib verkehrt in ein erschrecklich Aaß.
8.
Was hilfft daß ich die Zeit vnd die Natur gekenn't/
Daß mich so viel gepriesen/
Daß mich so viel geehrt!
Vnd denen mich gewiesen
Die offt mein Lob gehört;
Ich hab' eh' als man dacht/ den kurtzen Lauff vollend't
9.
Was nutzt der hohe Stand/ der Tod/ siht den nicht an!
Was nutzt mein Thun vnd schreiben/
Daß die geschwinde Zeit/
Wird als den Rauch zu treiben/
O Mensch! O Eitelkeit!
Was bist du/ als ein Strom/ den niemand halten kan!
10.
Ich seh' ich muß doch fort! Ach dreymal grosser Gott.
Wofern dich noch bewegen
Diß heisse seufftzen kan!
Heiß mich das Haupt nicht legen;
Biß ich (itzt fang ich an)
Noch einmal/ vnd zu letzt beweinet meine Noth!
11.
Jedoch was klag ich dir/ dir ist mein Leid bekannt
Was wil ich dir entdecken[84]
Was du viel besser weist?
Die Schmertzen die mich schrecken/
Die Wehmuth die mich beist/
Vnd daß ich meinem Ziel mit winseln zugerand?
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