51.
An ein Adeliches Frauenzimmer/ in eben selbiger Gelegenheit. Als er ihr seinen Papinian übersendete

[120] O Rose/ die du nun auf Dornen gantz verblühst/

Benetzt mit stetem Thau der immer frühen Thränen/

Bestürmt von langem Leid/ bewährt mit bangem Sehnen/

Indem du dich allein und gantz verlassen siehst:

Laß von dem Kummer ab mit den du dich bemühst/

Und schaue wie gar nicht durch Lob/ durch Schmach/ durch Dehnen/

Durch Beil/ Verlust und Todt die Tugend zu verwehnen/

Die auch ein Mord-Gerüst zum Ehrenbett erkiest.

Der Leben/ Stand und Gunst des Fürsten/ der die Pracht

Des ausgezierten Hofs und Furcht und Fall verlacht/

Wil dein betrübtes Hertz durch seine Qual erquicken.

Nimm denn nicht weinend an/ den/ der auch sterbend siegt/

Der durch Beständigkeit der Erden Weh bekriegt.

Was schöners könt ich dir/ O Allerschönste/ schicken.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 120.
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