[42] Uriel allein. Später Simon.
URIEL.
Ob mir die Wahrheit edler als die Liebe?
Wohl kenn' ich Tausende, die jeden Wert
Der Seele, Adel der Gesinnung, ja
Das Vaterland und ihren Glauben opfern,
Um fortzuräumen, was nur irgend zwischen –
Dem ersten Kuß von einem Mund wie Judiths
Und allem läge, was sie selber ehrt.
Ich liebe Judith; doch ich müßte mich verachten,
Wenn wie ein blöder Schäfer aus der Fabel,
Wie ein bebänderter Amynt der Bühne
Ich schmachtete und so in Wachs zerflösse!
Erst glauben und dann widerrufen? Feige
Sich selber einen Meineid schwören? Nein!
Die Überzeugung ist des Mannes Ehre,
Ein golden Vlies, das keines Fürsten Hand
Und kein Kapitel um die Brust ihm hängt.
Die Überzeugung ist des Kriegers Fahne,
Mit der er fallend nie unrühmlich fällt.
Der Ärmste selbst, verloren in der Masse,
Erwirbt durch Überzeugung sich den Adel,
Ein Wappen, das er selbst zerbricht und schändet,
Wenn er zum Lügner seiner Meinung wird.
Mag auch mir raunen eine Stimm' ins Ohr:[42]
Das Herz ist dir gewisser als der Geist,
Die Liebe täuscht sich nicht wie der Gedanke –
Ich kann nicht anders. Ritterstolz ist das,
Was mir die Sporen in die Seite drückt
Und jede blasse Furcht zum Schweigen bringt.
Hab' ich geirrt, so irrt' ich nur der Wahrheit;
Den Priestern widerruf' ich nicht.
Er will nach außen gehen.
SIMON.
Hier tretet ein!
Draußen.
Dem Fräulein will ich's melden.
URIEL.
Stimmen? Mich zu schauen
Ist jedem Frommen, jedem Heuchler Greuel –
SIMON draußen.
Hier! Hier! In diesem Saale wartet nur!
Die Tür öffnet sich.
URIEL die Eintretenden erblickend.
O ew'ger Gott – was seh' ich – meine Mutter!
Tritt beiseite.
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Uriel Acosta
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