[86] Panthea. Delia.
DELIA.
Sie sagten mir: es denken anders Götter
Denn Sterbliche. Was Ernst den Einen dünk,
Es dünke Scherz den andern. Götterernst
Sei Geist und Tugend, aber Spiel vor ihnen sei
Die lange Zeit der vielgeschäftgen Menschen.
Und mehr wie Götter, denn, wie Sterbliche,
Scheint euer Freund zu denken.
PANTHEA.
Nein! Mich wundert nicht,
Daß er sich fort zu seinen Göttern sehnt.
Was gaben ihm die Sterblichen? hat ihm
Sein töricht Volk genährt den hohen Sinn,
Ihr unbedeutend Leben, hat ihm dies
Das Herz verwöhnt
Nimm ihn, du gabst ihm alles, gabst
Ihn uns, o nimm ihn nur hinweg, Natur![86]
Vergänglicher sind deine Lieblinge,
Das weiß ich wohl, sie werden groß
Und sagen könnens andre nicht, wie sie's
Geworden, ach! und so entschwinden sie,
Die Glücklichen, auch wieder!
DELIA.
Sieh! mir dünkt es
Doch glücklicher, bei Menschen froh zu weilen.
Verzeih es mir der Unbegreifliche.
Und ist die Welt doch hier so schön.
PANTHEA.
Ja schön
Ist sie, und schöner itzt denn je. Es darf
Nicht unbeschenkt von ihr ein Kühner gehn.
Sieht er noch auf zu dir, o himmlisch Licht?
Und siehest du ihn, den ich nun vielleicht
Nicht wiedersehe? Delia! so blicken
Sich Heldenbrüder inniger ins Aug,
Eh sie vom Mahl zur Schlummerstunde scheiden,
Und sehn sie nicht des Morgens sich aufs neu?
O Worte! freilich schaudert mir, wie dir,
Das Herz, du gutes Kind! und gerne möcht
Ichs anders, doch ich schäme dessen mich.
Tut Er es doch! ists so nicht heilig?
DELIA.
Wer ist der fremde Jüngling, der herab
Vom Berge kömmt!
PANTHEA.
Pausanias. Ach müssen
Wir so uns wiederfinden, Vaterloser?[87]
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