Gefangene.

[161] Gefangene betriegen 1) Wenn sie die Wache / Büttel, oder wer sonst über die Gefängniß gesetzt ist / bestechen / daß sie dieselben lassen durchgehen. 2) Wenn sie die Wache voll trincken, oder ihnen solche Sachen heimlich in das Geträncke thun / welche einen tieffen Schlaf verursachen / damit sie hernach Zeit währenden Schlafes desto eher Gelegenheit haben mögen zu echappiren. 3) Wenn sie die Wache, unter dem Versprechen, solche ihr Lebetage zu versorgen, bereden, daß sie mit ihnen gar fortgehen solle. 4) Wenn sie, ehe sie ins Gefängniß gehen, Feilen zu sich nehmen /und bey sich verbergen / mit welchen sie die Ketten, daran sie geschlossen sind / ohnvermerckt entzwey feilen, und alsdann entwischen können. 5) Wenn sie sich in Laiben Brodes, Kuchen, Pasteten und andern Speisen subtile Seile von fester Materie in das Gefängniß bringen, und mit solchen über das Gemauer hinunter lassen. 6) Wenn sie die Bett-Tücher / genetztes zusammen gewundenes Bett-Stroh / Hand-Quelen / Hemden u.d.g. zerschneiden / aneinander binden, und sich damit aus dem Gefängniß verhelffen. 7) Wenn sie vor[161] der Tortur schlaffmachende Sachen heimlich einnehmen, damit sie auf der Folter die Tortur desto eher ausstehen mögen. 8) Wenn sie sich kranck anstellen / damit sie von der Tortur befreyet /oder aber sonst gemächlicher tractiret werden mögen. 9) Wenn sie andere unschuldige Leuthe, welche ohngefähr zu ihren bösen Thaten gekommen / als schuldige angeben, damit sich sich also loßhalfftern mögen. 10) Wenn sie Caution vor sich stellen lassen / damit sie aus dem Arrest kommen mögen, hernach aber ihres Weges fortgehen, und den Bürgen im Stich lassen. 11) Wenn sie einander durch vertraute Freunde heimlich wissen lassen, was einer und der andere gestehen und nicht gestehen soll. 12) Wenn Weibs-Personen mit denen / welche sie bewahren sollen / in Unzucht einhalten, damit sie unter dem Prætext, sie wären aus dem Gefängniß gebrochen, von ihnen loßgelassen werden mögen. 13) Wann sie vorgeben / es sey ihnen ein schwartzer Mann in- oder ausser dem Gefängniß erschienen, und habe sie diß oder jenes Böse thun geheissen / damit sie nur etwas zu ihrer Entschuldigung haben mögen. 14) Wann sie sich selbst eine Flechse oder Spann-Ader an einem Fuß entzwey schneiden, damit man sie nicht auf die Galée mitnehmen, noch zu schwerer Schantz-Arbeit brauchen könne. 15) Wann sie sich in Kästen einschliessen, und aus dem Gefängniß also ohnvermercket tragen lassen. 16) Wann sich Manns-Personen in Weibes-Kleider / oder die Weiber in Manns-Kleider verkleiden, und also unerkannt aus dem Gefängniß entkommen.


[162] Mittel: Daß man denen / welche um schwerer Missethat willen zur gefänglichen Hafft gebracht werden /gleich anfänglich alle Kleider abnehme und genau durchsuche / ob sich nicht darinnen etwas verdächtiges befindet / hiernechst / daß man die Kerckermeistere / oder welche zur Verwahrung derer Gefangenen verordnet / mit besonderer Instruction versehe / wie sie ohne Verlaub niemanden / zumahlen allein / zu denen Gefangenen lassen / noch / daß man ihnen etwas von Essen oder sonsten / ohne wann es von ihnen / denen Aufsehern / vorhero wohl durchstühret und durchsehen worden / zustelle / gestatten sollen. Wobey auch in Bestallung derer Kerckermeister / sich nach solchen umzuthun / welche sich entweder verbürgen können / oder mit etwas im Lande angesessen sind.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 161-163.
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