Krancke.

[228] Krancke betriegen 1) Wenn sie sich kranck anstellen / und nicht sind / wie faule Schüler, Gefangene[228] und andere mehr thun / von welchen an behörigen Orten Meldung geschehen. 2) Wenn sie die wahre Ursach der Kranckheit, woher solche rühre, dem Medico nicht entdecken / wie also Huren bey ihrer Schwängerung, unartige Schüler bey einer Ader-Verrängerung im Balgen, unersättliche Fresser bey ihrer Cardialgia oder Hertzens-Angst / andere auf andere Weise / zu thun pflegen. 3) Wenn sie die vom Medico verordnete Artzeneyen nicht einnehmen, und gleichwohl es auf Befragen / ob sie es gethan? also vorgeben. 4) Wenn sie die Artzeneyen, sonderlich die Medicamenta Drastica, Emetica, Purgantia, nicht nach der Vorschrifft des Medici gebrauchen, sondern sich deren nur, wenns ihnen etwa einfällt / bedienen / und daher manchen Tag, ohne daß sie Artzney einnehmen / vorbey streichen lassen. 5) Wenn sie gleich nach einiger Genesung, e.g. vom Fieber, zu mediciniren aufhören /und es nach dem bekannten Reim: wie der Krancke genaß / je ärger er fraß, zu machen pflegen / und doch den Medicum glaubend machen / sie braucheten dessen Artzeneyen fort. 6) Wenn sie / sonderlich die Weiber, die Kranckheit des Leibes an denenjenigen Theilen, so die Natur verdeckt haben will, verhehlen, da es doch auch nach dem Horatio, einem Heydnischen Poeten / heissen solte: Incurata pudor malus ulcera celat. 7) Wenn sie nicht diætisch leben / und, wider das Verboth des Medici, diese oder jene ihnen schädliche Speise oder Geträncke zu sich nehmen. 8) Wenn sie / nechst dem einen Medico, einen andern heimlich consuliren / und so dann beyder Medicamenta unvorsichtiger[229] Weise einschlucken, bey dem ersten aber sich damit entschuldigen / man wolle /damit die Natur nicht so hatt angegriffen werde /ein wenig von Artzneyen ausruhen. 9) Wenn sie ihre Kranckheiten gantz und gar verhehlen, wie Contagiosi, Pestilentiarii, und die mit der Lue Venerea behafftet sind / zu thun pflegen. 10) Wenn sie sich, sonderlich bey Besuchung der Geistlichen, kräncker anstellen / als sie sind / auch / so lange diese gegenwärtig / überaus devote Minen machen / nach deren Abtritt aber allerhand weltliche / ja sündliche Dinge wieder vornehmen. 11) Wenn sie nach der Wiedergenesung dem Medico seinen verdienten Lohn / unter dem Vorwand / er hätte sie übel curiret, nicht geben /oder denselben wenigstens lange gnug auf die Bezahlung warten lassen / nach dem bekannten Brocardico: Medicus tres habet facies, 1) Angeli, dum curare incipit. 2) Dei, dum juvat. 3) Diaboli, dum mercedem poscit. 12) Wenn sie sich ihrer blassen Farbe wegen von andern einer Kranckheit bereden lassen / und alsdann solche ex Imaginatione, ohne daß ihnen ein Aedergen wehe thut / simuliren und gegen den Medicum vorgeben / wovon / und was dergleichen Imaginationes öffters vor Effectus gehabt / Dn. D. Frid. Wilh. Steurlini Disput. Inaug. de Ægroto Mendace, hab. Erffurt. 1711. mit mehrern kan gelesen werden.


Mittel: Weil diese mit ihrem Betrug niemanden als sich selbst am meisten schaden / so ist kein anderes Mittel / als daß die Medici solchen ihren Patienten / welche nicht[230] recht heraus beichten / die Gefahr ihrer Kranckheit aufs nachdrücklichste vorstellen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 228-231.
Lizenz:
Kategorien: