Handwercks-Gesellen.

[32] Handwercks-Gesellen betriegen 1) wenn sie von dem zum Handwerck gehörigen Materialien und Werckzeug etwas entwenden. 2) Wenn sie geschenckte Handwercker haben und doch wider ihre Innung betteln gehen. 3) Wenn sie die bey andern Handwerckern gewöhnlichen Grüsse und Ceremonien erlernen, und sich dadurch an fremden Orten vor Gesellen anderer Handwercker, die sie doch nicht erlernet haben, ausgeben, damit sie viele und reiche Geschencke bekommen mögen. 4) Wenn sie, da niemand in der Werckstatt zugegen, sich auf die faule Seite legen. 5) Wenn sie, da am meisten zu thun ist, dem Meister oder Meisterin zum Dorf, aus der Arbeit gehen, auch wohl andere gleiches zu thun verhetzen. 6) Wenn sie öffters einen blauen Montag und wohl mehr Feyertage in der Wochen machen, nach dem schönen Sprichwort: Der Montag ist des Sonntags Bruder und den Dienstag liegen die Gesellen noch im Luder, und dadurch den Meister die Arbeit versäumen. 7) Wenn sie in der Zeit, da sie vor den Meister arbeiten sollen, vor sich selbst oder vor andere Leute, und zwar von des Meisters Waare Arbeit verfertigen. 8) Wenn sie an einem Orte die Muth-Jahre arbeiten, und bey der Gelegenheit die Kunden des Meisters oder Meisterin heimlich an sich ziehen. 9) Wenn sie, zumalen in denen Werckstätten der Wittfrauen, welche die Sache so genau nicht verstehen, liederliche Arbeit machen, daß dieselben nicht nur dadurch ihre Kunden verlieren, sondern auch öffters den Schaden ersetzen müssen. 10) Wenn sie es[33] durch Geschencke bey der Obrigkeit dahin bringen, daß das Handwerck, welches um erheblicher Ursachen willen sie zum Meister werden nicht lassen will, durch Zwang darzu angehalten wird. 11) Wenn sie Meistere und Gesellen an fremden Orten um nichtiger Ursachen willen schimpffen und dadurch verursachen, daß dieselben Meistere keine Gesellen, die geschimpfften Gesellen aber, biß zur Austrag der Sache, keine Arbeit bekommen, beyde aber dadurch in grossen Schaden und Unkosten gesetzet werden. 12) Wenn sie keine Arbeit annehmen wollen und sich nur auf die Geschencke verlassen, und dadurch diejenigen, so das Geschencke geben müssen, ums Geld bringen. 13) Wenn sie die Straff-und andere einkommende Gelder, so zu Erhaltung der Herberge und andern nöthigen Ausgaben in der Lade sollen aufbehalten und angewendet werden, eigenmächtig heraus nehmen, verschwenden und verprassen. 14) Wenn sie, beym Umschauen ein und andere Werckstädte vorbey gehen. 15) Wenn sie an fremden Orten übel von diesen oder jenen Meister reden, als wenn die Kost, Bett, Lohn und übriges Tractament gar zu schlecht beschaffen wäre, und dadurch verursachen daß kein Geselle mehr allda arbeiten will, da sich doch die Sache nicht also verhält. 16) Wenn sie bey Verfertigung des Meisterstücks, von andern sich helffen lassen, oder die Schauer bestechen, daß sie die groben Fehler übersehen. 17) Wenn sie auf der Reise denen Bauern die Hüner, Gänße, Obst und andere Dinge stehlen, und in denen Wirthshäußern sich zurichten lassen.


[34] Mittel: 1) Daß man bey Annehmung derer Gesellen ihnen den Handwercks-Zeug vorzehle und bey deren Weggehung wieder fordere. 2) Daß die Meistere und Gesellen diejenigen so kommen / und Geschencke / nicht aber Arbeit haben wollen / genau examiniren / ob sie zu dem Handwerck / wovon sie den Gruß bringen / gehören oder nicht. 3) Daß man in denen Werckstädten auf die Gesellen / ob sie arbeiten / wohl acht habe. 4) Daß man ihnen / wo sie unerlaubte Feyertage machen oder nicht bey behöriger Zeit die Arbeit aufsagen / das Wochen-Lohn / wenn sie weggehen wollen / abziehe / die Verhetzer aber von dem gantzen Handwercke oder Amte zur Straffe ziehen lasse. 5) Daß man denen Schimpffungen / wenn sie nicht gnugsamen Grund haben / keinen Glauben beymesse. 6) Daß sie die Obrigkeit zu Berechnung eingenommener Gelder anhalte.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 32-35.
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