Neunter Auftritt

[123] Hasenkopf und Heinzenfeld.


HEINZENFELD vor sich. Die Mägden reden doch alle gerne jocaliter oder Scherzweise.

HASENKOPF. Nu! Herr von Heinzenfeld, wie geht es? wie haben sie geruhet?

HEINZENFELD. Aliqualiter oder einiger Weise zu reden ziemlich gut, aber integraliter oder vollkommener Weise nicht.

HASENKOPF. Ja ja! das glaub ich, das erbärmliche Geheul der Klage wird sie sowenig, als mich haben ruhen lassen, oder ist die Trud auch etwa bey ihnen gewesen?

HEINZENFELD. Man muß nicht gleich so superstitionaliter oder abergläubischer Weise handeln, ich habe nichts gehört, nichts gesehen; was wollen sie mit ihrer Klage, mit ihren Geistern?

HASENKOPF. Herr von Heinzenfeld, ich hoffe doch nicht, daß sie mir etwas wegstreitten werden, was ich mit Ohren höre und mit Augen sehe. Sind sie so glücklich von Gespenstern sicher zu seyn, so danken sie dem Himmel, ich aber werde leider nur gar zuviel von diesem Üebel geplaget, ich habe die ganze Nacht hindurch das Gewinsel der Klage anhören müssen.

HEINZENFELD. Das wird accidentaliter oder zufälliger Weise eine Katze oder sonst ein Thier gewesen seyn, und wer wird gleich rationaliter oder vernünftiger Weise glauben, daß es realiter oder würklicher Weise ein Gespenst gewesen sey.

HASENKOPF zornig. Was? sie glauben auch vielleicht keine Geister? o! wenn sie mein Schwiegersohn werden wollen, so müssen sie Gespenster glauben, denn einen Frevler möchte ich doch niemals in meiner Freundschaft haben. Seyen sie bescheiden! lassen sie sich nicht von dem Leichtsinne gewisser Großsprecher bethören, die zu ihrem Schade meistens jene Wahrheit zu spät kennen lehrnen, der sie vorhin widerstrebet haben; Geben sie den Büchern, der Erfahrenheit rechtschaffener Männer, und endlich mir selbst Gehör, und glauben sie, daß es Geister,[123] Zauberer, Hexen, Truden, Klagen und Alraunen gebe.

HEINZENFELD. Herr von Hasenkopf! ich glaube, was recht ist, allein sie verzeihen, wenn ich ihnen sage, daß ihre Furcht meistens originaliter oder ursprünglicher Weise daher rühre, weil sie in ihrer Jugend zu leichtgläubig gewesen; da sie nun die Furcht schon radicaliter oder eingewurzelter Weise an sich haben, so schröckt sie alles, es mag sich nachdem sowol etwas corporaliter oder körperlicher Weise, als spiritualiter oder geistiger Weise ihren Augen darstellen.

HASENKOPF aufgebracht. Nu ja! sie haben recht, junger Herr! / wir alten Leuthe sind ohnehin nur Narren der dermaligen jungen gelehrten Welt; übrigens weiß ich, was ich weiß; ich glaube Geister, Träume und Ahndungen, denn ich weiß, warum ich sie glaube; sie haben mich noch nie betrogen. / Wie meine selige Frau starb, hat es, ihrer Einwendung, mein junger Herr! ungeachtet, dennach dreymal an die Thüre gepocht, und wie meine alte Köchin die Suse vom Schlagflusse getödtet ward, fiel am vorhergehenden hellen Tage das Pastettenbrett von der Wand freyer Stücken herab, ohne daß das Band oder der Nagel, worauf und woran es hieng, im geringsten verletzt wurde. / Meine Schwester die verlebte Babette sah würklich einen Schatz im Keller liegen; / meine Muhme sprach sogar mit Geistern, und mein verstorbener Bruder, welcher Hauptmann, und auch einer von denen Herren war, die die Gespenster läugnen, bekamm einsmals seines Frevels wegen in einem Gasthause, wo es spuckte, eine derbe Maulschelle; was sagen sie dazu Herr von Heinzenfeld?

HEINZENFELD vor sich. Ich will seine Galle nicht reger machen, denn wo ich ihm widerspreche, so verletze ich ihn lethaliter oder tödtlicher Weise. Zu Hasenkopf. Ich gebe ihnen alles zu, sagen sie mir nur zur Gnade, warum sie mich itzt specialiter oder besonderer Weise zu sich haben ruffen lassen; denn da ich präsentialiter oder gegenwärtiger Weise vor ihnen erscheine, so möcht ich auch essentialiter oder wesentlicher Weise wissen, was sie verbaliter oder Wortweise mit mir sprechen wollen.

HASENKOPF vor sich. Der ganze Mensch ist von lauter Aliter besessen, es möchte einem doch die Gedult vergehn. Zum Heinzenfeld. Die Ursach, warum ich sie habe rufen lassen, ist, um zu hören, wie sie die heutige Nacht zugebracht haben, und zu sehen, ob die Klage nicht etwa sie auf das Todtenbeth geheulet habe.

HEINZENFELD. Das ist sehr sorgfältig, allein wenn ich gewust hätte, daß sie sonst nichts verlangten, so wär ich gewiß so punctualiter oder genauer Weise nicht hiehergekommen.

HASENKOPF spöttisch. Ey! / Euer Hochedelgebohrn verzeihen mir doch, daß ich mich unterfangen habe, sie rufen zu lassen. / Warum wären sie denn nicht gekommen, gnädiger Herr?

HEINZENFELD. Ich fand eben casualiter oder zufälliger Weise eine Seecharte, auf welcher ich mit meinem Finger borealiter oder nordischer Weise, australiter oder südlicher Weise, occidentaliter oder westlicher Weise, und orientaliter oder ostlicher Weise herumkreutzte? da geschah es denn fataliter oder zufälliger Weise, daß mich Lisette zu ihnen kommen hieß.

HASENKOPF zornig. Nein! das ist zu asinaliter oder zu eselhafter Weise, was sie heute wieder vorbringen. Verzeihen sie mir, es ist ja kein gescheides Wort mit ihnen zu reden. Ich möchte sie gerne in allem zu meinem Vertrauten machen, ich will ihnen meine eigene Tochter zur Frau geben, um nur ihre, und ihres Herrn Papa Freundschaft immer mehr zu befestigen, und wenn ich mich bey ihnen um etwas Raths erholen, oder sonst mit ihnen gescheid reden will, so schmeissen sie mir ein paar hundert aliter in das Gesicht, und machen mir den Kopf so schwehr, als ob ich Mühlsteine im Gehirne trüge; / Pfui! hören sie doch einmal auf so pedantisch, so abgeschmackt zu seyn; glauben sie denn, daß solche närrisch angenommene Worte sie gut kleiden? es ist ja kein Wunder, wenn ein Frauenzimmer sie nicht liebenswürdig findet, es ist nur Schade um ihr Herkommen, um ihr Geld, und um ihren Character.

HEINZENFELD. Ich werde wegen ihnen und ihrer Tochter mich gewiß nicht aliter oder andrer Weise anschicken, als ich actualiter oder würklicher Weise bin, denn mir geht an ihnen und ihrer Tochter, wenn sie mich gleich beyde verschmähen, eben kein Königreich verlohren. Taliter oder solcher Weise denke ich wenigstens Geht ab.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 123-124.
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