Zehnder Auftritt.

[320] Liberata. Ferdinandus.


FERDINANDUS.

Strahlt meine Sonne dann in dieses Kerckers Nacht?

LIBERATA.

Hilff GOTT! Was hat den Printz an diesen Ort gebracht?

FERDINANDUS.

Die Liebe / derer Glut schlägt über mich zusammen!

LIBERATA.

Hir ist kein Wasser nicht zu leschen diese Flammen.

FERDINANDUS.

Göttinnen werden ja nicht so erzörnet seyn.

LIBERATA.

Nachdem das Opfer ist der seufftzenden Gemein'.

FERDINANDUS.

Das Opfer ist mein Hertz / das Altar jhre Glieder.

LIBERATA.

Mein GOTT-verlobter Geist schlägt diesen Vorsatz nieder.

FERDINANDUS.

Prinzeß! Jst Sie verlobt? Wer ist der Bräutigam?

LIBERATA.

Der alle Welt erlöst ans Heil'gen Creutzes Stamm.

FERDINANDUS.

Wo hat Sie dann den Ring und die Verlobungs-Kette?[321]

LIBERATA.

Der Christen Folter-Banck ist hir das Himmel-Bette.

FERDINANDUS.

Ein sanffter Schlaff-Zelt wird Jhr zeigen Ferdinand.

LIBERATA.

Sein Schlaff-Zelt führet nicht in das gestirnte Land.

FERDINANDUS.

Mein Schlaff-Zelt ist beziert mit Demant und Rubinen.

LIBERATA.

Es kan diß Lager nichts zur Seeligkeit mir dinen.

FERDINANDUS.

Die schönste Seeligkeit ist wahre Libes-Brunst.

LIBERATA.

Die Liebe dieser Welt ist nichts als Rauch und Dunst.

FERDINANDUS.

Sie sol Holdseligste durch mich unsterblich werden.

LIBERATA.

Wer Christum libt der ist unsterblich auff der Erden.

FERDINANDUS.

Jch werde Jhr ADON / Sie meine VENUS seyn!

LIBERATA.

Es stelle nur der Printz die Libes-Reden ein /

Dafern Jhm Liberat sol Jhr Gespräch' erlauben.

Er lasse sich vielmehr der Christen wahren Glauben

Und Libe gegen GOTT / wodurch man nach dem Streit[322]

Mit höchstem Ruhm erlangt den Krantz der Ewigkeit /

Jn seinen Helden-Muth und tapfre Sinnen steigen!

FERDINANDUS.

Da seyn die Götter vor! Solt' ich vor dehm mich neigen /

Solt' ich dehn beten an der an dem Creutz erblaßt?

LIBERATA.

Hat meinen Außspruch dann nicht Ferdinand gefaßt /

Wodurch ich den Ramir mit Ruhm gemacht zu schanden /

Daß nehmlich GOTT und Mensch in Christo sey verhanden?

FERDINANDUS.

Jch hab' es wol gehört! allein! – – –

LIBERATA.

Was vor ein Brand

Der Seufftzer steckt Jhn an bestürtzter Ferdinand?

FERDINANDUS.

Ach Liberata! Ach! Sie kan ja leicht ermässen

Daß meine Krone sich wird kehren in Zypreßen!

LIBERATA.

Deß Königs Gnade wird nicht dieses lassen zu.

FERDINANDUS.

Ach! Es ligt mancher Printz in der beschimpften Ruh /

Der durch die Tyranney des Freundes must' erbleichen!

LIBERATA.

Der Libe gegen GOTT muß alle Kleinmuth weichen.

Gesetzt / es woll' auff Jhn der Eifer-volle Fürst

Außschütten Gall und Gifft weil Jhn nach Blute dürst /

So wird Jhn dieses doch noch fest zurücke halten /[323]

Daß Er nicht lassen wird so nahes Blut erkalten.

Ja solt auch gleich Alphons Jhm dreun mit Tod und Qval /

So wird Er doch mein Printz im Goldnen Sternen-Saal

Von aller Fürsten Fürst ein schöner Reich ererben.

FERDINANDUS.

Wolan! Jch bin bereit vor Christi Creutz zu sterben!

Jch leb' und sterb' ein Christ! Hir hat Sie meine Hand!

LIBERATA.

O Himmels-werthes Wort! O libster Ferdinand!


Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 320-324.
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