Eilffter Auftritt.

[324] Liberata. Arimantes.


LIBERATA.

Wje bin ich doch erfreut daß Ferdinandus auch

Mit höchstem Ruhm verlaßt der Heiden eitlen Rauch /

Daß dessen Geist auch wil mein Glaubens-Licht erwählen

Und sich dem wahren GOTT in reiner Treu vermählen!

Zu wünschen wär' es nur daß deß Alphonsus Sinn

Sich auch bekehren möcht' und von sich werffen hinn

Der Heyden tollen Wahn und Gauckel-volle Poßen!

Allein ich fürcht'! ich fürcht'! Sein Hertze sey verschloßen /

Weil Jhn Ramiri Haß der Christen so entzündt /

Daß kein bekehrter Christ bey Jhm Genade findt.

Jdoch diß alles steht in GOttes Allmachts Händen /

Der kan der Menschen Hertz / wohin Er wil / stets wenden!

ARIMANTES.

Prinzeß es ist mir leid das Unglück so Sie trifft![324]

LIBERATA.

Sein Ankunfft / Arimant / ist mir wie Gall und Gifft.

ARIMANTES.

Jch trag' Jhr Zucker vor der süssen Libes-Flammen.

LIBERATA.

Er weiß ja daß mein Hertz den Zucker muß verdammen.

ARIMANTES.

Ach Sie erzeige doch Genade jhrem Knecht!

LIBERATA.

Genade! Aber nicht der Libe süsses Recht.

ARIMANTES.

Genad' und Libe sind ja Einer Mutter Kinder.

LIBERATA.

Wehn dieser Wahn bethört der ist ein rechter Sünder.

ARIMANTES.

Mir wird ja jhre Gnad den Hand-Kuß lassen zu.

LIBERATA.

Auch dieser ist ein Werck zu stöhren meine Ruh.

ARIMANTES.

Auß einem Kuß' ist nicht die Liebe bald zu schlüssen.

LIBERATA.

Wer Küße schon erlaubt / der hat kein zart Gewissen.

ARIMANTES.

Hat Sie denn gegen mir ein Hertze nur auß Stein?


[325] Jndem Er Sie auß hefftiger Libe umarmen und jhre lincke Hand erwischen wil / reißt Sie jhm die bloße Sebel von der Seiten und jaget jhn damit in die Flucht.


LIBERATA.

Wilst du ein Holofern / so werd' ich Judith seyn.

ARIMANTES.

Wie? Untersteht Sie sich mir mein Gewehr zu rauben?

LIBERATA.

Von hier! Die Keuschheit kan den Frevel nicht erlauben!

Jo Triumff! Triumff! Stimmt Freuden-Lieder an /

Weil GOTT an seiner Magd solch Wunder hat gethan!

Es ist der Feind besigt / sein toller Trotz verletzet /

Und mein Bethulien in sichre Ruh gesetzet.

Ach schütze ferner mich du Heyland aller Welt /

Dehm Liberata sich zu treuem Dienst darstellt!

Laß diese Klinge mir zu einem Palm-Zweig werden /

So hat mein Hertze schon den Himmel auff der Erden!


Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 324-326.
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