[339] Der Schauplatz verändert sich in den Königl. Saal nebst einer Heydnischen Capelle und Altare mit des Jupiters Statua.
Alphonsus. Ramiro. Rodrigo. Die Pagen und Trabanten.
ALPHONSUS.
Es hat Rodrigons Faust nach unsrem Außspruch zwar
Den Printz nebst der Prinzeß auff die beschwärtzte Bahr[339]
Der Flammen-reichen Glut höchst-grimmig sollen stürtzen /
Allein weil Wir hirdurch das Leben Unß verkürtzen
Jndem durch Beyder Todt der Reichs-Thron wird geschwächt /
So stehen Wir noch an das außgesprochne Recht
An jhrer Glider Bau vor jetzo außzuführen.
RAMIRO.
Welch Zweifel wil dem Fürst doch seine Sinnen rühren /
Daß Er der Bestie noch ferner schonen wil /
Nachdem der Teuffel ja in diesem Trauer-Spil
Sich selbst leibhafftig zeigt / weil Liberatens Sinnen
Durch jhren schwehren Fall erregen solch Beginnen?
Mit kurtzem: Liberat' hat Bahr und Todt verdint.
ALPHONSUS.
Wann diese todt so hat mein Stamm-Baum außgegrünt.
RAMIRO.
Viel besser keinen Stamm als Nazareths Geschlechte.
ALPHONSUS.
Bey Cronen lindert man der Götter strenge Rechte.
RAMIRO.
Der Götter Ehre siht noch Stamm noch Cronen an.
ALPHONSUS.
Vielleicht läst die Prinzeß der Christen tollen Wahn.
RAMIRO.
Es ist ein eitler Traum! Jch wil entschuldigt leben /
Wann sich der Götter Grimm wird auff diß Reich erheben.[340]
RODRIGO.
Es fällt Rodrigons Mund Ramiri Meinung bey
Daß Beyder Fall und Tod dem Reiche nützlich sey.
Ja selbst ASTRÆens Mund wird diesen Rathschlag rühmen
Und mit dem Lorberkrantz deß Nachruhms stets beblühmen!
ALPHONSUS.
Wolan der Schluß bleibt fest! Holt die Verdammte her!
Zwey Trabanten holen die Liberatam.
Weil diese Furie erreget dieses Meer /
Auff dessen Wellen nichts als lauter Creutze stehen /
So mag diß Unthir auch an einem Creutz vergehen!
Jdoch eh Liberat sinckt auff die schnöde Bahr /
So wollen wir vor schaun ob Sie auff dem Altar
Dem Ertzgott opffern wird und jhren Fall bereuen.
Geschieht es / wol! So sol die Gnade Sie erfreuen.
Was aber unsern Freund den Ferdinand betrifft /
So sol Rodrigo Jhm ein starckes Schlangen-Gifft
Einlifern in die Hand / wann Liberat erblichen /
Vermeldend / daß von mir die alte Gunst entwichen /
Weil keinen Christen ich zu meinem Freund begehr.
Drumb sol Er alsobald den Gifft-Kelch machen leer
Und Unsern Schluß vollziehn! Wil aber Er vertreiben
Den tollen Aberwitz / so mag Er lebend bleiben!
Jhr Götter dieses Reichs steht meiner Rache bey
Daß deß Alphonsus Schwerdt stets ein Vertilger sey
Der schnöden Christen Schaar die Euren Nahmen schmähen
Jn toller Fantasie! Laßt Götter diß geschehen!
Sie bringen die Liberatam.
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