Die Vierdte Abhandlung.

[275] Der Schau-Platz bildet ab deß Königes Schlaf-Gemach.

Der Geist deß Königes Davids. Herodes auff dem Bette.

NB. Ehe der Geist erscheinet / kan zuvor im Verborgenen folgendes Schlaf-Liedgen von einem Discantisten nebst beigefügtem Ritornello von etlichen Violen di Braccio, Violen di Gamba und einem Stort lieblich gesungen werden.


I.

Wje seelig ist / dem nicht der Diamant

Der morschen Kron' umb Haupt und Achseln schwebet!

Den kein Lysipp auffs güldne Sternen Land

Mit Gold / Krystall und Alabaster hebet!

O seelig / wer in stiller Friedens-Ruh

Den kurtzen Rest deß Lebens bringet zu!


II.

Das Wetter raast auff hohe Zedern bloß /

Wenn Strauch und Schilff in schönster Freyheit grünet:

Der Sturm-Wind saust nur umb Pallast und Schloß /

Wenn sanffte Lufft das Hirten-Hauß bedienet:

Monarchen nur empfinden Knall und Blitz /

Wenn Schäffer ruhn auff Demant-festem Sitz.


III.

Ein Beyspiel wird an Salems Printz gezeigt /

Den Rach' und Furcht mit schärffstem Pfeil verletzet!

Der Freinde Schaar wird in die Grufft geneigt /[276]

Die dich / Herod / mit Wonn' und Lust ergetzet.

Du bist zwar schuld; Jedoch hierzu bewegt /

Weil Neid und List die Unruh hat erregt.


IV.

Die schwartze Nacht steckt auff das Silber-Fahn;

Dein müder Geist wird durch den Schlaf bezwungen /

Die Augen hat dir Kummer zugethan /

Weil Ach und Weh in deine Burg gedrungen.

Gebrauche dich deß Labsalls aller Welt /

Das unsre Seel' und Witz / und Leib erhält.


V.

Schlaf ein! schlaf ein! entbürde dich der Last

Der grausen Furcht und Zweifels-vollen Sorgen!

Schlaf ein! schlaf ein! biß Mond' und Stern erblaßt /

Biß uns erquickt der Rosen-lichte Morgen!

Ja solt' auch gleich ein Traum dich fechten an /

So dencke / daß kein Geist dir schaden kan.

DAVIDS GEIST.

Ruht hier der außerlesne Fürst?

Der Sanfftmuth Conterfey / der so gerechte Richter /

Den stets nach reiner Tugend dürst?

Brich Erde! Blitzt und kracht jhr güldnen Himmels-Lichter!

Verfluchter Hund! unmenschlichs Tygerthier!

Soll nun Jerusalem / deß grossen GOTTES Zier /

Durch dich / du Scheusaal dieser Erden /

Zu einer Mörder-Grub' und Folter-Kammer werden?

Schau! Davids Leib verlaßt die heil'ge Grufft /

Weil deine Raaserey jhn hat hieher betaget /

Und auch im Grabe plaget!

Wilstu / Tyranne / denn die Silber-klare Lufft[277]

Durch unversättlichs Tödten

Erfüllen mit Cometen?

Glaubt / Joab hat mich nicht so sehr gequält /

Als er dem Absalon den zarten Hals gebrochen /

Den Amasa und Abner falsch erstochen:

Mein Amnon selbst / als er der Schwester sich vermähl

Durch Zunder höchst-verbotner Liebes-Kertze /

Hat mir nicht so betrübt mein Väterliches Hertze /

Als mich der Wüttrich kränckt /

Der Wüttrich / der nicht werth / daß seiner man gedenckt.

Erwege nur / du Kirchen-Rauber du /

Wie dein verfluchter Geist / durch grausen Geitz getrieben /

Gestöret mein' und meines Sohnes Ruh!

Es steht auff deiner Brust mit Diamant geschrieben:

»Herodes ist verdammt / vermaledeyet /

Weil er deß Salomons und Davids Grab entweihet.«

Und ob du diesen Raub durch Andacht zwar beschön't /

So hastu doch hierdurch den Himmel nicht versöhn't.

Ach Sion! ach! Mein Geist muß sich erschüttern!

Mein Harffen-Spiel verlieret Seit' und Thon!

Mit was vor Sturm und schrecklichen Gewittern

Jst nicht verletzt dein heil'ger Berg und Thron!

Verstellte Sion! ach! Du bist jtzt nicht wie gestern

Die Schönste deiner Schwestern!

Ach nein! Dein Purpur-Kleid hat sich in einen Sack /

Dein Räuch-Altar in einen düstern Herd /

Deß Scepters Gold in eine Folter-Hakk'

Verändert und verkehrt!

Hieran ist eintzig Schuld der grause Jdumæer /

Der Leopard / dem stets nach frembdem Blut

Hoffärtig steht sein niemals-satter Muth.

Undanckbarer! Jst diß der Lohn der Aßmonæer /

Durch die dein Vater sich und dich zum Printz gemacht?

Wird jtzt jhr heil'ger Stamm so frech von dir verlacht?[278]

Undanckbarer! ist nicht dein Grimm vergnüget /

Daß schon Aristobul im feuchten Grabe lieget?

Jsts nicht genug / daß Josephs Unschuld muß

Die Seele blasen auß durch ungerechten Schluß?

Ach! leider! ach! der / dem du doch zu dancken /

Daß Salem dich als seinen Fürst verehrt /

Der wertheste Hyrcan wird (leider!) auch versehrt /

Und muß durch dich / du tückscher Fuchs / gehn in deß Todes-Schrancken!

Ach! ach! ach!

Gerechte Rach'! erwach'!

Der Blut-Hund ist nicht werth den Reichs-Stab mehr zu führen!

Weil Davids Heiligthum nicht soll den Schwein und Tyger-thieren.

Ergrimme rechte Rach' in der gestirnten Höh

Weh dir Herodes! Weh! ach weh!


Herodes. Der Haupt-Mann mit den Trabanten. Mariamne.


HERODES.

Was blitzt und donnert hier! Wer raast in unsrem Zimmer!

Welch kühner Teuffel bricht mit hell entbrandtem Schimmer

Jns fürstliche Gemach! auff! auff Trabanten! auff!

Bringt Fackeln / Spieß' und Schwerd mit Pfeil geschwindem Lauff!

Hat niemand euch erschreckt? Sind Thür' / und Schloß versehret?

HAUPT-MANN.

Wir haben / grosser Fürst / im minsten nichts gehöret.

HERODES.

Jm minsten nichts gehört! So seyd jhr taub und blindt.[279]

HAUPT-MANN.

Wir schweren / daß kein Schlaf die sinnen uns verbind.

HERODES.

Wolan! So ist's ein Traum! Was achten wir die Träume /

Die nichts als Dampff und Dunst und Wurtzel-lose Bäume

Und Fantasien seyn! Was aber schertzen wir!

Es ist ein frembder Rauch ja noch zu sehen hier.

Gesetzt auch / daß Gespenst' und Geister uns erschrecken:

Wie viel Palläste giebts / die solche Gäste hecken!

Die Burg Antonia wird auch nicht seyn befreyt.

Gnug / daß der Himmel schützt das Diamantne Kleid.

Jedoch das Hertze klopfft! ich muß mich fast erschüttern!

Es überlauft! die Brust ein ungewohntes Zittern

Der Angstschweiß dringt hervor! Rufft bald die Fürstin her /

Daß sie die Traurigkeit in Freuden uns verkehr'

Durch jhre Gegenwart und Zucker-süsse Lippen!

Behütt' uns Adonay vor falschen Schiff-Bruchs Klippen /

Daß unser Reichs-Schiff nicht zu scheitern möge gehn!

Laß Jdumæens Sonn' in lichten Wolcken stehn /

Ob derer Strahlen sich der Adler selbst erfreuet!

GOTT Lob! Der Artzt erscheint! Nun werden wir verneuet!

Nun wird der grimme Schmertz auß unsrer Seel' entrückt /

Weil unsre Göttin uns mit holdem Strahl' anblickt!

Printzessin sonder Fleck! Printzessin sonder Mangel!

Mein Täubchen! Meine Perl'! Mein Leit-Stern / Trost und Engel!

Du Venus dieser Welt / gantz Palæstinens Zier /

Ach Mariamne! ach! komm' näher was zu mir!

Komm näher was zu mir! Erquicke meine Seele

Mit deinem Purpur Mund! Hier ist die sanffte Höle /

Hier ist das Paradieß / die Rosen-volle Bahn /

Wo deine Göttligkeit mich satt vergnügen kan!

Wie / Fürstin! Wendet sie jhr himmlisches Gesichte

Von unsrer Demuth ab? Sind jhr die Liebes-Früchte /[280]

So jhr Herodes gibt / nicht überzuckert recht?

Mein Kind! Sie prüfe mich! Wie? Oder ist zu schlecht

Der Juden grosser Printz in Mariamnens Augen?

MARIAMNE.

Man woll' uns ferner nicht so Blut als Lieb' außsaugen.

HERODES.

Wir sind kein Habicht nicht / der Turtel-Tauben frißt.

MARIAMNE.

Durch deine Habichts-Klau ist Stadt und Feld verwüst.

HERODES.

Nicht so! Printzeß! Nicht so! laßt uns der Wollust pflegen!

MARIAMNE.

Ein traurig Hertz laßt sich zur Liebe nicht bewegen.

HERODES.

So bald die Lieb' erscheint / muß Schmertz und Trauren fort.

MARIAMNE.

Der Nachen deiner Brunst verfehlt den rechten Port.

HERODES.

Wir können keinen Port als Mariamnen suchen.

MARIAMNE.

Nein! Mariamne muß dein Liebes-Schiff verfluchen.

HERODES.

Jn dem die lichte Glut der reinen Ehe brennt?

MARIAMNE.

Das Seegel fester Eh hat selbst der Fürst zertrennt.[281]

HERODES.

Mein Liebes-Segel trotzt Ost / Westen / Sud und Norden.

MARIAMNE.

Ach währ' es (leider!) nicht zu einem Blut-Fahn worden!

HERODES.

Der Liebe Kleid ist roth / sie führet Hitz' und Glut.

MARIAMNE.

Nicht aber einen Rock mit reichbesprütztem Blut.

HERODES.

Blut ist jhr Opffer ja / jhr Tempel Leib und Seele.

MARIAMNE.

Offt kehrt sich jhr Altar in eine Folter-Höle.

HERODES.

Nein! Jhre Flamme leucht auch bey stockfinstrer Nacht.

MARIAMNE.

Auß Hymens Kertze wird ein Jrrlicht meist gemacht.

HERODES.

Wer Fürst und Eh-Bett trotzt / wird schmecken bittre Mandeln.

MARIAMNE.

Man muß die Venus nicht in Furien verwandeln.

HERODES.

Hier ist kein Zaubrer ja / kein schwartzer Teuffel nicht /

Der unsre Zythere / die Mariamn' anficht.

Mein Schatz! Sie jage weg die schädlichen Gedancken![282]

Sie geb' uns doch Gehör' / und öffne Thür und Schrancken

Der Schönheit / welche mich biß auff den Tod verletzt!

Es werd' auff diesem Sammt mein schmachtend Hertz ergetzt!

Ey folge doch / mein Kind! Wo unsre Thränen Bitte

Nur was bey dir verfangt / so zeig' uns deine Gütte

Mit einem Kuß doch an! Wird dieser auch versagt?

MARIAMNE.

Untreuer! Laß mich gehn! Wir sind vorhin geplagt!

HERODES.

Ha! trotzigs Frauen-Bild! Halsstarriges Gemüte!

Wer siht nicht Assamons hoffärtiges Geblüte!

Bin ich nicht dein Gemahl / dem du die Liebes-Pflicht

Zu leisten schuldig bist?

MARIAMNE.

Dir aber / Mörder / nicht!

Tod-Schläger! Lügen-Freind! Patron verfluchter Laster!

Der stets in Gifft verkehrt das Mithridaten-Pflaster /

Der reines Korn verterbt / und Unkraut lasset blühn;

Wie soll die Liebe doch in meine Seel' einziehn!

Der du den Bruder mir / als er zum Gipffel kommen

Deß hohen Priesterthums / recht diebisch weggenommen /

Und in der Linden Flut verräthrisch hast ersäufft?

Dein mördrischer Verdacht hat Schimpff mit Schimpff gehäufft /

Als Josephs Unschuld sich umb Mariamnens willen

Must' auff dem Hencker-Platz ins Leich-Tuch lassen hüllen.

Mein älter-Vater / (ach!) der heilige Hyrcan

Fiel durch dein Buben-Stück in Charons Todten-Kahn!

Ja Mariamne selbst ist stündlich dir verdächtig /

Weil Geilheit mehr in dir als reine Brunst ist mächtig.

Soll ich dem Wüttrich nun anjtzt zu willen seyn /

Der mir und meinem Stamm den blut'gen Grabe-Stein[283]

Stets henckrisch richtet auff? Soll ich in dessen Armen

Mich küssend schlössen ein / der sich nicht läßt erbarmen

Noch Alters / noch Geschlechts? Ha! Wer sich so vergeht /

Jst keines Weibes werth! Das Eh-Bett wird erhöht

Durch keusche Liebes-Glut / nicht Blut-bemahlte Kertzen!

Wie solt' ich / Mörder / nun dein gifftig Antlitz Hertzen /

Das von deß Bruders Blut' und Vaters rauchet noch?

Nein! solche Küsse sind ein unerträglichs Joch!

»Denn wer sein Eh-Gemahl nur henckert / martert / plaget /

Dem wird Mund / Brust und Schoß mit höchstem recht versaget.«

HERODES.

Sind solche Furien in dem so schönen Leib?

Welch Teuffel reitet dich / vermaledeites Weib?

Vergießt du der Natur? Verschmähst du deinen König?

Schlag Blitz und Donner her! bin ich dir denn zu wenig?

Hat mich das grosse Rom mit Lorbern nicht gekrönt?

Daß du / hoffärt'ger Balg / nebst deinem Fürst verhöhnt?

Seht / wie ein stoltzes Weib den Braut-Krantz kan entweihen /

Wenn Gleichheit deß Geschlechts in dem so engen Reyen

Nicht anzutreffen ist! Pfuy! schäme selber dich!

Daß uns dein Aberwitz gibt solchen Hertzens-Stich

Du darffst mir! aber ach! Wer kan sich doch vergreiffen /

Wer kan die Klinge doch auff schwache Weiber schleiffen!

Nun! Die Geduld reißt auß! Die Liebe / so bißher

Stets Rach' und Grimm verjagt / ist nun von Pfeilen leer /

Und weicht gerechtem Zorn! geh! packe dich von hinnen /

Eh wir was Aergers thun in heiß-erhitzten Sinnen!

Verwirrte Seelen Pein! Unglückligster Herod!

Jch weiß nicht / wo ich bin / im Leben oder Tod!

Soll mich mein Eh-Gemahl / mein Eh-Gemahl verlachen?

Und in dem Eh-Bett zwar? Jn solchen Liebes Sachen /

Die selbst Natur / und GOtt / Vernunfft und Recht zuläßt?

Die Leuin sucht der Leu / der Storch den Storch im Nest /

Die Sonnen-Wende kehrt sich stets nach jhrer Sonne;[284]

Und einem König soll gebrechen Lust und Wonne;

Die unsern Anherr selbst im Paradieß erquickt?

Verfluchter Weiber Trotz! Jedoch was wird geschickt?


Herodes. Der Mund-Schencke. Der Haupt-Mann mit den Trabanten.


HERODES.

Wer heißt unangemeldt dich im Gemach erscheinen?

MUND-SCHENCK.

Sein Sclave / grosser Fürst / wil's treulich mit jhm meinen!

HERODES.

Wie? Treulich? Und in was? Entdeck' uns die Gefahr!

MUND-SCHENCK.

Auff diesem Becher / Herr / beruhet seine Bahr!

HERODES.

Den etwan selber du dem König eingeschencket.

MUND-SCHENCK.

Da sey der Himmel vor! Auff solche Mord-That dencket

Mein reines Hertze nicht! Jch weiß / wie hoch die Treu

Dem Fürsten mich verknüpfft!

HERODES.

So rede demnach frey!

MUND-SCHENCK.

Jch klage / daß mein Mund solch Ubel vor muß bringen!

Allein es läßt sich hier nicht mein Gewissen zwingen!

Mein König! Mariamn' hat Lieb' und Pflicht getrennt /[285]

Jn dem jhr grauser Haß in diesem Gifft-Kelch brennt /

Der in Herodis Brust die Liebe soll entzünden /

Durch derer Zauberey Vernunfft und Geist verschwinden.

Und ob der Fürstin Schluß mir zwar gieng bitter ein /

So hab' ich müssen doch als Knecht gehorsam seyn /

Weil man mit Gaben mich zu dieser Thurst bestochen!

HERODES.

Hilff Himmel! ists gewiß / was du so kühn gesprochen?

MUND-SCHENCK.

Nicht anders / grosser Fürst! Sie / die voll Eifers raast /

Hat sich vor langer Zeit deß Frevels angemaast /

Und mir diß Werck entdeckt. Weil aber GOttes Rache

So grimme Mord-Begier und Laster-volle Sache

Mit Pech und Schwefel krönt / auch selbst für Thron und Kron

Unendlich kämpfft und wacht / so hab' ich mich hiervon

Gantz eilends loß gemacht und meine Seel' errettet

Durch schuldigsten Bericht.

HERODES.

Nun hast du dir gebettet!

Nun hast du / Bestie / dir selbst den Sarg gebaut!

Wer hatte / Fürstin / dir solch Mord-Stück zugetraut!

Jedoch was wil ich sie mit diesem Tittel zieren!

Das Unthier ist nicht werth die Krone mehr zu führen!

Wird sind zu sehr versucht! Wenn Schuld mit Schuld sich häufft /

Dann wird mit gutem Recht das Hencker-Schwerdt geschleifft!

Wer hilfft! Wer springt uns bey in den so strengen Nöthen!

Mord! Mord! Mord! Mord! Mord! Mord! Man wil den Fürsten tödten!

Mord! Mord! Mord! Mord! Mord! Mord!


[286] Herodes. Salome. Pheroras. Antipater. Der Haupt-Mann mit den Trabanten. Der Mund-Schenck. Die Pagen.


SALOME.

Was ficht den König an?

HERODES.

Ach Schwester Salome! Es ist mit uns gethan!

Es ist mit uns gethan! Wir sind / wir sind verrathen!

Man suchet unsern Tod!

PHERORAS.

O unerhörte Thaten!

SALOME.

Wo rührt solch Ubel her?

ANTIPATER.

Und die so bittre Qual?

HERODES.

Die Bröckin wil durch Gifft entseel'n jhr Eh-Gemahl!

Sie hat uns nicht allein (O jammerreiche Plagen!)

Auß hart-verweg'nem Trotz den Beyschlaf abgeschlagen /

Ob ich sie schon hierum mit Trähnen fast ansprach;

Man stellt uns heimlich auch durch Teuffels-Träncke nach!

O grauser Ubermuth! Untreue Marianne!

SALOME.

Numehr ists hohe Zeit / daß er die Brunst verbanne

Auß der verlockten Brust! Jhr Himmel! ich erstaun'!

Jst Königinnen nun nicht mehr als so zu trau'n!

So gehts! Die Schönheit pralt nicht nur mit stoltzen Sinnen /

Sie darff auch endlich wol Gifft / Mord und Todschlag spinnen!

Nun bricht die Liebe auß und die Demantne Treu![287]

Nun siht der Fürst den Lohn / der nichts als Ach und Reu!

Wenn nicht Antonius die Mohrin so geküsset /

Hätt' er nicht in dem Dolch' / sie in dem Molch gebüsset.

Diß ist die Zucker-Frucht! Drumb tilgt das Unkraut auß /

Sonst fallen selber wir in Asche / Staub und Grauß!

PHERORAS.

O über-grosser Trotz! Wird / was Natur befiehlet /

Was den Krafft-losen Geist als stärckster Julep kühlet /

Verweigert und verwehrt? Ha! Schönheit sonder Witz

Der Abschlag bloß allein verdienet Straff' und Blitz

Wer siht und mercket nicht / daß sie die Liebes-Quälle /

Den Schwanen-weissen Leib und wol-gewölbte Hölle /

So Hymenæus dir nur eintzig wiedmet zu /

Mit-Buhlern hab' entdeckt? So wird die sanffte Ruh

Der Feder-leichten Eh' in schweres Bley verwandelt /

Wenn Fürstin mit dem Fürst so schlimm und grausam handelt /

Und die geschworne Pflicht / der Liebe festen Bund

Selbst liederlich zertrennt!

ANTIPATER.

Wo Hoffart ist der Grund /

Da können anders nichts als Wespen vor die Bienen /

Vor keusche Lilien unreine Kletten grünen.

Denn wenn Semiramis den güldnen Scepter trägt /

Wird Ninus unversehns in Sarg und Grab gelegt:

Hier wil Semiramis in zwey Personen raasen.

Man sieht vergiffte Lufft auff allen Ecken blasen /

Weil Alexandrens Stoltz / der doch im Kercker liegt /

Und Mariamnens Trotz so Fürst als Reich besiegt.

Was ist der Juden Printz? Nichts als ein blosser Schatten!

Weil die Cometen sich in Salems Schloß begatten /

Und Dosis meine Sonn' (ach leider!) ist verjagt /

So wird Antipater als Stief-Sohn außgetagt /

Was Jdumæisch heißt / verhönet und vernichtet![288]

Drumb werde diese Pest in Zeiten hingerichtet /

Und auß der Welt verbannt!

HERODES.

War ists: Wir sind veracht!

Es ist Herodes auch auff Rach' und Straff bedacht:

Ach aber! dencken wir in etwas nur zu rücke /

So überwinden uns die Seraphin'schen Blicke /

Die Mariamnens Glantz uns ewig eingepregt /

Und auch im größten Zorn mein zweifelnd Hertz bewegt /

Daß wir –

SALOME.

Mein Bruder! ach! diß sind nur Fantasien!

Wie kan die Liebe doch in solchen Seelen glühen /

Die Gegenliebe nicht mit lichter Glut ansteckt /

Noch das verborgne Feur mit süssem Brand' erweckt?

Der Blase-Balcken ist nur selbst dein eignes Hertze:

Wenn Mariamne nicht die güldne Liebes-Kertze

Mit Flammen lodernd macht / so fühlstu keine Hitz

Der wahren Liebligkeit. Was ist der Augen Blitz /

Der Glieder Helffen-Bein / die Liljen zarten Brüste /

Wenn jhre Anmuth nicht die zugelaßnen Lüste

Und den höchstdurst'gen Geist mit Labsall träncken wil?

Ein Bogen sonder Strick / ein stummes Seiten-Spiel /

Ein Demant sonder Glantz / und Balsam sonder Stärcke.

Zu dem erwege nur die schnöden Liebes-Wercke /

So Mariamnens List trieb mit dem Tyridat /

Als dich Augustus rieff nach Rhodis in den Rath!

HERODES.

Wie? Hat der Parther sich auch gegen uns vergangen?

SALOME.

Sie trug mehr nach dem Printz / als er nach jhr / Verlangen.

Halt sich nicht Arsanes annoch zu Salem auff /[289]

Umb daß er seinem Herrn mit Pflügel-schnellem Lauff

Höchst heimlich jederzeit die Buhler-Brieffe sende?

Drumb mache diesem Sturm ein längst-gewüntschtes Ende /

Und fodre den Sohem und Philo stracks vor dich;

Die werden dir erzehl'n / wie Mariamne sich

Nicht nur mit Trotz und Mord / auch geiler Lust beflecket.

PHERORAS.

So ists: Kein Laster bleibt vergraben und verstecket.

ANTIPATER.

So ists: Ein Laster wird durchs andre klar gemacht.

HERODES.

Es werde bald Sohem und Philo hergebracht.

SALOME.

Der König frage nur erst güttlich diese beyde;

Ob Tyridates nicht in einem frembden Kleide

Die Fürstin stets besucht? Ob keine Schreiben nicht

Von jhm gelauffen ein? Ja ob die keusche Pflicht

Selbst Mariamne nicht mit dem Sohem entweihet?

Folgt kein Bekäntnüß hier / so werde stracks gedreuet

Mit Pein und Folter-Banck. Denn diß verschnittne Paar

Weiß alle Heimligkeit dem Fürst zu stellen dar /

Wofern Hartneckigkeit nicht jhren Sinn bemeistert /

Die / wo sie sich nicht gibt / werd' Augen-Blicks entgeistert.

HERODES.

Wir loben deinen Rath: So wird der Themis Stahl

Außführen unsern Zorn!


[290] Herodes. Salome. Pheroras. Antipater. Der Haupt-Mann mit den Trabanten. Der Mund-Schencke. Die Pagen. Sohemus. Philo. Der Blut-Richter mit den Henckern.


HERODES.

Jhr wißt / daß dazumal /

Als nach Laodice wir zum August gezogen /

Uns gnädge Zuversicht und Liebe hat bewegen /

(Weil wir auff eure Treu nicht Zweifel durfften baun /)

Euch unsern besten Schatz und Kleinod zu vertraun.

Jedoch weil offters auch der allerreinste Spiegel

Nicht schlechten Fleck bekommt / weil die Demantnen Riegel

Sich offt in Wachs verkehr'n / und Basilischken Gifft

Auch auff den Rosen-Strauch und schönste Blumen trifft /

So werdet jhr dem Fürst auß Schuldigkeit entdecken /

Ob ein unreiner Tau indeß mit gifft'gen Flecken

Mein fruchtbar Paradieß / daß jhr bewachen sollt /

Entehret und beschmutzt? Denn außgestreutes Gold

Dringt in die Thürme auch / wo Danae verborgen /

Und sprengt die Schlösser auff.

SOHEMUS.

Die ungemeinen Sorgen /

Weßwegen seine Knecht' der Fürst zur Rede setzt /

Sind nur ein blosser Wahn. Die wahre Treu verletzt

Kein güldner Regen nicht noch Zentner-schwere Plagen.

Zu dem wird unserm Mund was dunckel vorgetragen

Deß Königs Will' und Schluß.

SALOME.

Wie hüllt die Boßheit sich

Jn Einfalts-Kleider ein![291]

HERODES.

Sohem / erinnre dich /

Wie offt sich Tyridat in Mariamnens Kammer

Durch Mummerey gespielt.

SOHEMUS.

Ach unverhoffter Jammer!

Jsts diß warumb der Fürst uns hat hieher gerufft?

SALOME.

Seht / wie den Schuldigen jhr furchtsam Hertze pufft!

PHERORAS.

Wie das Gewissen sich in jhrer Brust wil wüttern!

ANTIPATER.

Wie Augen / Lefftzen / Hand' / und alle Glieder zittern!

SOHEMUS.

Mein reines Hertz' erbeb't / nicht daß es schuldig sey;

Ach nein! Sohemus ist von allem Meineyd frey!

Was Mariamnens Brunst betrifft mit Tyridaten /

So weiß / der alles weiß / daß solche Ubelthaten

Der Fürstin und dem Printz Verdacht und Haß zuschreibt /

Der offt die Tugend selbst auß Thron und Reich vertreibt.

HERODES.

Schau / daß dein Lügen-Maul dich nicht ins Unglück stürtzet.

SOHEMUS.

Es werde mir der Drat deß Lebens bald verkürtzet /

Wo meine Worte sind auff Eiß und Schnee gebaut!

HERODES.

Du aber / Philo / hast den Tyridat geschaut?[292]

PHILO.

Geschaut zwar / aber nicht in Mariamnens Zimmer.

HERODES.

Spielt / jhr Verstockten / nicht mit Majestätschem Schimmer!

Du hast dem Tyridat die Schreiben ja gebracht /

Und jhm die Kammer-Thür eröffnet bey der Nacht.

PHILO.

Wer ist / mein König / doch / der wider mich so zeuget?

HERODES.

Der klagt sich selber an / der's Fürsten Schimpff verschweiget.

PHILO.

Es hat uns kein Mercur die Augen eingewiegt.

HERODES.

Der treuste Argus wird durch Gold und List besiegt.

PHILO.

Die wahre Redligkeit acht keiner Silber Ballen.

SALOME.

Hat doch Sohemus selbst der Fürstin wolgefallen.

SOHEMUS.

Wer ehrlich dient im Hof / ist ja der Gnade werth.

HERODES.

Doch daß die Gnade nicht deß Königs Ruhm verzehrt.

SOHEMUS.

Deß Königs Ruhm hat auch abwesend stets gegläntzet.[293]

HERODES.

Drumb sagt / ob Mariamn' mit Wollust sich bekräntzet.

SOHEMUS.

Der Tugenden Pallast kan Wollust nicht beziehn.

HERODES.

Man sihet Eisen-Kraut bey edlen Rosen blühn.

PHILO.

Deß Königs Rose ist mit Dornen starck beschützet.

HERODES.

Hat Tyridates sich nicht an die Hand geritzet?

PHILO.

Nein! Zucht und Erbarkeit ist diesem Printz vermählt.

PHERORAS.

Warumb hat Arsanes hier seinen Sitz erwehlt?

PHILO.

Vielleicht ist er bemüht in andern Reichs-Geschäfften.

ANTIPATER.

Es ist ja Zucker noth bey Wermuths-bittren Säfften.

SOHEMUS.

Der Zucker unsrer Treu weiß nichts von Gall' und Gifft.

HERODES.

Jhr seyd nicht / wie jhr meint / schon an den Port geschifft.

PHILO.

Der Mensch muß nehmen an / was jhm der Himmel schicket.[294]

HERODES.

Der Himmel thut es nicht / wenn eigne Schuld uns drücket.

SOHEMUS.

Der Laster Mühl-Stein liegt auff unsrer Seele nicht.

HERODES.

Wie daß dein frecher Mund die Fürstin so verficht?

SOHEMUS.

Weil Recht und Himmel selbst vor jhre Keuschheit streiten.

HERODES.

Man muß verstimmen dir die auffgezognen Seiten.

SOHEMUS.

So ists: Wer Wahrheit geigt / dem schimpfft man die Viol.

HERODES.

Den Fürsten geigt man nicht / wie man sonst geigen soll.

Bekennt! sonst wird euch Schmach und Pein und Marter zwingen!

PHILO.

Die Marter wird auß uns / was nie geschehn / nicht bringen.

HERODES.

Hast du dem Tyridat mein Eh-Bett nie entdeckt?

PHILO.

Der Abgrund thu sich auff / wo mich die That befleckt!

HERODES.

Hat Mariamne auch nie den Sohem geküsset?[295]

PHILO.

Wol diesem / der sich stets nach reiner Tugend misset!

HERODES.

So mässe / Lügner / euch deß Henckers Folter-Banck.

SOHEMUS.

Die Unschuld wird gekrönt durch ungerechten Zwang.

HERODES.

Bringt Pech / und Zangen her / und hell-entflammte Kertzen.

PHILO.

Ein rein Gewissen lacht auch in den größten Schmertzen.

HERODES.

Es wird dich bald vergehn: Strengt die Verdammten an!

SOHEMUS.

Man färbt auß dieser Flut der Ehre Purpur-Fahn.

HERODES.

Ein ewig frischer Schimpff wird euch zum Grab-Stein bleiben.

PHILO.

Die Tugend aber uns den Sternen einverleiben.

HERODES.

Beträuffelt jhren Leib mit siedenheissem Bley.

SOHEMUS.

Gerechter Richter steh! ach steh der Unschuld bey!

HERODES.

GOtt sihet nicht auff euch / verfluchte Bösewichter![296]

PHILO.

Verändert euren Glantz jhr güldnen Himmels-Lichter!

HERODES.

Greifft mit den Zangen an die Laster-volle Brust.

SOHEMUS.

Der keine Missethat der Fürstin ist bewust.

HERODES.

Steckt in die Nagel kihn / und Fackeln an die Seiten.

PHILO.

Die werden unsern Geist ins Paradieß begleiten.

HERODES.

Wo Korah / Dathan und Abiram sich befindt!

SOHEMUS.

Wir werden stets bestehn / ob gleich der Leib verschwindt.

HERODES.

Es wird die Nach-Welt euch / jhr Frevler / stets verspeien.

PHILO.

Der Himmel aber dir mit tausend Plagen dreuen.

HERODES.

Woll'n Sterbende nun erst Prophet und Seher seyn!

SOHEMUS.

Ja: ins Thal Josaphat solst du dich stellen ein.

HERODES.

Jhr Narren! wißt jhr auch / was euch den Hals wird brechen?[297]

PHILO.

Diß wol / daß Zerberus dir wird die Brust durchstechen.

HERODES.

Spannt beyde Lästerer noch etwas höher auff.

PHILO.

Du wirst der Wahrheit doch nicht hemmen jhren Lauff.

HERODES.

Zieht / foltert / reckt und brennt / biß sie die Wahrheit melden.

SOHEMUS.

Nun wird ein Hencker selbst der König Jüd'scher Helden!

HERODES.

Flößt heiß zerschmoltzen Pech in den verfluchten Mund!

SOHEMUS.

Auch stumme werden stets dein Raasen machen kund.

HERODES.

Streut Saltz auffs rohe Fleisch / und kützelt sie mit Bürsten.

PHILO.

So wird die Teuffel auch nach deiner Seele dürsten.

HERODES.

Bekennt! Nun habt jhr Zeit! Sonst ists umb euch gethan!

PHILO.

Soll man / Tyranne / dir denn Lügen deuten an?

HERODES.

Wo Mariamne dich bestochen / solst du leben.[298]

PHILO.

Ehr wil ich meinen Geist in grimmster Qual auffgeben!

HERODES.

Peitscht / biß jhr schwartzes Blut auß allen Adern fließ'!

SOHEMUS.

Ein unverrückter Sinn acht weder Rad noch Spieß'.

HERODES.

So ist / Verteuffelte / gar nichts auß euch zu pressen?

PHILO.

Nein Mörder! Laß uns nur den bittern Tod aufffressen.

HERODES.

Du seufftzest nach dem Tod: Dein End' ist noch nicht dar.

SOHEMUS.

Ach Wüttrich! der besiegt Busiris Mord Altar!

HERODES.

Laßt Strick und Folter nach / damit sie was verblasen.

PHILO.

Ach Höchster! Steure doch deß Blut-Hunds tollem Raasen!

HERODES.

Was Rath! solln diese Zwey die Augen schliessen zu?

SALOME.

Jhr Leben schafft Gefahr / jhr Sterben Fried' und Ruh.

HERODES.

Wolan! So mögen sie im strengen Seil ersticken!

Werfft jhnen Schlingen an / eh wir sie selbst erdrücken.[299]

BLUT-RICHTER.

Sie rächeln / sie vergehn / die Ohnmacht nimmt sie fort!

PHERORAS.

Nun fährt Herodes ein in den beglückten Port!

ANTIPATER.

Nun wird das heil'ge Recht gerechte Rach' außführen!

HERODES.

Schleppt nur die Leichen weg / und werfft sie vor den Thieren /

Daß jhr verdammtes Aaß von Hunden sey verzehrt:

Denn solche Hunde sind nicht Sarch und Grabes werth.

SALOME.

Soll Mariamne auch die grause Unthat büssen?

HERODES.

Die Mörd'rin laßt indeß stracks in den Kercker schlüssen /

Biß jhr der grosse Rath das Leben selbst abspricht.

Jedoch wie wird diß Werck recht füglich eingericht /

Daß Palæstina uns nicht grausam möge nennen /

Wenn Mariamnen wir den Lebens-Fadem trennen?

Gantz Salem siht auff sie / August ist jhr geneigt /

Weil jhr Geschlechte sich mit Kron' und Jnfeln zeigt.

SALOME.

Was zweifelt hier der Fürst? Solch Laster macht auch Kronen

Bey aller Welt verhaßt: Soll man der Mörder schonen /

Die unsern Tod gesucht / das Eh-Bett frech entweiht /

Und stündlich blasen auff ergrimmte Traurigkeit?

Fürstinnen sollen sich auch halten wie Fürstinnen.

Gantz Rom und Salem wird jhr Grufft und Bahre gönnen /

Wenn durch Rabbin'schen Spruch sie küssen wird das Beil /

Auff dessen Streich beruht deß gantzen Landes Heil.[300]

PHERORAS.

Daß nicht Verrätherey sich etwan mög' erheben /

So kan im Kercker sie den stoltzen Geist auffgeben.

Gnug / wenn der grosse Rath jhr selbst das Urtheil fällt /

Daß dich entschuld'gen wird bey Rom und aller Welt.

ANTIPATER.

Wol! wol! so müsse nun verschwinden und vergehen /

Was über Kron' und Thron sich trotzig wil erhöhen /

Und Fürst und Freunde schimpfft!

HERODES.

Wir woll'n uns gleich bemüh'n /

Daß wir den heil'gen Rath auff unsre seite Zihn.


Der Schau-Platz verändert sich ins Gefängnüß.

Alexandra. Mariamne. Das Königl. Frauen-Zimmer. Der Haupt-Mann mit den Trabanten.


ALEXANDRA.

Mein Kind / so leuchtet hier der Aßmonæer Sonne!

So wird in einem Blick die Zucker-süsse Wonne

Jn Gallen-bittren Schmertz / das Fürstliche Gemach

Jns Kerckers-Grufft verkehrt! Ach Mariamne! ach!

Printzessin sonder Thron! Starts-Jungfern sonder Ehre!

Ach! daß der Satan dir so leib als Geist versehre /

Verfluchtester Herod / Blut-dürst'ges Tygerthier!

Die Boßheit jauchtzt und schwärmt mit raasender Begier /

Weil Unschuld unterdeß in grimmen Aengsten schmachtet /

Und ein beschimpfftes Beil nach jhrer Scheitel trachtet.

Jst Assamons Geschlecht dem Himmel gantz verhaßt!

Aristobul ertranck / Hyrcanus ist erblaßt /[301]

Und Mariamne selbst / die Tugend konte schützen /

Muß (thrent jhr Augen! thrent!) nebst mir im Kercker sitzen!

O seelig / wenn dich nicht gesäuget diese Brust!

MARIAMNE.

So ists / wie ich erwähnt: Deß Wüttrichs geile Lust /

Die Rachgier Salomens / deß Brüdern freche sinnen

Bemühn sich nach und nach das Todten-Kleid zu spinnen

Dem Aßmonæ'schen Stamm. Jedoch die Tugend lacht

Nur solchen Wahnwitz auß: Je schwärtzer ist die Nacht /

Je schöner sihet man in den saffirnen Zimmern

Das Diamantne Heer der güldnen Sternen schimmern.

Gesetzt es werd' auff uns nicht rechtes Recht erticht;

Ein' unbefleckte Seel' acht falsche Mäuler nicht:

Wil uns der tolle Neid so Reich als Geist verkürtzen /

Offt muß die Untreu selbst sich in die Grube stürtzen /

Die sie der Unschuld grabt. Es komme wie es wil /

Ein rein Gewissen ist mein unverrücktes Ziel /

Daß auch den Leich-Stein kan mit Ehren-Preiß bezieren /

Den weder Welt / noch Tod / noch Teuffel wird entfuhren.

Jndeß schreibt diesen Sturm nur nicht dem Himmel zu!

ALEXANDRA.

Ach! Wie kan unsre Seel' empfinden wahre Ruh!

Die Schutz-Herrn unsers Glücks und Wolfahrt sind erblichen.

MARIAMNE.

Doch aller Printzen Printz ist nicht von uns gewichen.

ALEXANDRA.

Wie daß die Laster blühn / weil Tugend seufftzt und schmacht?

MARIAMNE.

Gold wird durch Feur / ein Geist durch Pein bewehrt gemacht.[302]

ALEXANDRA.

Das Eisen frißt der Rost / Angst kan die Sinnen schwächen.

MARIAMNE.

Zwar schwächen; aber nicht der Tugend Stahl zerbrechen.

ALEXANDRA.

Der Trübsal heisse Glut bezwingt auch diesen Stahl.

MARIAMNE.

Man kan Gekrönten nicht anlegen Schimpff und Qual.

ALEXANDRA.

Qual und auch Schimpffs genug / wenn unsre Strahlen schwinden!

MARIAMNE.

Mit denen sich selbst wird die Ewigkeit verbinden.

I. JUNGFER.

Wahr ists: Die Ewigkeit verläst Fürstinnen nicht.

II. JUNGFER.

Sie stehn / ob gleich der Tod den jrrd'schen Scepter bricht.

IV. JUNGFER.

Sie stehn / ob Tyranney den Himmel selbst wil stürmen.

V. JUNGFER.

Denn vor Verwesung kan sie eignes Lob beschirmen.

VI. JUNGFER.

Das über allen Ruhm der Eitelkeiten steigt.

MARIAMNE.

Was wil doch Bathseba / die sich so traurig neigt?[303]

III. JUNGFER.

Fürstinnen / ach verzeiht! daß ich mich unterwinde

Zu melden was mich drückt / und neuen Schmertz entzünde!

MARIAMNE.

Eröffn' uns deine Noth / so sich vor uns verbirgt.

III. JUNGFER.

Sohem und Philo sind gefoltert und erwürgt!

MARIAMNE.

Was haben / grosser GOtt / doch diese zwey verbrochen!

III. JUNGFER.

Man weiß / daß Salome pflegt alles Gifft zu kochen;

Denn jhr Zancksüchtger Geist liebt nie die Friedens-Bahn:

Weil Philo und Sohem nicht wollen Zeigen an /

Ob auch die Königin durch schnöde Liebes-Thaten

Den Alabaster Leib befleckt mit Tyridaten /

So musten beyde stracks den grimmen Strick außstehn.

MARIAMNE.

Unschuld'ger Tyridat! ach Himmel! wir vergehn!

ALEXANDRA.

Mein Kind!

I. JUNGFER.

Printzeß! auff! auff!

II. JUNGFER.

Printzeß! Ach sie erblasset!

III. JUNGFER.

Bringt Balsam / Oel und Wein / eh sie der Tod umfasset![304]

IV. JUNGFER.

Bestreicht jhr Stirn' und Schlaf!

V. JUNGFER.

Printzessin! lebt sie noch?

VI. JUNGFER.

Ach sie besinne sich!

MARIAMNE.

Laßt in der Ruh mich doch!

Laßt ungerüttelt mir die höchst-vergnügten Glieder!

Gebt uns den süssen Schlaf / den süssen Schlaf doch wieder!

Wo sind wir!

ALEXANDRA.

Ach mein Hertz schlag diese Wehmuth auß!

MARIAMNE.

Numehr Fällt Assamon in Asche / Staub und Grauß!

Mein unglückseel'ger Traum wird (leider!) nun erfüllet!

Wir seh'n schon / wie man uns ins Leichen-Tuch verhüllet /

Wie uns das Hencker-Beil nach Haupt und Nacken zielt /

Und Salome den Grimm in unsrem Blute kühlt!

HAUPT-MANN.

Printzeß / sie soll alsbald im grossen Saal erscheinen.

MARIAMNE.

Wir folgen unverzagt.

ALLE JUNGFERN.

Ach weint / wer nur kan weinen!
[305]

Reyen

Der Bach Kidrons und der Wald-Nimffen.

Der Schau-Platz bildet ab die Gelegenheit deß Bach Kidrons bey Jerusalem.


Satz der Wald-Nimffen.

Ach Kidron / der bey Salems Stadt

Den Oel-Berg und's Thal Josaphat

Mit seinem Silber netzet /

Der du dem Schöpffer bist geweiht /

Weil Baals Asch' in dich gestreut;

Wie bistu doch verletzet!

Wie schrumpfen deine Hörner ein!

Man sihet nichts als Blut und Stein

Auß deinem Eimer rinnen!

Jst denn Mipflezeth auffgewacht /

Den Assa dir verbrandt gebracht?

Weich Unheil wil sich spinnen!

Verändre / Vater / doch dein blutiges Gewand /

Und mache / was dich druckt / jtzt deiner Schaar bekand!


Gegen-Satz deß Bach Kidrons.

Ach GOTT! mein Krystallinen Vaß

Wird (leider!) fleckicht / warm / und laß

Durch Blut-vermischten Schimmel /

Weil Sonn' und Mond' und Stern vergehn /

Und nichts als Blut-Cometen stehn

Jm Palæstin'schen Himmel!

Joseph / Aristobul / Hyrcan

Ziehn mir den traur'gen Purpur an /

Den Salems Fürst gefärbet.

Der Fürst / in dem nichts Fürstlichs ist /

Der selbst sein Paradieß verwüst /[306]

Vom Assamon geerbet.

Weil nun der Himmel selbst ob solcher Mordthat weint /

Was Wunder / daß auch jtzt mein Silber blutig scheint!


Abgesang deß Bach Kidrons mit den Wald-Nimffen.

Erboster Hund! verfluchtester Tyranne!

Wie lange raast dein teuffelischer Geist /

Der Kron' und Schild und Jnfeln niederschmeist!

Wird nun das Gold der keuschen Marianne

Auch eingesenckt ins Kerckers schwartzen Schacht /

Da doch Sohem und Philo klar gemacht /

Daß kein unreiner Tau jhr Liljen-Feld beflecket!

Schau / wie der Satan schon nach dir die Hände strecket!

Diana selbst verliehrt das grüne Kleid /

Weil Flüsse / Berge / Thal und Tempel sind entweiht!

Ja eh du dichs / du Mörder / wirst versehen /

Wird dir der Höllen Mohr den krummen Hals verdrehen!

Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 1, Berlin und New York 1975, S. 275-307.
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