Das XVIII. Capitel.

Von Hoffart / Pracht / Vbermuth / Stoltz und Sicherheit.

[225] Ein vornehmer Doctor Juris setzete sich auff eine Zeit über / und wolte die Evangelische Lehr mit Bäpstischen Traditionen vergleichen / bekommet sein kleines Söhnlein zur Stuben hinein und spricht / Vater du bist ein Narr / darauff ließ er es bleiben. Non semper feliciter cadunt JOVIS taxilli. Sturm. pag. 349.[225]

Ein Doctor zu Jena freyete einsmals sein. Magd /als sie nun frau Doctorin geheissen wurd / kam die Lauß in Grind und hielt den Herren Doctor sehr übel. Zad. pag. 70.

Als Hecuba Königs Priami Gemahlin von den Griechen ins Elend geführet ward / sprach sie / wer nicht weis / auff was glatten Füssen stoltze Häupter gehen / der sehe mich an. M. Richter.

Es fragte einsmals eine stöltze Ebelfrau ihren Beichtvater kurtz vor ihrem ende / ob denn nur ein Himmel wäre / darein sie alle kämen; ja / sagte der Pfarrer / es kommen Reiche und Arme nur in einen Himmel / so fromm und gottselig gelebt haben / sie sein Edel oder Vnedel / ich dörffte mir wol wünschen / sagte sie / nicht in einen solchen Himmel zu kom men / denn ich bin mein tag den Bauern feind gewesen / es seind grobe stinckende Leute. Strig.

Als zur Zeit ein Bischoff prechtig vor einem Armen Baur vorüber ritte / kreutzigte und segnete sich derselbe vor dem Bischoff / er fragte ihn weßwegen er es thäte / da sagte er / vorzeiten sind die Bischoff nicht so prächtig auffgezogen, als Eur Gnaden itzt thun /sondern fein schlecht und einfältig; der Bischoff sagte / ich reite itzt nicht als ein Bischoff / sondern als ein Weltlicher Herr / daheim in der Kirch hielt er sich als ein Bischoff / bat das Bäuerlein der Bischoff solt ihm gnädig verzeihen diese Frag / wenn der Fürst zum Teuffel führ / wo denn der Bischoff bleiben wolte. [226] Asperius nihil est humili cum surgit in altum. Zeitber. Pagina 670.


Der Stoltze wird drumb erhöht so wol /

Daß er desto härter fallen sol.


Carolus Magnus verliehe einem ein Bisthumb / als er aber sahe / wie sich der Bischoff so hurtig auffs Pferd schwung / und dasselbige herumb warff / sagte er ihm alsobalden wieder das Bisttzumb auff und sprach: Er gebe einen bessern Reuter als Bischoff / er wolte ihn noch eine Zeitlang zu Hoff behalten. Strig. Pagina 189.

Ein Barfüsser Münch Robertus de Licio trat Anno Christi 1480. vor dem Bapst und Cardinälen auff zu predigen / fieng also an / pfui Paule pfui Petre / sprützete auch unterschiedlichen aus dazu / gieng also darauff von der Cantzel wieder herab; als er nun gefragt wurd / weßwegen er solches gethan / sprach er / er wäre zornig auff die Apostel / daß sie so schlecht gelebet / und wol besser hätten leben können / weder heutiges Tages Bäpst und Cardinäl. M. Johann Greislavius im Glaubenschild pag. 234.

Ein Stadt-Schreiber wolt sich ordiniren lassen zum Kirchen-Diener / machte groß Dicentz im Titul / und auch als ihn Herr Philippus Melanchthon fragte / wie ein Mensch könte vor Gott gerecht und selig werden; fiel ihm Philippus in die Red und sagte: Ihr müsset auff die Frag sein kurtz antworten /[227] und nun das parliren eurem Successori befehlen / und vom Herren Christo fein schlecht und einfältig reden. M. Porta.

Als eine Fürstin den Pracht ihrer Vnterthanen ansahe / wie sie sich mit Gold behenget hätten / sprach sie; unsere Leut haben die Gelsucht bekommen / wir müssen sehen / wie wir ihnen solche vertreiben / ließ eine grosse Steuer anlegen / der schändlichen Hoffart wegen. Ne corpus nimium vel cultu aut vestibus orna. Strig.

Leo Secundus wurd aus einem Handwercksman ein Keyser / als er aber stoltz ward / starb er an der Rothen Ruhr dahin / das geschahe auch Keysern Arnulpho / der wurd seiner Hoffart wegen von Läusen gefressen / Qvoniam superi propè nos sunt Dii qvicuncta vident. Reg. pag. 524.


Stoltz alles args und Sünd erregt /

All Tugend aber nieder schlägt /

Wenn deß Stoltzen Sünden gehn an /

Der Tugend Frücht zu Boden gan.


Canutus König in Dennemarck ließ ihm einen Stul ans Meer setzen / sprach: hör Meer / du bist ein stück meines Reichs / du solt mir allzeit gehorsam seyn /bald erhob sichs Meer / wütet und tobet / setzete sich ihm gar in seinen Schoß / drüber erschrack er / nam die Cron vom Haupt / setze sie dem Crucifix auff /[228] sagte zu / er wolte sich nimmer erheben. Regentenb. pagina 565.


Wo der Hochmuth sich richtet auff /

Da kömpt gemeiniglich Vnglück drauff.


Es wurd auff eine Zeit vom Keyser Sigismund ein Doctor zum Ritter geschlagen / als nun wichtige Sachen berathschlagt werden / und auff einer Seiten die Doctores / auff der andern die Ritter sassen / wuste er nicht wo er hinsitzen solt / letzlich wolte er sich zu denen Rittern setzen / da zog ihn der Keyser zurück /sagende / du bist unweißlich / daß du den Ritterstand den Gelehrten vorzeuchst / ich kan auff einen Tag wol tausent zu Rittern schlagen / aber in tausent Jahren /nicht einen zu einem Doctor machen. Non simili cursu respondent ultima primis. Flitnor. pag. 611.


Wer da ist auffgeblasen sehr /

Der kömpt zu ehren nimmermehr /

Je höher der ist gestiegen /

Je mehr ihn Gott thut niederbiegen.


Aristobulus brüstete sich auff / Er wolte König über Israel genennet seyn / verachtet das Priesterampt / bracht den Bruder Antigonum ümb / den andern aber warff er mit der Mutter ins Gefängnüß / bald aber hatte die Herrligkeit ein end / der Jüden freyheiten giengen verlohren / der Scepter Juda war[229] weg / und musten die Jüden den Römischen Keyser zinßbar werden. Laur. Faustus. pag. 22.

Da Scanderbeeg den Türckischen Keyser Bajazeth gefangen / hat er ihn in einen eisernen Kefig eingeschlossen / und mit sich geführt / und wenn er auffs Roß sitzen wollen / hat ihn der Keyser an statt eines Schemels den Rücken darhalten mussen. Judiciæ divinæ sæpè sunt occulta, nunqvam injustæ. Sleidænus lib. 3.

Vnter dem siebenden Assyrischen König Arelio oder Arbelio ist Weiblicher Pracht und Hoffart über sich gestiegen und auffgekommen / daß man sich nunmehr bey itziger Zeit nicht gnug weiß zu schmücken zu deckeln und närrisch zuverstellen / wie denn der helle Augenschein frommen und verständigen Leuten für augen. pag. 85.

In Doctor Melanders Schimpff und Ernst lieset man / daß einsmals die Geistlichen zu Regenspurg einen Teuffel austreiben wollē / welcher gesagt er müsse zwar weichen / allein sie solten ihm vergünnen in den zufahren / so da seine ausgekreuselte Haar halt und nahend darbey stund / welcher Mensch anfangs erschrack / sich aber wieder erholete / und sprach er solte ihm in hindern fahren / doch ihn das Wort alsbald wieder gereuete / ein Creutz vor den hindern machete und sprach: Behüte mich HERR / verdroß es den Teuffel so sehr / daß er ihm eine Maulschell gab und sagt / daß dich das Hertzeleid ankomme / du loser[230] Schelm / du lädest Gäst / und schleust hernach die Thür vor ihnen zu / muß nun zwischen zweyen Stülen nieder sitzen Schauplatz. pag. 74.

Vom Pracht der Königin in Persien / lieset man unter andern daß ihre Bettstadt also zugerichtet gewesen / daß sie ein Haupt küssen gehabt / darunter ein Kästlein reines Golds in die fünfftausend gewesen zu den Füssen war ein Kästlein darinnen dreytausend Talent Silber: Vber dem Bett stund ein gantz / güldener Weinstock mit Perlein und Edelgesteinen köstlich versetzt / daran hiengen Trauben von den allerköstlichsten Steinen / nicht weit davon stund ein güldener Pocal / so ein schön Kunststück war. Flitn. pag. 586. cap. 23.

Als der Wenden König vor dem Keyser Justinikano gefangen geführet wurd / und der Keyser in höchster Herrligkeit und Pracht auff seinem Thron saß / unn umb ihn herumb die vornemste Ritterschafft / verlachte es Gelimerund sprach: Vanitas vanitatum & omnia vanitas. Paulus Diac. Lib. 6.

Weiberlist ist ja über alle List / das sehen wir aus Königs Nini in Aßyrien Gemahlin der Semiramis / die lag aus stinckender Hoffart ihren Herren stets an. Er solte ihr nur zween Tag zu regieren erläuben; als er es verwilligt / läst sie ihren eigenen Herrn und König in ein Gefängnüß werffen und regiert sie an der zwene Tag stett / 42. Jahr / doch brachte sie viel Länder zum Königreich / machte starcke Ringmauren ümb die Stadt Babel / bauete eine Brück über den[231] Euphratem /machte einen Wundergarten auffgeführt auff steinerne Seulen und Gewölber / hat auch das Wasser aus dem Euphrate darein geröhret wurd letzlich von ihren Sohn erstochen / weiln sie ihm Blutschande zumuthete. Reichthum ohne Tugend ist garschlecht / beydes zusammen das ist recht: Reich und Klug / ist all gnug. Faustus in 3. part. der 4. Monarchien.

Cajus Caligula wolt vor einen Gott / angebetet seyn / ließ seinen Bruder umbbringen / trieb Blutschand mir dreyen Schwestern / wie ihn denn der Großvater in der unzucht erwischete / wurd aber von seiner Gvardi erschlagen. Svetonius.

Diese Ehr wolt Diocletianus auch haben / letzlich erstach er sich. Faustus. pag. 162.

Alexander wolt vor einen Sohn Jovis gehalten seyn / sagte zu / was ein ieder bitten würd / das wolt er ihnen geben; als die Philosophi die unsterblichkeit baten / wurd er schamroth gemacht. Wann er seine Pracht wolt sehen lassen / zog er ein gantz Gülden Stück an / darein das Firmament künstlich gewircket ward. D. Weinrich.

Ludovicus Caroli Magni Sohn reformirte einsten unter den Geistlichen / verbot ihnen kein Gold Silber / Edelgestein / Seiden und Gewehr zu tragen / sonsten solt ihnen alle Notturfft gereichet werden. Æmilius Sigonius.

Ein Bischoff hätte seinen Pracht auff eine Zeit mit vielen Hunden / daß man sie gleich wie das Vieh[232] in absonderliche Herde theilen muste. Sabellicus lib. 8. Strig. pag. 56.

Ein Graff in Cypern hielte derselben auch in 500. und bey iedern paar Hund ein einigen Knecht / der sie warten und baden muste. Strig.

Barnabas Vice-Graff zu Meiland / der konte etlich 1000 Jagthunde in die nechste Dörffer austheilen /darüber sonderliche Hunds Voigt halten: Laus Mundi fraus est. Strig. pag. 57.

Glacius ein Kastenherr zu Augspurg ward ein so stoltzer Man / daß so offt der Kirchner Wein zur Communion bey ihm abholete / er zu sagen pflegete /wolt ihr abermals Blut sauffen? Ihr Blutsäuffer / ich wolt daß ihr daran ersticken müstet / (denn er war nicht rein in seinem Gewissen) was geschicht / als er ihm auff eine Zeit wil die Gurgel abstechen / und etwas daran feilet / laufft ihm das Blut im Halß und ersticket. Saxo & Funccius super Ev. Joh.

Ein hoffertiger Esel fragte Aesopum was Gott im Himmel mache / sprach er: Er mache Töpff und zerbreche sie / mache hernach aus den Scherben wieder neue: vermeinend daß er die Stoltzen ernieder stürtze /und die niedrigen erhebe.

Eine Fürstliche Weibsperson wendete all ihr Geld und Gut auff köstlichen Schmuck und Pracht der Kleider / hatte auch sonst ein hoffertiges Hertz / daß die Vnterthanen drüber zu klagen hatten / ward endlich untreu an ihrem Herren erfunden und eine[233] Ehebrecherm / hat hernach die Zeit ihres Lebend über in der Custodia verbleiben müssen. Zaderus im Ehrenkrantz. pag. 201.

Nero liebte so sehr seine Sabinam Poppeam / daß er ihre offtmals ihre Goldgelbe Haar zehlete / so eins ausfiel / in Gold fassen ließ / ihr auch darzu einen güldenen Kamm kauffte. M. David Dimpel in Kirmes Predigten.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 225-234.
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