Das XIX. Capitel.

Von Verzweifflung / schnellen Tod / und andren Zufall.

[234] Cato Uticensis ist ein sehr Gelehrter Mann gewesen /so des Platonis Schrifften wol durchlesen / sonderlich von der unsterbligkeit der Seelen / dennoch hat er sich nichts daraus trösten können / sondern sich selbst erstochen.

Caspar Franckens / Adam Neusers / Zwinglii /Spiræ / Berengarii / Ochyni und anderer Sacramentirer Tode / kanst du ander weit lesen. Strigenicius pag. 331.

Anno Christi 1644. Monats Apr. stund ein Mäurer bey anbrechenden Tag frü auff / gieng in einen[234] schlechten Mühlgraben / darinnen das Wasser etwa eines Schuchs hoch war / legte sich da hinein und ersäuffte sich / da er den Tag vorher in verkauffung seines Häußlein mit den Leuten gessen und getruncken /und sich im wenigsten was vermercken lassen / niemand kunt die Vrsach wissen / warumb er es gethan /viel sagten wenn er das geringste hat bekräfftigen wollen / hätte er geschworen / ich wil Gottes Reich nicht schauen / wurd hernach ohne Klang und Gsang auff die Strassen verscharret. Author.

Basilius Macedo wurd Anno Christi 869. von einem Hirschen aus dem Sattel gehoben / und dadurch zum Tod beschädiget. Faustus pag. 254.

Ludovicus Römische Keyser eilete einem Bären nach / stürtzte über und über / starb bald darauff.

Fridericus Barbarossa badete sich in Armenien im Wasser Serra / der Wirbel ergrieff ihn / daß er ersauffen must. Chron. Aventini.


Fac prudenter agas, næm qvætibi vita putatur,

Hæc tua mors subitis casibus esse potest.


Homerus kompt aus Vnmuth ümb / als er nicht erforschen kan / was die Fischer in ihrer Red meinen / qvod capio perdo, qvod non capio mibi servo. Flitn. cap. 10. pag. 241.

Cato Johannes der Griechische Keyser wird auff der Jagt von einem Wilden Schwein angerennet / erbückt sich / da fallen ihm die Pfeil auß dem Köcher so vergifftet waren / und er ritzete sich ein klein[235] wenig daran / wurd vom Gifft angezündet / und muste sterben. Faustus pag. 263.

Albertus Fürst zu Sachsen als er zu Annaberg auff der Jagt war / und in der Nacht ein Feuer auskam / erschrack so darüber / daß er starb. Faustus im Sächsischen Stammbaum. pag. 339.

Conradus deß Conradi Sohn ward im Oesterreich auff einen Thurnier verwundet / dahin starb er. Qvid tàm sollicitis vitam consumimus annis? Faustus. 323. pag.

Der erweckte Lazarus so schon vier Tag im Grabe gelegen war / hat nach seiner aufferstehung 47. Jahr gelebet / den Herren Christum gepriesen / und ist zum andern mahl in Maßilien gestorben / doch sind die Kirchenlehrer hierin nicht einig. Epiph. lib. 2. Tom. 2. Zeitb. im II. pag. 28.


IESVS.

In Einem Steht. Vnser Seligkeit.

Solch Vnser Seligkeit Erwirbt IESVS.


Als Herr Philippus einsmals kranck war / seufftzte er also: HERR / wenn ich dir und deiner Kirchen nicht mehr vorseyn kan / so nim mich von der Welt weg.

Appius und Suffetus kommen an einem weichen Ey ümb.

Sophocles erstickt an einer Weinbeer.

[236] Anno Christi 1571. ergab sich aus Vngedult seiner Kranckheit ein Advocat zu Pariß dem Teuffel und verschrib sich mit seinem Blut. Rüdiger pag. 130.

Es ward zur Zeit ein Heyd von einer Wiesel biß auff den Tod gebissen / da sagte er / wenn es ein Löw oder Panterthier gethan hätte / wolt ich viellieber dran sterben. Ælianus lib. 14.


Certa qvidem mors est, nibil est incertius autem

Qvàm qvo sit nobis mors obeunda die.


Als Herr Mathesius sel. drey Stund vor seinem Ende seine letzte Predigt that / sprach er; HErr / spanne aus / ich habe mich fast müd gezogen.

Nicolaum Haußmann rührete der Schlag auff der Cantzel / daß er starb.

Johann Majerus Pastor zu Flenßburg / starb uff der Cantzel unter dem Vater unser beten.

D. Hieronymus Weller legte sich Abends gesund nieder / früe war er todt.

Bürgermeister zu Braunschweig stirbt unter der Predigt in der Kirchen / und so geschahe auch D. Zieglern. D. Medlern. D. Schnepffen.

Ein frommer Gottseliger Bergbeampter in Böhmen redete mit etlichen Personen Abends ümb 7. Vhr /legt sich ümb 10. Vhr schlaffen / früh ümb zwey Vhr ist er stein todt / welcher gemeiniglich der erste allzeit in der Kirchen erfunden ward. Virus & ocularis testis sum.[237]

Es sol bey Leib niemand in Gottes Gericht greiffen / da ein Mensch sein End offtermals plötzlich beschleust / wie denn auch solches in Pestzeiten geschiehet. M. Nic. Teichman.

Vorzeiten hat man bey den Heyden in Teutschland die Todten Leute durch den Schinder ausführen lassen / wie Ochsen und Küh lassen in die Grüben werffen /welches hernach von Christlicher Obrigkeit ist geendert worden.

Ein Schulmeister in Vngarn verzweiffelte / als die Kinder frü zu gewöhnlicher Zeit in die Schul komen /funden sie ihn an einem Balcken hangen / einen Zettel in der Hand habend / darinnen geschrieben stund / commendo vos gratiæ DEI, qva mihi denegata est. D. Die.

Anna Christi 1640. giengen vier böse Buben bey einer Reichstadtritzschinnern / da brach das Eyß / daß einer hinein fiel / zwene andere wollen ihm helffen /ertrincken auch / der vierde kompt in die Stadt und berichtet solches: Gott muß bißweilen ein Exempel sehen lassen / an der unbendigen Jugend / sonderlich itziger Zeit / da sie weder den Eltern noch Præceptoribus mehr folgen; wie denn Bischoff Majolus in seinen diebus canicularibus und D. Melander im Schimpff und Ernst etliche Exempla ungerathener Kinder erzehlt / daß einer auch ersoffen / ein anderer die fallende Sucht vor der Schulthür bekommen / so seinen Vater mit Füssen gestossen / sein lebtag daran schmertzen[238] tragen und erarmen müssen; Eventus stultorum magister. Schauplatz pag. 364.

Pindarus legt sein Haupt einem Schüler in die Schoß zu ruhen / dahin stirbt er.

Valentinianus bleib im reden todt. D. Conr.

Aristoteles wolt frisch seyn ehe der Tod kam / sagt es stünde einem Philosopho nicht wol an / daß er sich für ihn fürchte / da aber der Ernst kam schrit er. O Ens entium miserero mei. D. Gesnerus. pagina 218.

Plato sol von Läusen gefressen worden seyn.

Socrates nam Gifft ein und starb.

Cleombrotus Ambriota stürtzete sich mit fleiß vom Felsen / nur daß er bald zur Seligkeit kommen möcht / als er ein wenig von der Vnsterbligkeit der Seelen aus Platonis Buch gelesen. M. Faber.

Die Circumcelliones haben sich auch von Felsen gestürtzet / aus begierd zum andern Leben.


Ili rosa mane viret ramen & mox vespere langvet,

Sic modo qvi fuimus, cras levis umbra sumus.


Einem fürnehmen Mann wurd prognosticirt er würde den Tag ümbs Leben kommen / er blieb zur Hauß und ließ den gantzen Tag keinen Menschen zu sich kommen / Abends erhebt sich ein Tumult auff der Gassen / er geht ein wenig ans Fenster wil sehen was da sey / da fehrt ein Stein durchs Fenster verwundete ihn / daß er sterben muste. Hammer.[239]

Cleobis und Biton thaten Kindliche treu an ihrer Mutter / zogen sie freywillig zu ihrem Götzentempel /die Mutter bittet die Götter / sie wolten solches mit dem höchsten Guth ihnen vergelten / da sturben sie iehling dahin. Perpauci similes nati jam patribus extant, plures pejores, sed pauci sunt meliores. Herodotus.

Vor Jahren war ein ruchloser Jüngling in Engelland / der trieb täglich allen Muthwillen / wenn er gleich zum guten ermahnet wurd; sagte er / die Jugent mus vertoben / mag leicht spricht er / daß ich vor meinem End drey Wort sage / so werd ich selig / fuhr also fort in seinem Vnwesen / da er nun über eine Brücken reit / fällt er mit dem Pferd ins Wasser / sincket unter und sagt diese drey Wort / rapiat te Diabolus. Johan Saubertus.

Die Jüden haben den Gebrauch / wenn einer von ihnen abstirbt / so sagen sie wenn er dorthin komt sol er Abraham fleißig grüssen; es lag auff eine Zeit in Joachimsthal im Gasthoff ein Jüd kranck / den besuchten andere / sagten auch / er solt Abraham Isaac und Jacob grüssen von ihrentwegen / Christum aber nicht / der wäre ihnen gram / da sähet der sterbende Jüd an und sagt / Gram wieder Gram / und fuhr also hin in sein Abrahams Garten in Nobis Krug. Strig. pag. 81.
[240]

Die gröste Sünd zu aller frist

Vnglauben und Verzweifflung ist /

Die verdammen den Menschen gar /

Scheiden ihn von der Engelschar /

Daß ihm auch deß Himmels Pfort

Verschlossen bleibet hier und dort.


Doctor Luther schreibt er hab zu Erfurth einen Thumpfaffen gekennt / welcher stets einen guten Mut gehabt und sicher dahin gangen / als er sterben sollen / hat er Ach und Weh geschrien und gewünschet / daß er ein Seuhirt worden wäre. Strig.

Ein anderer zu Naumburg der schrier in seinem letzten zügen / ich hab alles gnug gehabt / Geld und Gut und was mein Hertz begehret / wenn ich auch nun itzt iemand hätt / so vor mich in die Hölle führe. Strig. pagina. 488.


Qvocunque ingrederis seqvìtur mors corporis umbram.


Philippus König in Macedonien / als er auff seiner Tochter Beylager ein grosses Pancket hielte / und mit den eingeladenen Fürsten und seinem Sohn Alexandro zum Tempel gehen wolt / wird er im gehen von einem Hoffmann erstochen.


– – – – non hospes ab hospite tutus,

non socer à genero, fratrum qvoque gratia rara est.


Anna Christi 1637. den 6. Martii / macheten die Sturm-Wind in Sanct Joachimsthal am Kohlberg /[241] hinter dem Zechenhauß eine Schneewellen ledig / die waltzete auffs Zechenhauß zu (in welchem eine Wittfrau mit 6. kleinen Kindern war) überschlug dasselbe daß unter dem Schnee hernach drey Kinder todt herfür gezogen / die andern zwar kümmerlich aus dem Schnee bey Leben sind erhalten worden. Autor.


Tempora longa tibi noli promittere vitæ.


Ein Wucherer ließ bey seinem end all sein Gold und Geld vor sich bringen / sagte zu seiner Seel /wilst du bey mir bleiben / so wil ich dir dieses alles geben / da er aber sahe daß er sterben must und ihn die Seel verlassen wolt / sagte er; ich befehle dich dem Teuffel in der Höllen. Inter oves locum nobis præsta, & ab hædis nos seqvestra. Faber pag. 258.


Der Tod macht alle Menschen gleich /

In allen Ständn / Arm und auch Reich /

Wenn ihr Gebein im hauffen leit /

Siht man alda kein unterscheid /

Drumb denck ein ieder ja darbey /

Daß er gehör an diese Reih.


Es gieng ein armer Knab namens M. Anna Christi 1644. zum Falckenstein auff das Feld / dem vorher nichts fehlen thäte / fiel jehling darnieder und starb /wurd hernach ehrlich zur Erden bestattet. Autor.

Auff Sanct Bernhards Berg kan man die Todten nicht in die Erden begraben / dieweil es alles daselbst[242] herumb felsicht ist / sondern man muß sie in eine Höle werfen / darinnen erstarren sie von der Kält und verwesen mit der Zeit / iederman hat Nahrung und herberig da zu geniesen / so vorüber zeucht. Münsterus lib. 3. pag. 474.

Zu Xantho in Lycia hat sich eine Mutter mit dem Sohn an deß Hausses balcken gehengt / eine brennende Fackel in der Hand gehalten / und darmit das Hauß angezündet / und also hat sich auch deß Keyser Aßdrubalis Weib umbgebracht. M. Majus.

Als Philippus Königs Ludwigs Sohn in Franckreich zum König in der Jugend gekrönt war und Lufts halben in der Stadt Pariß umbritte / laufft eine Sau dem Roß unter die Füß und fället das Pferd daß der König sterben muste. Chronica Lutheri.

Anna Chisti 1066. hat ein Bischoff sich Abends auff seinen Schatz umbgeweltzet und ist also darüber todt blieben. Lambertus Schaffnaburgensis. Majus in Pædag. Christ. super. 7. Prec.

Vor Christi geburt 329. verbunden sich etlich 100. Weiber zusammen / ihre Männer zuerwürgen / macheten auch einen Anfang / aber es wurden ihrer davon 380. eingefangen / den præparirten Gifft selbst zutrincken gezwungen. Orosius. Livius lib. 8.

Aesopus wurd zu Delphis von einem Felsen herab gestürtzt / weil er die Laster straffete Zeitb. 165.[243]

Keyser Maximus begehrete vom Engelländer etwas vom Weibs Volck / da schickte er ihm seine Tochter Vrsulam und 11000 edle und 60. gemeine / wurden aber die meisten in der Heyden land erschlagen. Trithemius.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 234-244.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldsteig

Der Waldsteig

Der neurotische Tiberius Kneigt, ein Freund des Erzählers, begegnet auf einem Waldspaziergang einem Mädchen mit einem Korb voller Erdbeeren, die sie ihm nicht verkaufen will, ihm aber »einen ganz kleinen Teil derselben« schenkt. Die idyllische Liebesgeschichte schildert die Gesundung eines an Zwangsvorstellungen leidenden »Narren«, als dessen sexuelle Hemmungen sich lösen.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon