Epistola Dedicatoria

Dem Hoch-Wohlgebornen jungen Herrn / Herrn Otto-Ludwigen / Herren von Schönburg / Herren zu Glaucha und Waldenburg / Erb-Herrn zum Hartenstein und Greßlaß / meinem gnädigen Herren.

Wie auch

Denen Wol-Ehrenvesten Großachibarn und Hochgelahrten / Herrn Oßwald Leipolten / der Rechten Licentiaten und Hochherrlichen Schönburgischen Ambtman in Hartenstein.

und

Herrn Johann-Heinrich Crausolden / voriger Jahren gleichfalls allhier gewesenen herrlichen Schönburgischen Ambtman / aber anitzo wolverordneten Stadt-Syndico zu Weimar / und Fürstlichen Kammer Gerichts Advocaten daselbst /

Meinen allerseits großgünstigen und hochgeehrten Patronen und Beförderern.


Wünsche ich von dem allerhöchsten Gott / dessen Gab und Gnad jederzeit von oben herab zu uns kommt alle Wolfahrt und Glückseligkeit / langes Leben / gedeyliche Regierung / stethwehrende Ruh / Gesundheit / Fried und Freud in Gott dem heiligen Geist / Amen.


Hoch-Wohlgebornes gnädiges Herrlein / auch Wol Ehrnveste / großachtbare und Hochgelahrte Herrn Patroni: Es nennet Thucydide. lib 1. Belli Peloponnesiaci Historien; Thesaurum perpetuum exemplorum ad omniæ mundi tempora congruentem; ut Speculum humanæ vitæ. (Das ist / einen ewigwehrenden Schatz aller Geschichte / so bey der Welt vorgehen /einen Spiegel Menschliches Lebens /) da man von einer Zeit zur andern erkennen könne / was in der Welt gutes oder böses geschehe / so wol unter Reichen als Armen / Geistlichen und Weltlichen / und wil Herodotus solche erhalten und auffgezeichnet wissen / ne in mundo qvægesta sint ex hominum memoria exolescerent: das ist darmit nicht was in der Welt geschehe / in vergessenheit unter den Menschen gerathe und verleschen möge.

Hierzu stimmet M.T. Cicero, der nennet Historiam testem temporum, magistram vitæ, lucem veritatis; vitam memoriæ, nunciæm vetustatis. Das ist: Einen Zeugen der vergangenen Zeiten / eine Lehrmeisterin deß Lebens / eine Fackel der Warheit / ein Leben der Gedächtnüß / ein Verkündigerin alter Geschichten /und ist bey dieser letzten bösen Welt wol solches sehr von Nöthen / der Zeit Läufften der Posterität zu hinterlassen / als vor Jahren geschehen / wie dann die Alten auch durch schöne Gemählde / theils auch durch Schrifften / uns darinnen zu ersehen / was vorgangen sey / hinterlasen und gewiesen haben / derwegen nützlich ist / zu Zeiten bey übriger Weil und sonderlich zu recreirung deß Gemüths eine Historien zu lesen: wie dann schöne Exempla derer können angeführet werden / welche die Historien großgeachtet. Alexander Magnus hat sich nicht gescheuet / seinen Homerum (welcher den Trojänischen Krieg beschrieben) stets bey sich zu tragen / ja gar bißweilen unter den Kopff zu legen und drauff zu schlaffen. Xenophon liebete Cyri Pædian, das ist das Buch von Cyri aufferziehung. Demosthenes Thucydiden. Der Türckische Keyser Selymus ließ mit sondern fleiß deß Julii Cæsaris Commentarium in seine Sprach übersetzen. Alphonsus der Arragonier König gebrauchete den Titum Livium / und haben Historien ihren sonderbaren Nutz solche zu lesen / so wol in Gemeinen als Regier-Stand. Proclus sagt: Historia est memoria perfectrix animorum, & in animis perfectam parit scientiam: Sie ist gleichsam ein Exempelbuch unb Spiegel / das man vor Augen stellet / voriger Geschichten / beydes der Tugenden und Laster / geschehene Fäll und Händel; denn Gott gewolt / daß sonderlich fürnehmer Leut thun und Leben / Gottseligkeit /Regierung und anders den Nachkommenden zu Dienst und Nachrichtung möge verzeichnet und vorgestellet werden; denn sich noch immerzu dergleichen Händel bey der Welt zu tragen / gegen die vorige / so gut / als böse / und findet man immerzu solche Sitten / solche Tugend / solche Laster gleichermassen voriger Jahren geschehen. Wer nun solches betrachtet / der hat eine Abbildung Menschliches Lebens / und kan noch heutiges Tages erkennen was zu billichen oder zu schelten sey.

Denn gleich wie ein Bienlein aus vielen Blumen und Blättlein ihr Honig sauget und zu hauff trägt /also hab ich mit diesem meinen Rosengarten auch gethan / aus vieler hochgelehrter Leute Büchern solchen zusammen getragen / den Autorem, auch wol das Blat bey den meisten beygefüget derwegen nicht mir sondern solchen warhafftigen Historien-Schreibern Glauben wird zugestellet werden; ich aber hab wenig von mir selber geschrieben oder darzu fingirn wollen.

Auff daß nun auch solch schlecht geringes Wercklein seine getreue Patrocinanten haben möge / hab ich mich unterwunden in aller Vnterthänigkeit und Demuth solches meinem gnädigen jungen Herrn / dem Hoch Wolgebohrnen Herrn Herrn Otto Ludwigen /Herrn von Schönburg / Herrn zu Glaucha und Waldenburg / Erb-Herrn zum Hartenstein und Greßlaß /welchen GOtt lange Jahr in Gesundheit und gutem Zustand väterlich erhalten wolle / zur schuldigen und gebürenden Danckbarkeit (denn ingratum si dixeris omnia vitia dixeris) zu überreichen derentwegen /daß sein hoch geehrtester und geliebtester Herr Vater / der Hoch-Wolgebohrne Herr / Herr Otto Albrecht / Herr von Schönburg / Herr zu Glaucha und Waldenburg / Erb-Herrn zum Hartenstein und Greßlaß / mein gnädiger Herr mich nicht allein zu meiner Dienst-Bestallung und Beförderung vor Jahren allhier vor andern gnädig hat kommen lasen / sondern auch bey diesen turbis bellicis vielmals in schwebender Kriegs-Gefahr mir und den meinigen hohe Gnad und Wolthat erwiesen in gnädigen Schutz und Schirm erhalten /darfür ich ein danckbar Gemüth wollen sehen laßen: Vber diß hab ich auch Hoffnung gefasset / mein gnädiges Hoch-Wolgebohrnes Herrlein werde künfftiger Zeit ein grosser Liebhaber der Historien werden / und dieses mein geringes Büchlein ihme nicht verschmelich seyn lassen / sondern in allen Gnaden an- und auffnehmen.

Ingleichen offerire ich solches in schuldigkeit denen Wol-Ehrenvesten Großachtbarn und Hochgelahrten ebenbenahmten wolverordneten / beeden meinen hochgeachten Herren Patronen, so vorhero und anitzt in Herrlichen Diensten allhier befunden gewesen und noch seyn / ihrer gegen mir und den meinigen erwiesenen vielfältigen Gunst / Lieb / Treu und guter affection wegen bittend / solch Historisches Tractätlein in Gewogenheit / wie ich gäntzlich hoffe günstig anzunehmen / und in beharrlicher affection fernerweit mich und die meinigen in künfftig befohlen seyn zu lassen.

Thue hierbey schließlichen euch Hoch-Wolgeborner junger Herr vom höchsten Gott wünschen / daß ihr täglich möget zunehmen / an Weißheit Alter und Gnad bey Gott und den Menschen / deßgleichen euer Wol-Ehrnvest Großacht wolle der höchste Gott bey guter Gesundheit und aller ersprießlichen Seelen und Leibs Wolfahrt lange Zeit gnädigst erhalten. Geben in Hartenstein am 20. Tag Martii / welches war der Tag Gordii des edlen und berühmten Ritters / so ein Christlicher Haubtmann gewesen von Cæsarea, dem grose herrligkeit und Reichthumb angeboten worden seinen Glauben zuverläugnen ist aber beständig blieben / und hat endlich der Martyrer Cron erlanget und davon gebracht. Anno Christi 1654.


Meines Hoch-Wohlgebohrnen gnädigen Herrens:

Gehorsamer.

Wie auch

Euer Wol-Ehrenv. Großachtb.

Gebet- und Dienstw.


Matthæus Hammer.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654.
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