Vorrede:

An den Histori Liebhabenden Leser.

Gvnstiger lieber Leser / du möchtest dich vielleicht wundern / wie es komme / daß ich mich unterwunden gegenwertiges Historisches Tractätlein zu Papir zu bringen / da doch viel hochgelehrte Leute allbereit vorher von Historien viel und grosse Bücher geschrieben / und den Nachkommenen zu gut hinterlassen haben / darinnen man sich zuersehen hat; so soltu wissen / daß ich es nicht thue etwan aus Ehr-Gel-Geitz oder üblicher Hoffart / sondern daß ich die gantze Zeit meines Lebens-Lauffs über / ein sonderlicher Liebhaber gewesen bin / aller denckwürdigen und warhafftigen Historien / darinnen ich vielmals nach verrichter meiner Schul-Arbeit erqvickung und ergetzung gesucht habe. Dannenher auch letzlich bewogen / weiln grosse Bücher iedem zukauffen nicht thunlich noch bey sich zu tragen beqvem / voraus der lieben Jugend / einfältigen Christen / und allen so Lust haben solche Historien zu lesen / denselbigen damit zu dienen / weitschweiffige Historien in die enge zubringen / und aus vielen und langen Historien gleichsam einen Extract zu machen / und in ein kleines Hand-Büchlein zusammenzutragen / auch mit verwichener Jahren vergangenen Geschichten und Historien (so viel mein geringer Verstand und Geschickligkeit geben) zu zieren und zuvermehren / noch deß Ausomi und Micylli Rath den einfältigen damit zuhelffen / und damit man es in Gedächtnüß besser könne erhalten.

Denn ja iederman die Länder und Städ nicht selbst durchreysen kan / wo bißweiln sich dieses oder jenes zuträgt / dasselbige selbsten in Augenschein zu nehmen / sondern er muß sich an den überschickten Bericht desselbigen ie zu Zeiten begnügen lassen. Vnd damit auch solches nach Xenophontis meinung eine Ordnung habe / da er sagt: Omnium rerum nil pulchrius & utilius esse ordine, hab ich es in sondere Capitel fassen und bringen wollen / dem günstigen Leser desto mehr neben dem Register eine anweisung zugeben / wie er balden eine Historien / so der Titul außweiset zu finden / bey denen meisten auch ein Morale mit angehänget / der lieben Jugend zu Nutz und zum besten / damit sie nach der Lehr deß heiligen und hocherleuchten Apostels Pauli dem guten anhangen /das böse aber iederzeit ernstlich flehen und meiden mögen.


Denn


Gleich wie in einem kleinen Leib steckt grosse Stärck /

So lehrt ein schlechtes Buch viel guts im Wort und Werck.


Wo aber etwan ein solch Morale oder Historia befunden würde / so sich füglicher in eine andere Historien oder Capitel schicken möchte / sol es dem günstigen Leser unbenommen seyn / in Verstand solche dahin zuziehen / sindemal wegen eilung in Officina Typographica mir die Zeit alle Historien in Ordinem zu reaigiren und transponirn hat mangeln wollen /aber ob ich gleich nach vermögen das meine möchte gethan haben / so könt sich doch ein Momus finden /der da fügte? Was ist hier Neus? Seht an / nur Kindisch Ding ich find.


Geb ich zur Antwort.


Laß so seyn / ich lehr gern ein unverständig Kind /darzu lieset mancher bejahrter Mensch offtmals gern was anders als vom Marcolpho / Eulenspiegel und Melusina / warumb wolt er sich verdriessen lassen eine warhafftige und kurtze Historien zu lesen?

Ich hoffe aber / es werde der günstige Leser nichts hierinnen finden / welches entweder ein gläubwürdiger Historicus nicht haben solte / oder ich vor meine wenigkeit nicht selbst in meiner Wanderschafft zum Theil von gewissen Leuten erfahren / zum theil auch selbsten gesehen hatte.

Ich wil niemand darinnen über die Gebühr gelobet noch angetastet haben / recht oder unrecht geben /einem ieden wird sein Gewissen selbst Zeugnüß geben / ob er den Tugenden die Zeither seines Lebens nachgegangen / dieselbigen vor Augen gehabt / und viel möglich durch sich und andere Christen befördert und ausüben lassen / oder / ob er derselbigen vergessen / wenig oder gar nichts geachtet / und die Laster etwan mehrer geliebet habe / als es sich seines Christenthumbs nach geziemen wollen: Ich bin auch sonsten bloß allezeit bey den Historien blieben / und ohne ausschweiff mich darmit begnügen lassen / wie dann solches alles dem günstigen auffrichtigen und unpartheiischen Leser hiermit der Warheit zum besten in sein Judicium und Vrtheil anheimb ich wil gestellet haben / darüber zu erkennen / ob solches nicht geschehen sey.

Dieses sind also freundlicher Histori-Liebhabender Leser eigentlich die Vrsachen / warumb ich mich unterwunden / gegenwertigen Historischen Rosengarten zu schreiben.

So nun iemand (wie dann manches in einem Würtzgarten eine Blum abbricht / so seiner Natur angenehm) zu recreirung und kurtzer belustigung eines oder das andere Capitel in diesem Tractätlein wird durchlesen / zweiffele ich nicht / er wird noch etwas nützliches darinnen antreffen / und in demselbigen /als in einem Rosengarten / eine anmutige Ros / das ist eine schöne Tugend / derselben nach zu folgen /oder auch spitzige Dornen / das ist schändliche Laster zu fliehen finden.

Der gütige und allein weise fromme Gott / zu dem iederzeit unser Leben / Thun und Wandel / ja unser Beruff und Stand gerichtet seyn sol / der lasse auch dieses Vorhaben gegenwertiges ausfertigten Rosengartens vornehmlichen zu seines hochheiligen Namens sonderbahren Lob und Ehr / dann auch uns armen Menschen zu unsers Leibs und Seelen besten gereichen und gedeyen / ümb Jesu Christi unsers Mittlers und Gnaden-Throns willen / Amen.


In Hortum Historico-Rosaceum Præclari & perdocti viri

Dn. MATTHÆI HAMMERI p.t.

Ludimoderatoris Hartensteinensis bene meriti, amici adprimè colendi.


Gestarum Historias secli conscribere rerum,

Est fateor, magnæ dexteritatis opus.

Est labor insignis, dignus qvoque laude perenni

Ex factis veras adserere Historias.

Utilis est labor; est liber utilis; utile scriptum est:

Vivida nam veniunt hinc monimenta piis.

Ergo qvod exemplis rosei HAMMERE Hortuli ad-instar

Concinnas varias gnaviter Historias;

Historias dico varias dum colligis: Ex bis

Ingenii profers atqve laboris opus:

Nam doctrina, fides, longa experientia & usus

Te docuere: igitur clarus baberis, eris.

Qvid fugias, vel agas, vin'scire? En! Historiarum

Hortulus hic Roseus suppeditare potest.


Honoris & amoris ergo subjeoit


M. Jacobus Behemb / ecclesiæ Poli-Zvvenicensium Pastor, gravi morbohactenus oppressus, sed jam DEI ope non nihil revalescens.


Stigelius in Epigrammatis.


Qvi legit historiam, nec mores inde gubernat,

Dixeris huic vivi sangvinis esse nihil.


Cicero V. de Finibus cap. 19.


Nec verò sum inscius, esse utilitatem in historia, non modò voluptatem.


Diodorus Siculis lib. 1. Biblioth. cap. 2.


Alia monimenta exiguum durant tempus, & casibus abolentur variis. At historiæ vis & efficacitas, per totum penetrans orbem, tempus ipsum, cætera corrumpens, æternæ ad posteros traditionis custodem habet.


MATTHÆUS HAMMER,

per anagramma.


At tu re mamma es,

ἔκφρασις.


Historicus Scriptor pater est de jure vocandus

libri, qvem studio fecit & arte suâ.

At tu transcribens librum faciendo libellum

ex illo, mamma es, sed manet ille Tata.

Mamma proinde novi libri es re Hammere vocandus,

te liber atque simul sic metagramma vocant.

Mammaque lectori es prædulci lacte referta,

Hanc præbens illi nocte dieque lubens.

Lac datur infanti, & pollenti robore panis;

Sed Momo neutrum, rarò solet sapere.


scrib.


Melchior Brendelius, P.L. & N.P.C. t.t. Actuarius Curiæ Næriscorum.


In Rosarium Eximii & Literatissimi Domini Hammeri.


Omnigenas mundi formas faciesq: Virorum

Artifici pingunt turba perita Stylo.

Ast, Hammere, manus tua factaq; dictaq; docte

Arctô qvæ sistu conspicienda libro.

Pictores tabulis pascunt pascentis ocellos,

Tu mentes calamo pascis, Amice, tuo.

Si qvis scire volet varias res, hocce Rosetum

monstrat, jucundá qvas brevitate notas.

Laudandum meritò, qvod grandia Scripta revolvas

Fastorum vigili nocte dieq; manu.

Perge! juventutis nostratis commoda crescent,

Tu qvoq; (qvod voveo) sic Polyhistoreris.


ædjecit properante calami crenâ

M. Johann-Fridericus Tretscherus,

in Hartenstein Diaconus.


Autor ad Lectorem.


Hortulus hic Viridans, tibi Lector amice paratus,

Historiis variis ecce refertus adest.

Hic Vili pretiô prostst venalis, ut hinc &

temporis & pretii haut pænitusse qveat.

Non his transcriptis mihi laudem qværo & honorem

Lectori tantum his utilis esse volo.

Qvumque sat emptores invenit primulus hortus,

forsitan emptores alter & inveniet.


Ad Zoilum.


Crine ruber, niger ore, brevis pede, lumine luscus,

rem magnam præstas Zoile, si bonus es.


Ad Candidum Lectorem.


Tu qvæso mi Candide Lector, non Qvis, sed qvid dicatur, attende.


Eme, Lege, Judica.


Autoris Symbolum:


Mea Hæreditas Altissimus,

Psal. 16. vers. 5. Act. 17. cap. 10.


NOTA.


M erck Christlichr Leßr gegnwertig Buch /

A llzeit dir gibt ein köstlichn G'ruch /

T ag und Nacht in deim Wandl und Lebn /

T rieg'rey zu meidn / dich Gott zu ergebn /

H alt groß im werth / was tugentlich /

A llzeit vermeid was ärgert dich /

E ntgegn auch lieb / was Gott gefällt /

V eracht / was liebt die schnöde Welt /

S till / friedsam leb und trag Gedult /

H ab Gott vor Augn / erwirb sein Huld /

A llzeit mit Andacht lobe ihn /

M it Hertzn und Mund aus reinem Sinn /

M eid Schand und Laster / Vppigkeit /

E ntzeuhe dich der Weltlichn Freud /

R icht stets dein Hertz zur Seligkeit /

So wirstu habn ewige Freud / Amen.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aristophanes

Die Wolken. (Nephelai)

Die Wolken. (Nephelai)

Aristophanes hielt die Wolken für sein gelungenstes Werk und war entsprechend enttäuscht als sie bei den Dionysien des Jahres 423 v. Chr. nur den dritten Platz belegten. Ein Spottstück auf das damals neumodische, vermeintliche Wissen derer, die »die schlechtere Sache zur besseren« machen.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon