Anhang

Scharffsinniger Hoffreden / Fragen / Antworten und kurtzen Erzehlungen.

[383] 101. Ein kluger Holländer theilte seine Zeit also aus:

4. Stunde zum Gebet.

3. Stunde zum Essen und Trincken.

2. Stunde zu zulässiger Ergetzlichkeit.

7. Stunde zum Schlaffe.

8. Stunde zum Beruffs Arbeit.

Summa 24. Stunde / als nemlich der Tag- und Nachtszeit. Hierzu setzte ein andrer die Wort der Schrifft: Weh denen / die aus Finsterniß Liecht / und aus den Liechte Finsterniß machen: Er wolte sagen / die mehr Stunden übel / als wol anwenden.

102. Die Hof-Creaturen / oder Hoffgeschöpffe sind solche Leute / welche aus nichts Viel / und aus Staub und Aschen zu Gefässen der Ehren gemachet werden / jedoch also / daß sie leichtlich zerbrochen / und wieder zu nichts gemachet werden können.

103. Einem Zahlmeister schriebe man über seine Thüre date & dabitur vobis: Gebet so wird euch gegeben; dann wer bezahlt seyn wolte / musste ihm zuvor die Hände salben / oder vielmehr füllen.

105. Wann man einem die Warheit nach saget / so zu seiner Schande gereichet / so verdrüsset es ihn. Wann aber solches nicht war / und eine Verleumdung ist / so schmertzet es ihn nicht: Gleich wie ein zerbrochenes Glied wann es angegriffen wird / Schmertzen verursachet / ein gesundes aber kan sich wol betasten lassen.

106. Ein Catholischer und Evangelischer streiteten üm den Vorgang / da sagte einer / sie solten den Calender lassen Richter seyn / in welchem der Papisten Tage vorgiengen.

107. Einer versprache einem ein par Sporn zu geben / und thäte es nicht / deßwegen er ihn mit diesen Worten[384] mahnte / der hält mich nicht für sein Pferd / dann er gibt mir die Sporn nicht.

108. Die Italiäner trincken wie die Bestien / nur so viel als sie mögen. Die Teutschen aber trincken den Becher der Frölichkeit / als Menschen die Sinn und Verstand haben / deren die Bestien nicht fähig sind.

109. Bileams Esel hat nicht geredet / sondern seine Eselin / und diese hat auch nicht geredet / fragend: Bin ich nicht deine Eselin?

110. Das Fieber ist ein Schorstein Feger / welcher den Ruß in deß Menschen Leib anzündet / und ausbrennen lässet.

111. Einer sagte zu seinem Diener: Du weist / was ich verspreche / das halt ich. Ja / das ist meine Klage / antwortete der Diener / Ihr haltet es / da doch für mich besser were / daß ihr es von Handen gebet.

112. Ein alter Dr. Herold genannt / sagte / ein Fürst sey ein Fuchs / der eine Ganß / (einen Landsässen) in den Maul hätte / etc.

113. Wann die Wundärtzte sagen / sie wollen den Schaden aus dem Grund heilen / so verstehen sie ihren Schaden / aus deß Krancken Beutelgrund.

114. Etliche Hochgelährte machen ihre Fürsten Esel fůr die Pferde kauffen.

115. Wer mit groben Leuten schertzet / muß grobe Wort hören / und soll gedencken / gehe hin sündige (mit deinen Munde) hinfort nicht mehr / daß dir nicht ärgers wiederfahre.

116. Von einem Geitzigen wurde gesagt / er were ein starcker Held / dann er behalte alles / was er in die Hand bekomme.

117. Es wurde einem ein Rab für ein Rephun vorgesetzet: Als er nu davon geessen / und sehr damit vexirt worden / sagte er: Es ist ja besser / ich habe von dem Raben geessen / als wann der Rab von meinem Fleisch gefressen hätte.

118. Zweyen ungleichen Eheleuten mahlt man an die Thür / zween die einen Last an einer Stangen tragend / die Rucken gegen einander wendeten mit der Obschrifft deß Hauses Zeichens: Zum Mißverstand.

119. Einer konte an eines unverständigen Jünglings Namen[385] nit kommen / und sagte / er heisset wie das Bild / welches die Kinder Israel angebettet / und darum getantzet haben.

120. Es fragte einer was ein Baurendegen auf Lateinisch hiesse? Der andre sagte / Coloniensis: Coloni ensis.

121. Der Poet Frischlin hat einen solchen lächerlichen Vers gemachet;


Noster Coroculus (unser Hertzog) sinus (schoß.)

cum paupere pectus (mit einem Armbrust.)


122. Wann auf offentlichem Marck ein Bette stünde / und in demselben eine Hur läge / woltest du wol dich für jedermans Augen zu ihr legen? Fragte ein alter Mann einen frechen Jüngling / der dann mit Nein geantwortet. Wol / sagt er ferner; Warum scheuest du dich dann nit für den Augen Gottes und für allen Engeln / für welchen nichts verborgen ist / da du dich doch für sterblichen Menschen schämest.

123. Es kame einer zu hohen Ehrendiensten / und berichtete solches seinen Freund / der ihm antwortete / daß er sich wegen seiner darüber sehr betrübe / weil er dardurch einen vertrauten Freund verlohren / wol wissend / daß die Freundschafft unter so ungleichen Standspersonen nicht bestehen könne.

124. Der Neid ist deß Glückes Schatten / und das Geld der Wollust Speise.

125. Ein Mensch gleicht einem Schwein / nach der innerlichen Beschaffenheit seines Leibes: Dieses aber stösset den Rüssel in Koht / Mist und Lachen / zu der Zeit und Unzeit / und bekommt ihm wol: Der Mensch kan es auch thun / es bekommet ihm aber übel / und wann es offt geschihet / so wird er satt und kranck.

126. Das Gebett ist deß Glaubens Tochter / aber eine solche Tochter / welche ihre Mutter ernehret.

127. Etliche erwecken alte verstorbne Wörter / und vermeinen sie thun grosse Wunderwerck; aber niemand wil sie verstehen.

128. Die Demut ist ein Demand oder Diamant in Bley gefasst / welcher deßwegen seinen Schein und Wehrt nicht verleurt / sondern viel herrlicher seinen machet.[386]

129. Ein Student hatte bey seinen Büchern viel Kartenblätter liegend / und als ihn sein Vatter deßwegen schalte / sagte er / daß er solches wegen der Mäuse thut / damit sie die Karten / und nicht seine Bücher fressen.

130. Die Lügen müssen gleich seyn den Schachtel Futtern / welche sich alle wol ineinander schicken / und verbergen lassen.

131. Einer wolte sagen / daß er partes bey einer Jungfrauen / wolte aber gut Teutsch reden / und sagte: Er hätte gute Gesangbücher bey N.N.

132. Ein Schmied hatte ein heisses Eisen hingeworffen / und solches hebte ein Unverständiger auf / und verbrennte die Finger; Der Schmied sagte / daß er zuvor solte darauf gespeyet / und es mit dem Speichel gekühlet haben / er bedanckte sich dieser Erinnerung / und als über Tisch die Speise zu heiß war / speyte er auch darein / selbe zu kühlen.

133. Ad fuscum tace (zu Braunschweig) venduntur pulchra caveto (verkaufft man schöne Hüte.)

134. Es wolte einer sagen / sein Bruder were ein phlegmaticus, und müsste aber noch ein [el] darzwischen haben / daß er also machte einen pfleg (el) maticum.

135. Ad corpus capra (zu Leibzig) venduntur bonastà pellis (kaufft man gute stehfell / für Stiffel.)

136. Ein ungelehrter Doctor ist wie ein falsches Camisol / oder Unterwambs / das von aussen Sammet und Seiden sehen lässet; inwendig aber von Zwilch oder Futtertuch ist.

137. Ihr zween wolten wegen einer Jungfrauen balgen: der dritte machte Fried / und sagte / daß diese Sache nit mit dem Eisen / sondern mit Silber und Gold auszutragen; die Jungfrau were wie ein Waage / deren Hände die Waagschalen / welcher nun unter diesen beeden am meinsten einlegen würde / zu deme werde sich das Zünglein neigen.

138. Einer sagte / wir haben gestern lang in die Zähne gestiret. Der andre verstunde es nit / und sagte / er hätte ja keinen Zanstierer gesehen: Er liesse sich aber berichten / als er hörte / daß der Wein der Zahnstierer / welcher viel und fast alle Zähne zugleich reiniget.[387]

139. Ein Weib die das Meisterlied in dem Hause zu fingen pflegte / sagte: Es gehe wie es wolle / so verbleibet doch mein Mann das Haubt seines Huts. Er ist verliebt / wie ein gemahltes Feuer. Wie in dem Paradeiß der Mann dem Weib gefolget / in dem Stand der Unschuld / also bleibt es noch darbey / daß der Mann thut / was das Weib wil / es sey ihm lieb oder leid.

140. Einen Einbilder verglich ein verständiger Mann mit einem vieleckigem Steine / der vielmehr Platz in einem Gebäu erfordre / als er ausfüllen könne.

141. Ein Edelmann spatzierte mit seiner Liebsten in das Dollhauß / da die wahnwitzigen Narren verschlossen werden / und fragte eine Närrin: Ob sie dieses Frauenmensch nicht kennte? die Närrin antwortet: Nein / dann / sagte sie / ich komme nicht von dem Hurhauß.

142. Es las einer unter der Apostel Bildern Jacobus Major, und sagte / er hätte nicht vermeint / daß unter den Aposteln auch Oberste Wachmeister weren.

143. Einer rühmte sich / daß er viel trincken könte und es schadet ihm nicht. Der andre sagte / daß er einen Harnisch / Brust- und Ruckstuck habe / das seye Schußfrey; wann man es aber mit einem Feldschlänglein trifft / oder drey oder mehr Schuß auf eine Kugel treffen / so könne es nicht aushalten. Der erste sagte / daß solches wol zu glauben. Warum vermeinst du dann / versetzte der andre / daß du stärcker seyst als Stahl und Eisen / in dem der Wein deinen Magen so vielfältig und starck betriefft.

144. Einer sagte / die Armut wäre zu Rom eine Todsünde: Bey uns auch / antwortet der andre / dann die Leute sterben an der Sünde (verstehe verhungern) aus Armut.

145. Der Tacitus ist der Politicorum Psalterbuch / sie finden alles darinnen / was sie bedörffen.

146. Ein Sprachmeister hatte einen Lehrling / der nichts lernen wolte / doch machte er ihn dieses endlich fassen: plus penser que dire. Es ist sicher oder gut mehr gedencken / als sagen: Wann er nun in Gesellschafften still schwiege und[388] von andern aufgemuntert wurde / sagte er diesen Spruch / und wurde deßwegen für verständig gehalten.

147. In Niederland sahe ein Bauer einen Papegey üm 200. fl. verkauffen / und fienge einen Raben / trug denselben zu Marckt / unn bote ihn üm 500. fl. weil der kleinere Vogel 200. gekostet / als man ihn nun berichtet / daß der Rab nit reden könte / wie der Papegey / wol / sagte er / dieser hat so viel unn mehr in dem Kopf. Nein / antwortete der andre: Was nit spricht / das gilt nit. Dieses erzehlte einer / als man ihn fragte / was er von einem Gesandten hielte / der sehr wenig zu reden pflegte.

148. Es sahe einer einen Indianischen Haanen / und seine Henne / daß sie sich brüsteten / und alle ihre Federn um sich streckten; Dieses verdroß ihn sehr / daß diese Thiere so stoltziren und prangen solten / war auch in willens sie zu würgen; Es hinderte ihn aber sein Freund unn sagte: Was gehet doch dir darunter ab oder zu / wann diese Vögel ihr Zier sehen lassen? Er sagte: Nichts nit / aber warum sollen diese unvernünfftige Thier also daher prangen? Der ander versetzte: Eben darum / weil sie ohne Vernunfft sind / dann verständige Leut wissen wol / daß die Hoffart bey Gott und den Menschen verhafft ist / und je grösser ihr Ehrenstand / je freundlicher und demütiger pflegen sie zu seyn. Es ist aber kein Wunder / daß diese Thiere mit ihren Federn also prangen / denn die Eigenschafft der Federn / und derer die sie führen / ist daß sie allezeit hoch fliegen wollen / wann sie gleich in ihrem Unvermögen auf der Erden bleiben müssen; Darum wirst du sehen / daß allezeit die mit Federn umgehen / stoltz sind.

149. Einer sagte / daß ein Verständiger einen Narren / und ein Nüchterner einen Trunckenen auf dem Rucken tragen [seine Ungebühr übertragen] soll. Der andre sagte / ja / sie müssen aber nicht so schwer / als du / seyn.

150. Der Herr Sparmund kaufft der Frau Wolleben ihr Hauß ab: Dies gienge noch hin / sagte der andre / sie hat aber eine Tochter die heisst: Giebs wolfeil.

151. Einer wolte einen fremden Edelmann loben / und hatte gehört / daß er an der Ottomannischen Porten gewesen /[389] dieses war ihm unbekant / und sagte / er were an der Adrimattischen Porten gewesen; Ob er aber in den Hoff gekommen / werde er selbsten berichten.

152. Zu einem vorsetzlichen Sünder der sich auf Gottes Barmhertzigkeit verliesse / sagte ein frommer Mann: Er machte die Gnade Gottes zu deß Teuffels Kuplerin.

153. Einer sagte: Verständige Leute erzörnen sich nit. Das ist war sagte der andre / dann so lang sie verständig bleiben / so erzörnen sie sich nit; Wann sie aber ergrimmen / so sind sie nicht verständig.

154. Ein Ertztruchses der zugleich Landrichter war / wurde von seiner Beyschläferin gebetten / er solte sie nach seinen Namen nennen lassen / wie andre Weiber. Er antwortete / daß seine Mutter noch in dem Leben / aber nach seinen Ambt könne sie sich eine Ertzhur / oder eine Landhur nennen / er seye darmit zu frieden.

155. Von einem der zu allen Sachen stillschweige / sagte einer: Wann dieser ein Thor ist / so thut er als ein Thor / daß er seinen Verstand niemals erweiset.

156. Ein Schertzdichter rühmte sich / er hätte folgende Bücher gelesen. Judæ Ischarioths Leichpredigt. Der Königin Cleopatræ Eheordnung / Gabriels de Plurimis. Der Philister Ars pugnādi. Moniacæ Augistini Mutter Spinnenwebwasser wider den Gifft. Deß Hohenpriesters Knechts Malchi abgehauenes Ohres Leichbegängniß. Goliaths Wiegen Lieder. Der alten Voigtländer Rechenkunst mit Tannzapfen / Stulgangi de Merda. Wunderbarliche invention eine Orgel von Sackpfeiffen an eine Windmühl / oder ein Wasserrad zu richten.

157. Viel lieben ihre Fůrsten / wie die Männer ihre Weiber / Ehren und Nutzens wegen / welches beeder der Haubtzwecke unsres thun ist.

158. Der Jugend erstes W. ist das Weinen / das andre der Würffel / das dritte die Weiber / das vierte der Wucher.

159. Fürsten und Herren gebrauchen ihrer Diener / wie die Mahler ihrer Pensel: Sind sie alt und ohne Haare / so werffen sie solchen in die Erden / und lassens liegen / gedencken auch nit einmahl / daß sie zu ihren Wercken dienstlich gewesen.[390]

160. Die Welt ist Gottes Fußschämel / und wir Menschen sind der Staub darauff / welchen ein schwacher Wind leichtlich kan hinunter wehen.

161. Wer der Vätter deß Vatterlands Schande aufdecket / über den wird kommen der Fluch / mit welchem Noa den unartigen Cham beleget.

162. Die Weiber sind gleich den Mahlmühlen / man achtet ihrer / so lang sie mahlen und schroten können; und wann ihre Räder schwach unn mangelhafft / so können sie nichts als rumoren.

163. Die Verliebten leben länger / als andre Leute / dann sie schlaffen weniger: Der Schlaff aber nimmet einen grossen Tribut von unserm Leben.

164. Die Jungfrauen sind wie die Vögel / zu letzt lassen sie sich alle fangen.

165. Der Ehestand ist ein Irrgarten und eine Gefängniß / da man nit kan herauß kommen / als durch den Tod / der den Schlüssel hat / und eines nach dem andern heraus führet.

166. Ein grosser Mann vexierte einen kleinern mit seiner Wenigkeit / und fragte warum er nicht grösser seye? der kleine antwortete: Ich habe nur einen Vatter gehabt.

167. Einer sagte daß N. eine rechte hurtige Frau habe / deßwegen wurde er beklagt / und fragte den Richter: Ob man eine Hur nit dörffe ein Ehrliches Weib nennen? Der Richter sagte ja: Wol / sagte er / ihr seyd ein ehrliche Frau.

168. Man hat Ursach die ungesunden Gesundheits Trüncke einander zu gesegnen / dann kein Segen bey Verschwendung deß lieben Weins / und es dem Trinckenden sonder Wunderwerck nicht wol bekommen kan.

169. Es sagte einer / daß er sein Pferd lieber habe / als sein Weib (verstehe das Pferd liebt)

170. Die Kunstgelehrten stellen heimliche Werbungen an / und bringen viel Soldaten in Guldnen Kürassen zusammen / versteh Ducaten / oder Hertzogspfennige.

171. In dem die jungen Studenten erweisen wollen / daß sie viel Wissenschafft erlangt / lassen sie sehen / wie wenig[391] Verstand sie haben; Dann zwischen gelährt und klug seyn / ist eine grosse Klufft bevestiget.

172. Von einen viel schwätzenden und stoltzen Weibe sagte einer: Sie blecket als ein Kuhe / und wil angebettet seyn / wie das guldene Kalb / findet aber hier keine Abgöttische Israeliter.

173. Buchanan war von den Engeländern sehr angefeindet / als nun von dem König Jacob verboten / lange Degen zu tragen / liesse er ihm einen kurtzen Degen einer Spanne lang machen / und eine Scheide viel Schuhe lang. Seine Mißgünstige beklagten ihn / als aber der König sahe / daß er seine Feinde darmit schertzen wollen / hieß er ihn den Degen weisen / und sagte zu ihnen: Ihr müsset alle Fähler nicht nach eurem Augenmaß richten / und liesse sie darmit abgehen.

174. Es ist besser unter die Raben / als unter die Schmeichler fallen / dann die Raben fressen die Todten / die Schmeichler die Lebendigen.

175. Einer wolte behaupten die Weiber weren stärcker als die Männer / weil man nie kein todes Soldatenweib in dem Feld finden werde / aber viel Mannspersonen / die hinter den Zäunen sterben.

176. Die Feindschafft soll sterblich / die Freundschafft erblich und unsterblich seyn.

177. Das Gerücht ist ein schönes Gemähl / das einem beliebet / aber nit nutzet. Dieser Meinung sagt dort das Pferd in der Fabel: Was hilfft michs nun / daß ich in dem Wettlauffen das beste gewonnen / und allen andern vorgekommen bin? Den Tag hernach habe ich das Bein auf dem Eiß gebrochen / und kan nicht mehr geheilet werden.

178. Der Teuffel ist unsers Gottes Aff / und hat den Wein wollen nachmachen / da ist Bier daraus worden / Gott hat einen Menschen erschaffen / da hat er dergleichen thun wollen / und ist ein Aff darauß worden. Gott hat einen Soldaten erschaffen / und als auch solches der Teuffel nach thun wollen / ist ein Dragoner drauß worden.

179. Als Philippus der zweyte dieses Namens König in Hispanien einen Portugesischen Herrn sein Königliches[392] Kloster Escurial, darinnen die Könige wie Mönichen / und die Möniche wie Könige wohnen / wiese / und darbey erzehlte / wie er solches dem H. Märterer Laurentio zu Ehren erbauet / zu folge gethanenen Gelübdes / in der Schlacht bey S. Quintein / hat ermelder Herr zu etlichen Umstehenden gesaget: Auß dem grossen Gebäu / ist eine sehr grosse Furcht zu schliessen. Dieses ist hernach dem König angesagt worden / der ihm diese Rede gantz nicht mißfallen lassen / sondern solche für verständig gelobet.

180. In einer langwürigen Kranckheit sagte ein gedultiger Mann. Der Tod führet mich Fuß für Fuß zum Grab; So viel Schmertzen verursachen nur einen Tod.

181. Ein listiger Kopf fande Wege / bey einem bösen Schuldner bezahlt zu werden / deßwegen fragte ihn ein andrer / was doch für ein Weg an das Ort / da man das seinige könne bekommen? Er habe das gantze Wegbüchlein außgesucht / und könne es nit finden. Er antwortete / daß der Weg gar enge / und zween nicht neben einander gehen könten: Wann er zurucke gekommen (völlig bezahlet worden /) wolle er ihm die Freundschafft thun / und dahin weisen.

182. Die grossen Titel sind der Ehrsüchtigen Tabac / weil der Rauch darvon sie trefflich belustiget / ja ihnen lieber ist / als Speise und Tranck.

183. Die Weisen lernen mehr von den Narren / als die Narren von den Weisen; Dann jene nicht so klug / daß sie ihre Bescheidenheit beobachten / diese aber lernen sich von den übelständigen Sitten hüten.

184. Ein Graff und ein Rentmeister stritten miteinander / welcher der dickste unter ihnen / dann sie beede sehr leibig: Der darzu erwehlte Richter gabe diesen Anschlag: Der Herr Graff ist zwar dicker / der Herr Rentmeister aber ist vielmehr außgefüllet / und gleichet dem Vollmond / der seinen Silberschein hellstralend sehen lässet.

185. Die Ehrgeitzigen sind wie das Feuer / welches allezeit in die Höhe flammet / und lieber erlischet / als unter sich brennet.

186. Ein Jesuit gabe einem Bettelmönichen diese Frage[393] auf: Ob man auch mit einer Suppen ein Kind tauffen könte: Der Mönich sagt: Ja / mit unsrer / aber nit mit eurer Suppen / dann unsre ist nur Wasser / die eurige aber ist geschmaltzen.

186. Ein Wittber der zu der andern Ehe geschritten / sagte / wie es doch komme / daß man die Ersten Weiber nit so lieb habe / als die andern? Darauf antwortet ein altes Mütterlein: Die Ursache seye / weil die erste gestorben / die andre aber noch lebe.

187. Ein Frantzösischer Sprachmeister zu Straßburg / sagte zu etlichen Teutschen / die ihn mit trincken nöhtigen wolten: Ihr Herrn / ich wil euch mit fressen bescheid thun / wann ihr mir zusausset; so wird mir ein guter Kopf bleiben / ihr werdet morgen einen bösen Kopf haben.

188. Man nennet eine Ehre / wann man einem verständigen Mann also zuspricht / daß er / wie ein unvernünfftiges Viehe / nit weiß was er thut. Daß man muß einen Kübel herein tragen / wann er seinen Coral mit den grossen Noten singen wil.

189. Ein freches Weib sagte / sie wolte ihren Mann der sich mit dem Vollmond belustige / zu einem leeren Mond machen: Sie wolte sagen / Hörner auffsetzen.

190. Eine wichtige Handlung zu N. hat einer mit dem Thurn zu Babel verglichen / welchen man so lang aufgeführet / biß sie einander / aus gerechten Straffgericht Gottes nicht mehr verstehen können / da sie angefangen sich in alle Länder zu zerstreuen.

191. Bey Hoff gehet es zu / wie der Speißmeister auf der Hochzeit zu Cana sagt: Jedermā giebt zum ersten guten Wein / und wann sie truncken worden seyn / (wann man sich in Dienste eingelassen unn Hoffnungs voll daumelt) alsdann den geringen.

192. Einer der ein reiches Weib / die sehr häßlich war / genommen / sagte / er habe sie nicht nach dem Gesicht / sondern nach dem Gewicht gekaufft.

193. Als mit dem König Henrich dem vierten etliche Artzneyverständige zu der Päbstischen Religion getretten / hat der kluge König Schertzweiß zu den Rochellischen Gesandten gesagt: Es muß übel mit eurer Religion stehen / weil sie die Aertzte verlassen.[394]

194. Es rühmte einer die Hispanier für weise und kluge Leute: Denen sagte der König / wil ich so viel Narren über den Halß schicken / daß sie aller Weißheit vonnöthen werden haben.

195. Einem Buler fiel ein Fluß von dem Haubt / daß er oft außwerffen müssen / und als ihm eine Jungfrau deßwegen befragte / sagte er: Warum solte einem bey einem so Delicaten Bissen das Wasser nit in den Mund kommen.

196. Es sagte einer / daß er N. auf dem Rucken verkauffen wolte: Er aber dich nicht / sagte der andre / dann niemand würde drey Heller üm dich geben.

197. Es gienge einer mit einer überauß grossen Nasen durch eine kleine Gassen / zu dem sagte ein andrer: machet Platz / daß der Nasen König hierdurch gehe kan! dieser Naso drehte mit der Hand die Nasen beseits / sagend: So gehe du frey vor / dann die Narren zahlen hier keinen Zoll.

198. Eine gar zu treuhertzige Dirne / wolte sich in der Fastnacht verkleiden / daß man sie nicht kennen solte; dieser gabe ihrer Bekanten einer den Raht / sie solte sich ankleiden als ein ehrliches Weib / so werde sie niemand kennen.

199. Etliche Soldaten hatten einen Mantel und den Degen genommen / deßwegen er sie bey dem Haubtmann beklagt / der ihm zur Antwort gabe / daß solche nicht von seinen Leuten gewesen / weil sie ihm Hosen und Wambs nicht würden gelassen haben.

200. Es sagte einer von einem gemahlten Ochsen / daß ihm nichts ermangle / als die Rede: der Mahler sagt ja: diesem mangelt die Rede und dir Verstand zu urtheilen.

Das dritte Hundert.

201. Etliche redeten sehr ůbel von ihrem König / daß er sie mit vielen Auflagen beschwerte / dieses kame dem König zu Ohren / darauff sagte er: Last sie üm ihr Geld reden / was sie wollen. Die Schatzkammer ist wie das Miltz / wann es sich aufblehet / so nimmet der gantze Leib ab.

202. Das theurste Wasser ist / daß der Wirt unter den Wein und der Schreiber unter die Dinten giesset.[395]

203. Cosmus Großhertzog von Florentz pflegte zu sagen / daß man aus Gottes Wort wisse / wie man den Feinden verzeihen und vergeben soll: von den Freunden habe er aber nichts gelesen.

204. Es bate einer seinen Freund / er solte doch leßlicher schreiben / oder einen mit senden / der seine Briefe lese / oder sie selber bringe / und ihm fürlesen. Ein ander meldete: Wann ich schöner schreiben könte / so wolte ich den Herrn bitten / er solte seine Buchstaben mit mehr Gedult und erkantlicher mahlen.

205. Eine Jungfrau wurde gefragt / warum sie traurig were? Sie sagte / daß sie sich auf Rechnung schämte / daß an dem jüngsten Tag / alle Leiber / und also auch der ihrige / entblösset erscheinen müsste.

206. Einer hatte seinen Studenten 2. fl. geliehen / und der Student hat ihn deßwegen aller Orten geflohen / daß er ihm solche Schuld nit solle anfordern. Als er ihm aber auf eine Zeit nit konte entweichen / sagte er: Ich mercke wol / daß ich eure Freundschafft üm die 2. Gülden / die ihr mir schuldig / verkaufft / und das ist mir leid; Ich wil mich künfftig hüten / daß ich solcher Gestalt meine Freunde nit mehr verliehre.

207. Als die Soldaten aus einer Festung zogen / fragte ein Burger den Feldprediger / wann sie wieder kommen würden. Der Prediger antwortet: Wann eure Sünden werden seyn / als die unsern.

208. Ein neuer Edelmann sagte zu einem reichen Juden / der mit Seidenwaaren handelte / warüm er ein zerrissnes Sammets Kleid antrüge? Der Jud antwortete: Zu erweisen / daß ich es nicht gestern oder heute erst (wie ein neuer Edelmann) angezogen.

209. Einen Ubelthäter fragte man was er unrechts gethan? Das gröste Unrecht / sagte er / das ich gethan / ist / daß ich mich habe fangen lassen.

210. Einen guten Salat zu machen muß ein Freygebiger seyn / der das Oel schafft / ein Geitziger der den Essig gibt / und ein Artzt der allerley gute Kräuter zusammen suchet.

211. Zu Fonteneblau sagte Dom Petro von Tolledo / daß[396] alles wol gebauet / ausser der Kirchen / so zu klein und schiecht gezieret. König Henrich sagte darauf: Wir bauen unsrem Gott die Tempel unsrer Hertzen / ihr aber bauet sie von Steinen.

212. Ein versoffner Gesell sagte; ich habe so grossen Durst / daß ich mich noch werde zu tod trincken. Einer von seinen Dienern versetzte: Herr last mich mit euch sterben.

213. Ein Einäugiger sagte zu einem Krummrückigen / daß er frühe habe aufgeladen: Nein / sagte der Bucklichte / dich bedünckt es nur frühe / weil du nicht mehr als ein Fenster aufgethan.

214. Einer liesse über Tisch einen Wind streichen / in dem in ein heisser Bissen brennte: Als nun jederman lachte / sagte er; Dieser ist entloffen aus Furcht / er möchte sich verbrennen / wie meine Zunge / und habt ihr nie kein Stuck sehen loßbrennen? Wann man zu einem Loch das Feuer hinein stecket / so muß der Rauch zu dem andern Loch hinauß. Darüber wurde das Gelächter grösser.

215. Es hat sich ein Schalcks Narr mit ihrer neun zu Tische gesetzet / als sie aber sagten / daß über neun Gäste keine Mahlzeit seyn solte / und daß er zu viel etc. Darauff sagte er / man solte bey ihm anfangen zu zehlen / so werde nicht zu viel seyn. Diesem liesse der Gastherr in das Ohr sagen / er solte seinen Weg gehen: Dem Diener aber gabe er zur Antwort / es ist gleich viel / schenckt mir weissen oder roten Wein ein.

216. Es wurde ein Schreiber / wegen etlicher Fehler entschuldiget / weil er nit studieret. Ach sagte der andre / das heist beschuldiget und nicht entschuldiget / es ist besser nicht schreiben / als übel schreiben / und ist besser stumm seyn / als eine böse Zunge haben / dieses soll König Henrich IV. gesagt haben.

217. Als einer besagtem König klagte / die Jesuiten hätten ihm seinen Sohn in dem 15. Jahr seines Alters genommen / da er noch keinen genugsamen Verstand sein Leben anzustellen / es ist glaubig / sagte der König / dann sein Vatter ist viel älter / und hat noch nicht viel Verstandes.

218. Ein Barbierer fragte einen Bauren / was er ihm[397] geben solte / für das was sein Esel / der mit Holtz beladen / auff sich hatte? Der Baursmann fordert ein billiches / und als der Barbierer ab laden liesse / wolte er den Sattel darzu haben / weil solchen der Esel auf sich hatte. Hierzu verstehet endlich der Holtzführer / und kommet nach etlichen Tagen in die Barbierstuben / fragend / was er geben müsste für sich und seinen Gesellen zu barbieren / der Meister forderte zehen Kreützer: Als er nun barbieret war / führte er den Esel fůr seinen Gesellen hinein / darüber wurde bey allen anwesenden ein grosses Gelächter / und der Barbierer muste den Esels Sattel wieder geben / weil er gethanem Versprechen zu folge / den Esel sonst barbieren müssen.

219. Es sagte ein Mahler / daß die Ursache deß Erdbebens herkomme von dem Hercule / der diese runde Kugel / wie er gewiß von guten Meistern gemahlt gesehen / von einer Achsel auf die andre lege.

220. Ein guter Bruder sagte, Wann ich ein gutes Wasser hab / so laß ich das Bier stehen / und trincke Wein: bin ich bey einer Mahlzeit / so ist mein erster Trunck Wein / und darnach trinck ich kein Bier.

221. Ein Dieb der hencken solte / wolte wegen seiner Gesundheit Taback trincken / weil er doch die Nacht über unter den freyen Himmel bleiben / und den Flüssen unterworffen seyn müste.

222. Ein Dieb / den man hencken solte / bate / man solte ihm doch eine Ader öffnen / dann er ihm noch nie gelassen / und vielmals gehöret / die erste Aderläß rette vom Tod.

223. Ein Geitzhals draute seinem Diener / er wolte ihn lassen einstecken: Nur nicht in den Beutel / sagte der Diener / dann darauß ist nicht mehr zu kommen.

224. Es hatte eine Fraue einen Papegey abgerichtet / daß er alles nachsagen können. Als auf eine Zeit ein Artzt vorüber gegangen / hat sie dem Papegey sagen lassen: Hanrey / Hanrey. Der Artzt antwortet Euer Papegey muß kein gutes Gesicht haben / daß er mich für euren Mann ansihet.

225. Ein Landfahrer verkauffte ein Pulver für die Flöhe / und als er sehr viel verkaufft hatte / fragen ihn etliche Weiber /[398] wie man das Pulver gebrauchen solte? Ihr müst / sagte er / dem Floh den Mund auffthun / und ein wenig von dem Pulver hinein schütten / so wird sie sterben.

226. Es schändete einer die Artzneykunst / darwider sagte ein Doctor / was wilst du darvon sagen / du hast nie kein Artzney gebraucht. Ja sagte er / hätte ich sie gebrauchet / wie ihr sie fürschreibet / so were ich todt / daß ich darwider nichts sagen könte.

227. Wann ihr meiner Religion wolt werden / sagte ein Evangelischer zu einem Papisten / so wil ich der euren seyn.

228. Einer sagte daß er N. für einen redlichen Mann / und sein Weib für ein ehrliches Weib gehalten / aber ihr Sohn der sey ein loses Hurenkind / vermeinend / er hätte niemand als den Knaben geschendet.

229. Einer unterstande sich / er wolte sagen / wie sie alle thäten / wann er auch in einen andern Zimmer eingesperrt werden solte; Dieses zu probiren liesse er sich mit einem Hüter verschliessen. Einer kratzte der ander tantzte / der dritte hinckte / der vierte legte sich auf den Tisch etc. Als sie ihm nun fragten / wie sie gethan hätten? sagte er: Wie die Narren.

230. Ein Geistlicher war zu gast / und ließ ein grosses Glas mit Wasser bringen / trancke aber den reinen Wein. Nach der Mahlzeit fragte der Gastherr / worzu er das Wasser bringen lassen. Wol / sagte er / warum tragt ihr den Degen? Ich trage den Degen allezeit / wegen einer bösen Zeit / in welcher man mich angreiffen wird / mich zu vertheidigen. Also versetzte der Geistliche / gebrauche ich auch nur dz Wasser / wann mich der Wein zu starck angreifft / bishero ist er mir nicht zu starck gewesen.

231. Viel können aus dem Wein Wasser machen; aber keiner / als Christus / hat aus dem Wasser Wein gemacht.

232. Einer rühmte sein Pferd / daß es bey Racht so wol sehe / als bey Tage / dann das Pferd war blind / sahe noch bey Tage noch bey Racht.

233. Es ist einer mit seinen Pferd in das Wasser gefallen / und als er kaum errettet worden / daß er nit ersoffen / sagte ein andrer / er solte das Pferd / welches ihn in die Gefahr gebracht erschiessen: Nein / antwortet er / wir sind schon verglichen / und haben bereit miteinander getruncken.[399]

234. Ein Pedant sagte / Amen komme her ab amando, dann die Knaben lieben das End vom Gebet.

235. Als auf eine Zeit ein Gespräch für kame / daß Virgilius, Horatius, Ovidius, etc. schlechte Poeten / als die Ennio, Theocrio, etc. nachgeahmet / und sie weit übertroffen: Darauff sagte einer / sie habens gemacht wie die Mänteldiebe / welche schöne Kleider aus dem gestolnen Scharlach machen / und sie mit Gold bremen lassen / daß man das Gewand nit kennet.

236. Einer wolte ein Wambs ohne Geld kauffen / und zoge es an / legte aber zuvor seinen Mantel nieder / und befahle seinem Gesellen / er solte mit dem Mantel darvon lauffen / das geschahe / und er laufft ihm nach mit dem Wambs / und soll noch wieder kommen.

237. Drey gute Gesellen ohne Geld / hatten in einen Wirtshauß wol geessen / und nit übel getruncken: Nach der Mahlzeit stellet sich ein jeder / als ob er zahlen / und die andern frey halten wolte: Als sie sich nun nit vergleichen konten / sagen sie; Sie wollen dem Keller die Augen verbinden / und welchen er unter ihnen dreyen fangen würde / der solte für die andern zahlen: Der Keller verstehet sich darzu / als ihm aber die Augen verbunden / lauffen die drey darvon / er tappet in der Stuben herum / und endlichen kommet der Wirt hinein / und der Keller fängt ihn / mit diesen Worten: Ihr müsst die Zeche zahlen.

238. Eine gewisse Kunst / daß man von keinen Baumen fällt / wann man nemlich nit geschwinder herab / als hinauff steiget.

239. Es rühmte einer sein Rohr / daß er so weit trüge / und niemand wolte es glauben / deßwegen ihm sein Knecht Beyfall gabe / sagend / daß er mit dem Wind geschossen.

240. Ein Zahnbrecher wolte einen eine Kunst lernen / daß er ihm den Zahn selbsten außreissen solte / und bande deß Krancken Zahn an einen Amboß / so starck er konte / darnach nahme er eine glüende Zange / und wolte ihm den Zahn darmit fassen / darüber riesse er ihm den Zahn im zuruck gehen aus.

241. Ein andrer bande den Zahn an einen Poltz / und legte den Poltze / auf sein Geschoß.[400]

242. Es liesse einer über sein Camin / oder Schorstein / ein schönes Weibsbild mahlen / und darzu schreiben.


Suchet meiner Magd Zier /

Welche stehet hinter mir.


Hierüber hatten viel ihre Gedancken / und etliche sahen hinunter und lasen diese Schrifft.


Wann du wärst kein Narr gewesen /

Hättest du das nicht gelesen.


243. Es ließ ihm einer in ein Wirtshauß ein paar Stiefel bringen / und zoge einen an / stellet sich aber / als ob ihm etwas nöthiges für gefallen / und befahle dem Schuster / er solte wieder kommen: Hernach schickte er zu einem andern Schuster / und thut deßgleichen; Zahlt den Wirt und reitet darvon. Nach der Mahlzeit kommen die zween Schuster / hat jeder einen Stieffel in der Hand / und sehen / wie sie betrogen worden.

244. Es kauffte einer ein stuck Fleisch von seiner Wirtin: Als es zugerichtet war / sagte er / die Mucken hätten zu viel darvon gefressen / und dasselbe seye er nit zu zahlen schuldig: Darüber kommen sie für den Richter. Der Richter legt ihm die Bezahlung auf / und behält ihm vor / daß er den Abgang an den Mucken einkommen / und sie verfolgen möge / wie er kan / etc. Als nun ungefehr dem Richter eine Mucke auf dem Kragen sasse / schlägt er darnach / und versetzet dem Richter einen Backenstreich / Krafft ergangenen Urtheils.

245. Ein Großsprecher sagte / daß der Gelährten weise Reden gleich weren den güldnen Aepflen / oder Pomerantzen in silbern Schalen; Der Soldaten Weise aber wären wie die Canonenkugel in eisernen Helmen / die weit mehr Nachdruck als Pomerantzen.

246. Rinford ein gelährter Engeländer bate die Königin Elisabetham / sie solte doch die Gefangenen / an dem Tag ihrer Krönung loß lassen / welches sie auch verwilligt. Folgenden Tag bate er noch für 4 / die in dem Gefängniß waren / die Königin fragte / wer sie wären? Er antwortete: Die 4 Evangelisten sind in der Lateinischen Sprache gefangen / und tragen Verlangen in die Engeländische Freyheit zu kommen / die[401] Königin sagte: sie sind in der Engeländischen Freyheit und wol darmit zu frieden.

247. Es solte sich ein Zager und Feiger Gesell balgen / der bate seinen Gegner / er solte ihm ja das Hertz nicht verletzen: Der andre versprache solches. Ach sagte er / so laß uns Freunde seyn / dann ich bin lauter Hertz / wo man mich anrühret / da findet man Hertz.

248. Ein Teutscher hörte sagen: tréuve de chapeau, und vemeinte tréuve heisse sitzen / sagte deßwegen zu einer Jungfrau: Madamoiselle, tréuves de fesses. Sie antwortete: n' estes vous pas l'auteur des Marguerites Franzoises?

249. Es hatte einer ein Hauß gebauet / und als etliche übel darvon redeten / sagte er: Ich habe die fornication (für fortification) nit studieret wie ihr / und habe keinen andern Archidiaconū (Architectū) darzu gebrauchet / als mich selbst.

250. Ein Haubtmann solte etliche Soldaten werben / welche in dem Angesicht sehr zerfetzet waren. Der Haubtmann sagte / er wolte lieber die jenigen haben / welche sie also verwundet: Dieses kan nicht seyn / sagte einer unter ihnen / dann / die uns so gezeichnet / die haben wir erwürget.

251. Ein Auffschneider sagte / daß wann der Himmel einfallen solte / wolte er ihn mit seiner rechten Hand auffhalten.

252. Als einer sehr viel getruncken / und die Wirtin sagte / die Hitze hätte so viel Wein verzehrt / hat er geantwortet: So last die Frau Hitz zahlen / was ich mehr getruncken als sonsten.

253. Einer truge wegen seiner Mutter Leid / und führte doch einen roten Sattel / als er deßwegen gesprochen ward / sagte er: Wann meines Esels Mutter stirbt / so wird er Leid tragen Weil aber nur meine Mutter gestorben ist / so trage ich allein Leid / dann unsre Freundschafft erstrecket sich so weit nicht.

254. Das ůbel gewonnene Geld kommet / wie GOtt wil / und gehet wieder hinweg / wie der Teuffel wil.

255. Ein Gascon sahe etliche in dem Pallhauß pallotiren / und sagte dem schlechtsten: Hör / schwartzkleid gehe herauß / ich wil pallotiren. Der Gesell kommt ihm entgegen /[402] und giebt ihm seine Raquette mit Höfligkeit / gehet aber hin / nimmet ein Holtzref / und sagt mit dergleichen hochmütigen Ton: Gascon / geh herauß / ich wil pallotiren / der Gascon stellet sich / als hörte er es nicht / zuletzt schlägt er ihn mit einem Stock / daß er schrie: Ihr Herrn / ihr seyd meine Zeichen / er schlägt mich / und ich schlage ihn nicht: Ich wil es schon finden. Ja sagten die andern / die Stösse so du schon empfangen / dörffen keines suchens.

256. Einer sagte zu seinem Diener / gehe dort hin / siehe was man thut / und laß dich nichts mercken. Der Diener fragte / wie muß ich thun / daß ich mich nichts mercken lasse? Er sagt / gehe hin und schaue mit zu / daß man dich nicht siehet / da nahm er seiner Frauen Flor / und deckt ihn über das Angesicht / als ihn nun einer aus der Gesellschafft fragte / was er thue? Ich lasse mich / sagte er / nichts mercken.

257. Die geitzigen Weiber sind meinstentheils / wie die Bettlerssäcke / die niemals erfüllet werden.

258. Einer fragte / was solicitiren auf Teutsch heisse? dieses Wort / sagte der andre / hat drey Deutungen / 1. heist es bittlich ansuchen. 2. inständig anhalten 3. ungescheut verdrüßlich seyn.

259. Es solte einer Geld zu eines Bergwercks Verlag herleyhen: Nein / sagte er / der ist ein Narr / der einen Thaler in eine Gruben wirfft / und hernach ein Liecht anzündet / denselben wieder zu suchen: Ich wil mir keine Sorgen / Mühe und Gefahr üm mein Geld kauffen.

260. Ein junger Fürst sagte: Mein Mantel etc. Der Hofmeister schalte ihn / und wolte / daß er sagen solt: Unser / Wir etc. Als er nun Zahn-Schmertzen hatte / sagte er: Unsre Zähne thun uns weh / der Hofmeister lachte und versetzte / daß er nichts empfinde: Darauf antwortete der Herr: So höre ich wol / der Schmertz soll mein / und der Mantel unser seyn.

261. Der Hertzog von Meiland Sforza hat seinem Sohn die Lehre gegeben / er soll keinen von seinen Dienern schlagen / oder wann er ihn ja geschlagen habe / so soll er ihn von sich schaffen oder eine Verehrung thun / daß er sich zu rächen vergesse.[403]

262. Ein Artzt wolte von Rechts Sachen urtheilen / dem sagte einer / der nicht tieff in das Latein getaugt war: Ne sutor ultra crepitum!

263. Der König in Dennemarckt / spielte mit einem seiner Edelleute Grimpe / und als zween Könige hatte / sagte er drey an / sich für den dritten zehlend. Bald hernach / als noch ein grösseres Spiel stunde / hatte der Edelmann zween Knechte / und zeigte auch drey an / weil er der dritte were / zoge also das Geld / und der König lachte / daß er so wol mit gleicher Müntze bezahlet worden.

264. Wann die Frantzosen für Maistresse das Wort inclination gebrauchen / so ist es zu verstehen / wie dort Terentius saget in Eunuchum suam.

265. Clemens Marot wurde von König Henrich dem vierten dieses Namens mit einem Pferd / einem Kleid und vierhundert Kronen verehret; Dieses alles entwendete ihm sein Diener und entflohe darmit / deßwegen er an den König folgendes Innhalts schriebe:


Was eure Majestät aus unverdiente Gnad /

Geld und Geldes wehrt mir jüngst geschencket an hat /

Das hat mein Knecht entwendt / und gar nichts nicht vergessen /

als nur den Morgengruß / heist das nicht sich vermessen?


226. Es hatte ein kurtzweiliger Tischraht eine Bittschrifft bey seinen Herrn eingelanget / und darauff keine Antwort erhalten / deßwegen begehrte er gnädige Verhör / auf einen Buchstaben / nachdeme ihm nun solches mit diesem Beding versprochen wird / daß er noch ein Wort / noch eine Sylbe reden soll / sondern seinen Begehren durch einen einigen Buchstaben anbringen / hat er geschrieben ein B. und eine Scheiden darzu geleget / bittend üm einen Bescheid.

267. Es schweige einer still und wuste nichts zu sagen / von dem sagte ein andrer / daß er einen guten Secretarium gegeben / der etwas geheim halten könte / der andre verstehet den Schertz nit / und sagt / daß er sich nit wolle zu den Secreten gebrauchen lassen / er seye zu gut zu einem Pappenhaimer.[404]

268. Die häußlichen Weiber zechen in das Hauß / und die Männer ausser dem Hause.

269. Gleich wie man den Pferden unterschiedlich Stangen und Mundstücke machet / daß sie wol darauf gehen; also muß man auch ein jedes Volck auf eine besondere Weise regieren.

270. Die grosse Anlagen machen dem gemeinen Wesen zum besten / gewinnen untz-weiß / und verlieren Pfundweiß.

271. Einem vornehmen Cardinal hat einer seiner Freunde diese Lehre gegeben; Wann er beharren wolte in seinem hohen Stand / so müsse er freundlicher / freygebiger und warhafter seyn / sonsten werde es heissen: Hoch gestiegen / hoch gefallen.

272. Niemand ist Gastfreyer / als die Geitzigen / welche allezeit frey von Gästen / und niemand ihr Brod brechen / wie die Schrifft redet.

273. Ein Beichtvatter zu Rom hörte / daß alle Schweitzer beichteten / daß sie sich offt und vielmals voll gesoffen / darauß nahme er ab / es müsste eine grosse Kurtzweil üm das Volltrincken seyn / und wolte es auch probieren: Nach deme er sich nun starck bezechet / und den folgenden Tag grosses Haubtweh / Eckel vor der Speise / und eine grosse Reue hatte / hielte er das Vollsauffen für eine so grosse Marter / daß er den Schweitzern solches zu einer Busse aufferlegt.

274. Ein Schwertfeger brachte einem Edelmann eine Scheide zu seinem Degen / und forderte zween Reichsthaler darfür: Der Edelmann sahe / daß er ihn übersetzen wolte / und nahme seinen Degen / gabe ihm die Scheiden / sagend: Dar hast du was dein / und ich was mein ist / wir sind gut scheiden. Weil nun die Scheide zu keiner andern Klingen gerecht / muste der Schwertfeger nehmen was recht war.

275. Eine Doctorin wünschte ihr ein schönes Buch zu seyn ihrem Herrn zu gefallen; Er sagte ja / wann es ja ein Buch seyn solte / so wolte er wünschen / daß sie ein Kalender seyn möchte / so hätte er alle Jahre einen andern.

276. Es fuhre ein Student auf einer Kutschen / und sahe /[405] daß die Sonne einem Penal sehr verdrießlich / weil er in dem Schlage / auf der rechten Seiten sasse. In der Mittagherberge / sagte er zu dem Penal / er solte wegen seiner Bequemlichkeit / auf die lincke Seiten in den Schlag / an seine Stelle sitzen; Das nahme der Penal zu grossem Dancke an / fande aber / daß die Sonne auf der andern Seiten / weil sie inzwischen herum gegangen / eben so heiß / als Vormittag.

Einer sagte die kurtze Thorheit / und die kurtzen oder die kleinen Hasen sind die besten.

277. Einer sagte zu einem Krämer / er solte von ihm als seinem guten Freund keinen Gewinn nehmen: Der Krämer antwortete: Ich muß von meinen freunden gewinnen / dann meine Freunde kommen nicht in meinen Kram.

278. Gleich wie der Tau auf kein Feld fället / unter welchem Geld oder Gut vergraben / der Schnee aber viel geschwinder darauff vergehet: Also fället auch der H. Geist nit auf die Geitzigen / welche ihren Reichthum gefangen halten / und der Schnee ihrer Hoffnung und übermuts wird leichtlich zu Wasser.

279. Einem Bauren wurden viel Pferde genommen / solchem übel zu wehren / bestreichet er seinen Gaul mit Laimen und Don / daß man vermeinet / er sey räudig und schwebig; Derselbig ist ihm geblieben / und haben ihn die Reuter nicht haben wollen.

280. Ein Richter lobte einen Schreiber / der sich durch überreiche Verehrung befördert: darauff sagte ein andrer: Ja / er hat schöne Gaben / verstehe zu verschencken.

281. Die Höfligkeit ist der Korb / darinnen man alle Kunst und Wissenschafft gen Marckt träget / und die Wolredenheit ist die Handheben: Oder das Ohr an dem Korbe / sonder welche sie nicht kan gefasset und getragen werden.

282. Die bösen Weiber sind Schlangen / welche sich mit gut Worten nicht beschwören lassen.

283. Wer ein Buch nur wegen der schönen Wort lieset / und nicht wegen deß verständigen Innhalts / ist gleich einem[406] Kinde / das in der Wiesen Blumen findet / wo der Artz die heilsamen Kräuter suchet.

284. Ein verständiger Rahtgeber ist gleich einem Artzt / der nicht nur ordnet / was dem Krancken beliebet / sondern was ihm nutzet.

285. GOtt giebt den guten Verstand / die Eltern die gute Unterrichtung und der König Ehr und Reichthum.

286. Die übergrossen Schmertzen sind deß Lebens Gifft / der Trost aus der H. Schrifft / ist der Seelen Bezoar.

287. Man soll mit ander Leute Schaden klug werden / wie man aus den Vipern und Schlangen Artzney machet.

288. Mehr Regiementer sind zu Grund gegangen / aus Mangel verständiger Rahtgeber / als aus Mangel deß Geldes / oder Lebensmittel.

289. Die Geheimniß ist der Zungen Feind.

290. Die Erfahrung ist das grosse Buch / ohne welches man keine Kunst und Wissenschafft völlig erlernen kan.

291. Die Könige spielen mit ihren Rähten / als wie mit den Pomerantzen / wann sie lang in den Händen herum geworffen haben / achten sie ihrer nicht mehr. Hierauff sagte einer: Ja / wann sie keinen guten Geruch mehr geben und faul werden / weil der erste eines Fürsten Raht und Trägheit beschuldiget wurde.

292. Der Fürst ist glückselig / welcher seiner Unterthanen Klagen nachforschet / und derselben Ursachen in Erfahrung bringet / daß er solche nach Möglichkeit abschaffen kan.

293. Das Volck ist gleich einem Kinde / das sich mit guten Worten und schlechten Sachen lässet abweisen; wann man es lobt / so ist es schon zu frieden / und unterlässet auch nicht die Warheit zu sagen / wie ein Kind.

294. Das beste an den Pillulen ist nicht das Gold / sondern das inwendige das man nicht siehet.

295. Die Höflichkeit lässet sich an keinen Probierstein streichen / sonst würde man sehen / daß solche von falschem Gold.[407]

296. Alle Sinne haben doppelten Werckzeug / außgenommen die Zunge / zu bedeuten / daß man viel hören / sehen / fühlen / riechen / aber wenig reden soll.

297. Die mit Geld umgehen / sind gleich den Bisams-Krämern / wann sie nichts darvon gebrauchen / verbleibt doch der Geruch in ihren Kleidern.

298. In einem Regiment sind vier Element: Das Feuer ist die Gerechtigkeit / welche alles erleuchtet. Der Lufft sind die Beambten / welche alle Geängstigte erfrischen und trösten sollen. Das Wasser ist die Erbarmung / welches die Gerechtigkeit mässiget. Die Erde ist die Belohnung getreuer Dienste / welche ihr Frucht bringt zu rechter Zeit.

299. Die Freundschafft ist der Baum deß Lebens / an welchen uns doch die Früchte nicht verbotten / sondern gebotten sind.

300. Die letzte gute Stunde ist wehrter / als deß Menschen gantzes Leben / welches bald nimmet sein.


ENDE.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 383-408.
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