(CLXXXVII.)

Bestraffung der Winkel Ehe.

[671] Der Satan in Gestalt eines Jünglings kam auf eine Zeit zu einem frommen Mann / der hatte drey Töchter / und weil er viel Geld bey sich hatte verhoffte er eine von den dreyen zu heuraten: Der Vater aber versaget sie ihm alle drey / und vermeldete / daß die ältste Gott dem Vater / die andre Gott dem Sohn / die dritte dem heiligen Geist versprochen. Der Satan fragte ferners wann solches geschehen? Der Vater sagte: in der H. Tauffe. Das Gelübd versetzet der Satan / haben sie längst gebrochen / ich muß eine darvon haben etc. Der Vater aber wolte ihm keine geben / es willigte dann ihr Bräutigam darein.

2. Der Satan machte sich heimlich zu der ältesten und verhiesse ihr grosse Schätze / Wolleben und Herrligkeit / daß sie ihn zu lieben versprache. Die andre wuste nichts hiervon und versprache in gleichen den Satan fůr einen Bulen anzunehmen / und diese beede gaben ihme einen Trauungs Ring. Die dritte aber wolte nicht willigen in dieses Gesellens begehren / unn bekente / daß sie ihn nicht lieben könte. Dieses verdroß den Satan und verklagte den Vater und die jůngste Tochter. Als er aber seine Anklage von seinen Zettel ablesen wolle / ist eine Taube darauf gepflogen und hat ihme den Zettel zerrissen / da wurd er herunter gestossen zu den zweyen Töchtern / die ihn zu lieben versprochen / und mit ihnen ist er in die Hölle gefallen.

3. Dieses ziehen wir auf die Winkel Ehen / welche ohne Willen / Rahton und Vorwissen der Eltern heimlich geschlossen werden / darbey meinstentheils der Teuffel / und nicht Gott / Zeug und Beystand ist. Daß solche Kinder nun wieder Gott / ihre Eltern und sich selbsten sündigen / erweiset das vierte Gebott / und der unglückliche Ausgang solcher Ehe-Verlöbnissen /[672] wie hierunter auch folgende / mit Fueg zuzehlen seyn wird.

4. Anthonio Bologno ein Neapolitanischer Edelmann begabe sich in Dienst bey der Hertzogin von Malfi oder von Amalfi bürtig von dem Hause Aragon / eine Schwester des ansehlichsten Cardinals / und eines reichen und mächtigsten Fürsten zu selber Zeit. Bey dieser Hertzogin liesse sich Bologno als ein Hofmeister gebrauchen / und versahe seinen Dienst mit Treu und Fleiß.

5. Die junge Wittib (denn ihr Herr der Hertzog bereit verstorben) hatte ihr einen einigen Sohn hinterlassen / aber nicht genug Keuschheit sich ihrem Stand gemäß zuverhalten. Das Feuer ihrer unzüchtigen Begierden ergriefe das nechste Holtz / und wuste mit den Stralen ihrer Augen und mit dem Brand ihrer Reden den Neapolitaner also anzufeuren / daß er des Josephs Person nicht nachahmen könte.

6. Nach langem Gespräche (massen die erste Sünden bedächtig / die andren freventlich vollbracht worden) verloben sich diese bede ehlich mit einander /und vollziehen solche Winkel Ehe / in Beywesen einer verschwiegnen Kammer Jungfrauen; der Hoffnung mit der Zeit solche Heitrat bey ihren Befreunden zu entschuldigen / und ihre Einwilligung aus zu würken. Hierdurch war ihnen die Thür zu der Lustseuche eröfnet / und folgte nach wenig Monaten die Schwängerung / deren sich die Hertzogin so heimlich entladen / daß ihr Sohne auf einem Dorf erzogen und die Sache in Verschwiegenheit / als ungeschehen / verblieben.

7. Als sie aber zum andermal eines Kindes genesen / wurde diese Zeitung dem Cardinal ihrem Bruder und andren ihren Befreunden angemeldet / welche alsobald Kundschaffter angestellet / gründliche Erkündigung zuhinterbringen / und wer der jenige seyn möchte / der ihrem Geschlechte solches Schandmahl angeschmützet.

8. In dem wird sie das dritte mahl schwanger[673] und befürchtet daß sie der Orten nicht mehr gesichert sondern sendet ihr bewegliches Haab nach Ancona / und wendet für / daß sie eine Walfahrt nach Loreto thun wolle: in dem Ruckwege aber kommet sie nach Ancona mit ihrer gantzen Hofstat / lässet alle ihre Bediente erfordern / und saget ihnen an / daß Bologno ihr Eheherr / und daß diese ihre Kinder (welche sie vorwiese) wer nun bey ihr bleiben wolte / den solte es nicht gereuen: wer aber Urlaub begehrte / den wolte sie belohnen und erlassen / und an den Hertzogen ihren Sohn verwiesen haben.

9. So bald nun solches dem Cardinal und ihren Freunden hinterbracht worden / haben sie nach Ancona geschrieben / und Bologno mit ihrer Schwester verjagen lassen. Von dar sind sie nach Siena / von dar nach Venetig geflüchtet Unterwegs aber begegnen sie bey Furli einem Schwader Reuter / welche sie also bald für Feinde gehalten / und Bolgno mit seinem Sohn / so beede wol beritten das Reiß auß gespielet.

10. Diese sprachen die Hertzogin freundlich an /und führten sie samt ihren zweyen Kindern nach Neapoli gefangen in ein Schloß daß ihrem Sohn erster Ehe zuständig war. So bald sie dahin gelanget / würde sie in Verhafft genommen und nach dreyen Tagen mit dem seidnen Strang erwürget. Nach ihr kame es an die Kammerdienerin / und an die unschuldigen Kinder / welche ihrer Mutter Missethat tragen musten / und gleiches Todes sterben. Bologno Gütter / so er in dem Neopolitaneschen hatte / wurden eingezogen / und weil man erkundschafftet / daß er in das Mailandische entflohen / wurden ihme auch Meuchelmörder nach geschicket / die ihn auf gut Italianisch straffen solten.

11. Ob nun wol Bologno durch einen guten Freund gewarnet worden / und berichtet wie es mit seiner vermeinten Gemahlin und unschuldigen Kindern daher gegangen / hat er es doch nicht glauben und sich von Mailand weg machen wollen. als er nun einsten aus der Messe gegangen / fallen ihn die[674] bestelten Mörder ungewarnter Sachen an / und stechen ihn nieder / ungefehr zwey Jahr nach der Hertzogin Tod / dieses Bologno Sohn aber ist entkommen / und hat seinen Namen ändern und sich andrer Orten unbekanter weise aufhalten müssen.


12. Wer dem kleinen Venus Kind

folget blind

Wird in eine Gruben fallen

da kein Wasser innen ist:

Darum auch ein weiser Christ

will nicht / mit dem Blindling wallen.

Dann es bringt die Winkel Eh'

Ach und weh.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 671-675.
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