(CLXXXIX.)

Deß Teuffels Betrug.

[678] Als der Beelzebub den Titel erlangte / daß er Fürst der Welt genennet worden / nöhtigte er die Menschen / daß sie ihm huldigen musten und ihme gehorsam zu seyn versprechen. Er unterstunde sich auch einen grossen Berg für deß Himmels Thür zu bauen / und musten ihme seine Leibeigne Steine zutragen / und den Berg so hoch auf führen / daß kein Mensch in den Himmel kommen solte. Da nun der[678] Berg sehr groß war schickte Gott ein Lämlein / das trug in 34. Tagen so viel davon daß die Himmelsthür wieder eröffnet würde.

2. Dieses Lämlein luffe hin für deß Fürsten Schloß und verrigelt ihn / daß er nicht heraus konte / versiegelt auch das Schloß mit einem Kreutze. Solche Thůr möchte er mit aller seiner Gewalt nicht brechen / und muste verschlossen bleiben. Inzwischen ruffte das Lämmlein aus: wer dem Fürsten der Welt wird absagen / und mir nach folgen / den wil ich durch die Himmels Thüre führen / und von dem Steintragen erlösen. Das Lämmlein gienge vor / viel folgten nach /viel wolten dem Fürsten der Welt nicht absagen.

3. Als nun der Fürst merkte / daß er den Riegel nicht brechen konte / hat er allen seinen Dienern zugeruffen / sie solten wegen dieses Lämmleins alle Schafe würgen und die Himmels Strassen verwahren /daß keines hinein komme: das thäten sie / laurten Tag und Nacht auf die armen Schäflein die zum Himmel wanderten / deßwegen viel ruckfällig / und lieber die Steine wieder tragen / als solche Gefahr ausstehen wollen.

4. Unter solchen sind absonderlich die Hexensgenossen / welche von Gott abfallen und ihr vertrauen auf Gottes Feinde stellen / es beschehe solches gleich vorsetzlicher oder hinterlistiger Weise / wie wir solches in nachgehender Erzehlung hören wollen.

5. Zu Calaris in der Insel Sardinia verliebte sich eine adeliche Jungfrau in einen schönen und tapfern Rittersmann / jedoch von jungfräulicher Schame zu rucke gehalten / daß sie ihm ihre Gedanken nicht eröffnet. Nach Verlauff etlicher Monaten kommt der Satan / in gestalt des Ritters zu ihr / und nach abgelegter Höfligkeit / verspricht er ihr die Ehe und fangen diese beede an solche zu vollziehen / und alle Nächte bey einander zu schlaffen.

6. Dieser listige Bößwicht sagte ihr daß er in andrer Gesellschafft sich üm sie nicht annehmen wolle /damit sie nicht in böses Geschrey kommen möchte.[679] Solches thate er deßwegen / damit sie nicht mit dem Ritter in Geselschafften reden / und ihn wegen ihrer Liebe / so ihm gantz unwissend war / besprechen solte. Wie dann auch erfolget.

7. Die Mutter dieser Jungfrauen gabe ihrer Tochter etliche Heilthum / solche an Halse zu tragen: Der vermeinte Ritter entsetzte sich / oder stelte sich / als ob er sich entsetzte / und kame nicht mehr sie zu besuchen. In deme nun der rechte Ritter andern aufwartet /eiferte diese betrogne Satans Braut / und liesse ihn bitten / ob er doch auf ein Wort möchte zu ihr kommen / sie hette mit ihm von nötigen Sachen zu reden. Der Ritter stelte sich unverzögert aus Höfligkeit ein /ihren Befehl anzuhören.

8. Hier beklagte sich diese einfältige Dirne / da sie ihn so lange geliebt / er aber ihrer vergessen / und betraute / daß wann er sie versprochner massen nicht freyen wolt / sie genohtsagt würde ihn Gerichtlich zu beklagen / und darzu anstrengen. Der Ritter antwortet / er wisse von allen solchen Sachen nichts: sey niemals heimlich mit ihr zu reden kommen / hette ihr auch nichts versprochen.

9. Die Edle sagte ihm alle Umstände / wie er an dem Festtag zu ihr gekommen / wie sie ihn empfangen / wie sie ihre Ehe abgeredet und vollzogen. Der Ritter antwortete: daß er drey Wochen vor und nach solchem Fest ůber Land gewesen / und ist erbietig viel lebendige Zeugen darüber abhören zu lassen /daß also ein Betrug mit unterlauffen müsse.

10. Solches nun zu beglauben lässet er einen von seinen Dienern nach dem andern hinein kommen / und befraget sie / bevor er den Fuß aus der Kammer gesetzet hatte / die Diener sagen einstimmig / daß ihr Herr dieselbe Zeit viel Meil darvon gewesen.

11. Hierüber wird sie nun sehr bestürtzt / und erinnert sich etlichen Sachen / welche nicht menschlich seyn / fället deßwegen auf die Gedanken / der Satan müsse sie betrogen haben / und hat sich also entschlossen ihr Leben in einem Kloster zu zubringen und nicht mehr an den Ehestand zugedenken.[680]

12. Eben in diesem Land hat der böse Geist eine schöne Weibsperson von 17. oder 18. Jahren beschlaffen (nemlich durch ander Orten gestollnen Mannssamen /) und ihr versprochen sie zu retten /wann sie auch bereit auf dem Scheiderhaufen sitzen würde. Solches aber hat er nicht gehalten oder halten können / sondern sie hat ihn auch in den Flammen vergebens üm Hülffe und Rettung angeschrien / wie solches mit seinen Augen gesehen Antoni Torquemada / als er berichtet in der 3. Tagraise.


Die Menschen lieben mehr die Finsternis und Lügen /

als helles Warheit Liecht: sie lassen sich betrůgen /

von ihrem Seelen Feind. Die Reue kommt zu spat /

wann man verdiente Straff ob seinem Haubte hat.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 678-681.
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