(CXLVI.)

Der Lůgenteuffel.

[517] Es fragen die Gelehrten: Ob der böse Geist zukůnfftige Sachen wissen könne. Die Antwort kan Ja und Nein seyn: daß er wisse durch Mutmassung / bey bösen Leuten / die ihme ergeben / wiederum durch Gottes Verhängnis und aus natürlichen Ursachen / ist glaublich und ausser zweiffel. Daß er es aber nicht gewiß / auch nicht alles / und was die Frauen betrifft wisse oder wissen könne / erweiset unter andern auch folgendes Exempel.

2. In Westphalen war ein feiner / ehrlicher Bauersmann mit seinem Weibe sesshafft / und lebte in friedlichem Ehestand. Dieser hatte auf eine Zeit sein Geltlein an kleiner Müntze in einer Schweinsblasen auf der Bank liegen / und war niemand in der Stuben / als sein Weib / das Geld kommt hinweg; er[517] fragt und sucht es / kan aber nicht wissen wo es hingekommen. Daß ihme sein Weib solches nicht entwendet / war er versichert / daß es aber verschwunden / konte er ihme nicht einbilden. In dieser Bestürtzung verlanget ihn zu wissen / wie es zu gegangen / und wo das Geld hinkommen?

3. Solches zu erkündigen fragt er eine Zauberin /welche in dem nechsten Dorff mit ihrem Lůgenkram viel Geltes verdiente. Diese sagt / daß er verziehen solte / sie wolte solches von ihrem Geist erkündigen: gehet darauf in den nechsten Stadel / und befragt sich mit dem Satan / der ihr antwortet: sie solte sagen /sein Weib hette das Geld entwendet / und verzehre es mit ihrē Anhang / dem Pfaffen in dem Dorff: Es were aber nicht also / sondern das Schwein hette es samt der Schweins Blasen gefressen. Daß dieses leichtlich seyn können / wird der glauben / welcher in Westphalen gewesen / und gesehen / daß Stuben und Stal der Orten nicht sonders unterschieden sind.

4. Dieses verhielte die Vetel dem Bauersmann /und sagte ihm / wie seine Ehebrecherin auch eine Diebin were / etc. Es hatte sich aber (sonder zweiffel aus Gottes Schickung) zugetragen / daß ein armer Taglöhner in besagten Stadel geschlaffen und als die Hexe mit ihrem Polter-Geist geredet / erwacht / und den Betrug verstanden. Dieser kame zu dem betrübten und auf Rach bedachten Bauren / und erzehlte ihm / was er ungefehr vernommen; mit beyrahten / der Bauer solte das Schwein schlachten / weil es vielleicht sonsten sterben würde / und dardurch erfahren / ob die Zauberin oder er die Warheit sagte.

5. Der Bauersmann erfreut sich über solcher Zeitung / weil er sein Weib lieb / und nicht Ursach hatte /sie in so bösen Verdacht zu halten: schlachtet also bald das Schwein / und findet sein Geld in der Schweinsblasen / wie er solches verlohren. Hierauf ergrimmet er über die alte Hexe / welche ihn leichtlich einen Todschlag hette sollen begehen machen / und meldet der Obrigkeit dieser Zauberin trugliches Gewerb[518] an / welche sie in Verhafft nehmen / und nach Beglaubung der Anklage lebendig verbrennen lassen.

6. Daß nun dieser Lügengeist nicht gewust / daß der Taglöhner in dem Stadel geschlaffen / welches er doch wissen können ist gar vermutlich / dann er sonsten wol gedenken sollen / wie dieser seine Unglücks-Stifftung / in dem er das ehrliche Weib / und den Geistlichen in dem Dorff umb Ehr / Leib und Leben /ja den Mann in deß Henkers Hände bringen wollen /etc. würde ruckgängig werden. Weh dem der diesem Mörder und Lügner mehr glaubet als Gott der die Warheit selber ist.

7. Also sollen wir uns nicht gelüsten lassen durch böse Künste zu wissen / was wir uns nicht können einbilden / und solches zu erkůndigen die Höllen-Genossen anlauffen. Solche Leute haben den Glauben verlaugnet / aus welchem alle andre Sünde / wie sie auch mögen Namen haben / herkommen: Massen unser Heiland sagt / daß der H. Geist die Welt straffen werde üm den Unglauben / weil allein dieser die gifftige Wurtzel ist aller bösen Sünden-Früchte.


8. Lügen müssen doch erliegen

Trügen kan nicht lang vergnügen

wie die Ziegen nicht kan pflügen

und das kriegen kan betrügen /

so muß lůgen endlich biegen /

und das trügen unterliegen.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 517-519.
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