Zehnte Scene.

[71] BAUER kommt. An Schniete Brut und an Korn wihl ich ha'n.

BÄUERIN schneidet Brot, während sie ihn mit Seitenblicken beobachtet. Was hust De denn, Vat'r? Da red ock a Wort!

BAUER setzt sich auf die Seitenbank ohne ein Wort.[71]

BREITE stellt ein Glas Korn vor ihn.

BAUER verfolgt sie mit dem Blick.

BÄUERIN. Was hust De d'n beim Vursteher asu lange zu thun geha't, Vater? Das kanst De mir doch wenigstens sa'n. –

BAUER barsch. Ach was!

BÄUERIN reicht ihm das Brot. O mein Gott, mein Gott! das is a bissel Laba!

BAUER. Hust De denn au Deine sieba Sacha a wing eim Stande, Madel?

BREITE erstaunt. Meine Sacha, Vater?

BAUER. Nu, Du kanst doch nee wie a Bettelmensch ei de Ehe trata.

BÄUERIN die den Bauer und dann Breite fragend angesehen. Nee, was denn? Man! – Was denn? – Inse Junge lei't draußa uf d'r Landstraße –

BAUER auffahrend. Wu is inse Junge?

BÄUERIN. Wu sohl ich's d'n harwissa, wu a is! – Aber derentwegen braucht sich doch dar fremde noch lange nee immer meh' bei ins ei'zerichta –

BAUER fest. 's is kee fremder meh', wenns Madel a Kind vo'n trä't. Hust mich verstanda! 's is iberhaupt gar nischt wetter zu sa'n.

BÄUERIN. O mein Gott, wer hätte das alles asu denka sohl'n.

BAUER. Da kinnt 'r also Huchzeit macha! – 's sohl vur a Leuta noch alles ei Ehren gihn – Hust De mich verstanda, Weib!

BREITE von plötzlichen Thränen übermannt. Nee, Vater –

BAUER. Zu was sohl's erscht asu weit kumma,[72] daß se's alle sahn und hiern missa. Da wull'n m'rsch bahle macha.

BREITE wie vorher. Darf ich nee Josepha rei'rufa, Vater?

BAUER hält sie am Arm zurück. Du nimmst a frei. Ich ga' D'r 'n frei. Asu wihl ich's ha'n. – Alles andere wihl ich vergassa.

BÄUERIN. Alles vergassa – und inse Junge muß sich draußa rimtreiba –

BAUER plötzlich heftig. Treibt a sich rim? Was?

BÄUERIN. Und wenn 'r sich au nee rimtriebe! Mir war'n wull hie a schie Fest macha – und inse Junge –

BAUER am Schränkchen kramend. 's sohl an gude Huchzeit war'n. Asu wihl ich's ha'n. Breite steht unschlüssig da. Kanst's 'm Joseph sa'n Er kommt an den Tisch. Hie – Er zählt einiges Geld hin. hust Du was, Weib. Das kanst De Ernsta schicka. Verstihst De mich. Er ergreift das Kornglas. De Adresse war ich D'r ga'n.


Breite eilt hinaus.


BÄUERIN erstaunt. Nee, Vater!

BAUER gießt seinen Korn hinunter.


Der Vorhang fällt.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 71-73.
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