Erste Scene.

[97] BAUER EPHRAIM erscheint halbbekleidet, im Begriff, leise horchend zur Stubenthür zu gehen, die er ebenfalls behutsam öffnet. Wie die Thür knarrt, merkt man, daß sich auf dem Backofen hinter dem Herd jemand in Betten herumwirft.

VATER JAKOBS eines russigen, runzeligen Alten Stimme murrt herunter. Is d'n gar kee bißla Ruh meh ei dam Hause hie? Sein Kopf wird vom Backofen herunter sichtbar. Er bemüht sich, etwas zu erkennen. War is' dn? War is' d'n?

BAUER hinaushorchend. Pst!

VATER JAKOB. 's is doch jemand hie! War denn? War denn? Ich kan's nee sah'n!

BAUER. 's war wieder amol an sune Unruhe – uba bei da Junga! Und ich horte au das Jungla schrein. Er horcht noch immer. Hirscht Du was?

VATER JAKOB. Nu Jeses! ju ju! 's is werklich, als wenn's nimmeh gar richtig wär ei Denn'n Hause. Au a' das Kettarasseln vo da Kihen bihn ich gar nimmeh gewehnt. Er horcht auch. Nee, was werd's d'n gruß sein, Gotlieb.[97]

BAUER dumpf. Se liffa immerfurt hie und har – Und se liffa schun nächten immerfurt hie und har. Ich dächte, wie mir gestern Obend spracha, 's wär au ees a paarmol nausgelaufa ei de Winternacht.

VATER JAKOB. Nee Gotlieb. Du söllst werklich nee asu schreckhaft sein. Gih ock wieder eis Bette. Du werscht Dich ubadrein noch recht verkälta, wenn De asu eim Blußa stihst!

BAUER. Iber insen Stibel hiert ma's besser. Se schlofa doch iber ins. Er horcht noch immer. Ich hierte au das Jungla schrein! – Aber nuf wihl ich nee gihn.

VATER JAKOB. Ach, Gotlieb! Was könnt'n das au nutza!

BAUER. Nu ebens. Nuf wihl ich au nee gihn. Denn wenn ich wieder amol asu d'rzune kumme –Du wißt schun, wenn ich wieder amol mit menn' eegna Auga d'rzune kumme – Aufwallend. a Pirl nahm' ich und schla' a lsa ei! Dumpf. 's derwergt mich asu noch manchmol bahle.

DER BÄUERIN STIMME plötzlich aus dem dunklen Stübel. Vater! Nee Man? Du werscht de Nachtruhe darba – wegen da Junga –! Sie hat Licht gemacht. Wu bist d'n hie?

BAUER. Ach! Ich ha' wie tut geschlofa – und bihn ock uf eemol wach gewor'n.

VATER JAKOB. Gih ock wieder schlofa, Gotlieb Du werscht d'r mit da junga Leuta noch a Tud hul'n!

BÄUERIN räsonnierend. 's is ju iberhaupt erscht viere. An Stunde kinn'n m'r gut noch Ruhe ha'n. Das wär asu a Gemahre. Gih ock wieder amol nuf zu da Leuta, daß De's wieder hier'n mußt: Mir Ahla[98] wollta ock immerfurt rin und nim hurcha und lauern und da Junga gar kee bißla Ruhe ga'n. Ich dächte, Du wößtest, was de Breite fir a luse Maul hot iber die Sacha.

BAUER erregt. 's Madel hot ganz recht daß mir ins nee neimenga derfa. 's kan ock bieser war'n, wenn de Ahlen au noch immer mite werga. Mit Schimpfa und Zanka muß asu was immer bieser war'n. – Düster. Mir graut au manchmol. Ich kan's nee ändern. Wieder erregt. 's Madel hot ganz recht!

BÄUERIN. Nu ju ju! Die werd schun recht ha'n! Sie löscht das Licht zornig wieder aus.

VATER JAKOB beginnt vom Backofen herunterzuklettern. 's is m'r gar nee recht! 's is n'r gar nee recht!

BAUER schließt die Stubenthür. Ma' hiert nischte meh. Ich war ock wieder schlofa gihn. Er geht zum Stübel.

VATER JAKOB sich auf die Ofenbank schwingend. Nu, ich stünd freilich au nee uf, wenn ich nee da weita Weg noch vur mir hätte. Die Stübelthür wird geschlossen. O, meins, meins! Er entzündet ein Thranlämpchen und daran seine kurze Pfeife, die ihm dicht an der Nase hinaufbrennt. Er macht sich auch immer wieder mit der Pfeife zu schaffen, während er sich phlegmatisch vollends anzieht. Nun lacht er kopfschüttelnd vor sich hin und murrt. O Du himmlischer Vater! Viel hundert Lusta ha'n mir asu hie geha – und nu is das asu gewor'n! Ma' söllt's manchmol gar nee gleeba!


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 97-99.
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