Zweite Scene.

[99] TINE kommt, eine Laterne in der Hand, mit noch verwirrtem Haar. Vater Jakob, ich war Euch flink a Neegla Kaffee macha. Sie geht zum Feuerloch.[99]

VATER JAKOB an seiner Pfeife beschäftigt. Ach, a' Pfeifla thut's au. – Nee, bist De d'n au schun uf, Madel? Zu was denn?

TINE aufgeregt. O, ich bihn iberhaupt nee gruß zum Schlofa gekumma! Dar ewige Kummer vo dam junga Weibe! Ich ha' doch missa de ganze Nacht bei'ner sitza!

VATER JAKOB. Was denn? Was denn? Hot's d'n werklich was gega'n?

TINE. Nu do! Ihr ha't nächten stille bei da Ahlen gesassa. D'rweile sein mir hie und har gelaufa eim Durfe und ha'n a gesicht – a Joseph.

VATER JAKOB. Nee 's wär wull gar – gesicht a Joseph!

TINE. 'r is noch nee d'rheeme. – Aber asu tulle, daß 'r de ganze Nacht nee heemkimmt, hot 'r'sch au noch keemols getrieba! Sie hat aufgezündet und geht zum Röhr.

VATER JAKOB. Nu ju ju. Ich muß halt asu frih ufstihn, suste bihn ich bei dam tiefa Schnie zu Mittige nee d'rheeme. – Vor sich hin. Ich ducht m'r schun asu was! Ich ducht m'r schun asu was!

TINE am Röhr hantierend. 's is weeß Gott, als wenn dar Joseph wie an richtige Gewalt hätte iber das Weib. – Aber die gleebt's nee – Die gleebt's nee! Die thut alles fir da Man.

VATER JAKOB sich seinen Pack zurecht machend. Prill ock nee asu! Daß die Ahla noch a wing schlofa kinn'n. Denn Kummer und Surga macha mide.

TINE. Ach, wenn die ei da dicka Betta liega, di hier'n's nee. Erbittert weiter. Die thut alles fir da[100] Man. Ma' sitt'r doch niemols kenn' Mißmut a'. O Jeses, was dar Joseph sa't, muß gemacht war'n. D'r Vater darf iberhaupt nimmeh nuf kumma. Höhnisch. Suste kinnt's amol gar lusgihn. Das leid'se nee. Das leid' de Junge nee. – Aber de Schindlern kimmt.

VATER JAKOB. 's is m'r gar nee recht. 's is m'r gar nee recht. – Ne, wenn ich friher amol kam, da saßa die Ahla und die beeden Kindla – bis ei de Nacht saßa se manchmol, da ha' ich doch missa wer wiß was derzahl'n. Nu is d'r Suhn bei Fremda – nu do! nu do! Und der Gotlieb is gar sihr a wunderlicher Man gewor'n.

TINE. Als wenn ma' sich's nee hätte glei denka kinn'n, wu dar Joseph schließlich wieder hieleeft. Seit das bihmsche Madel wieder runder is vun a Bauda –

VATER JAKOB. 's is m'r gar nee recht, daß ich mit sulcha Gedanka uf menn' eisiga Weg 'naus muß. Er will seine Hucke aufnehmen. Die junga Leute sein doch ei da Oberstuba eigericht' schinner, wie die Ahlen hie unda! Se ha'n das niedliche Jungerla –

TINE. Se kinnta alles ha'n! Aber nee, Joseph muß zu dar Bihmscha laufa. Lachend. Nu 'r amol gar nimmeh heemkimmt, werd se's wull endlich sahn – de Breite – daß dar sich aus dar grußa Wertschoft und Weib und Kinde an Quarkspitze macht – das werd se wull endlich amol eisahn.

VATER JAKOB. Hilf m'r amol menn' Packs uf a Ricka nahma. – Sich ock Tindla! Senn' Packs muß jedes freudig tra'n, wenn 'r ock nee gar zu schwer werd. Er geht. s' is m'r gar nee recht! 's is m'r gar nee recht.[101]

TINE schiebt ihm beim Gehen eine Flasche in die Rocktasche. Hie a Tröpla Kaffee uf a Weg!

VATER JAKOB ohne sich zu wenden. Ha' vielmols Dank, Madel! Und sa' au Gotliebs Leuta Dank fir de Herberge. Zum Frihjuhr käm' ich amol wieder.


Tine leuchtet ihm hinaus. Beide ab. Die Stubenthür bleibt offen. Man sieht sofort im Hausflur Breite den Abgehenden nachschleichen.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 99-102.
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