Neunte Scene.

[112] BAUER erscheint in sich versunken in der Thür und starrt Joseph lange an. Kumm rei', Madel!

BREITE folgt ihm und setzt sich auf die Sandbank, indem sie plötzlich in Thränen ausbricht, die sie sofort wieder trocknet.

JOSEPH starrt auf Breite.

BAUER zur Tine, die sich auch hereingedrängt hat. Und Du – gihst ei a Sta'l, Tine! Streng. Und machst au de Thire hinger D'r zu! Tine geht. Verstihst De mich! Die Thür wird geschlossen.

JOSEPH wie erwachend, weich. Wu warst Du?

BREITE hart. Du sichst mich wull?

BAUER feierlich bebend. Und nu – kimmt de Reihe endlich amol a' Dich – Du

BREITE mit Kraft. Vater, Du läßt a! Dir hot'r nischt gethan. A mir is, zu reda! – Zu Joseph gewandt. Aber mir beeda sein nu a de Grenze gekumma – mitsamma! Verstihste mich, Joseph!

JOSEPH. Was?

BREITE. Ich ha' Vater und Mutter weggeschmissa im Dich! Du hust mich asu weit gebrucht. – Ich war eim besta Gange, mich salber wegzuschmeißa! – Asu weit hust Du mich gebrucht. – 's fill m'r noch zu rechter Zeit 's Jungla ei'!

BAUER aus der Tiefe. Madel! Sprich! Asu sohl's wuhr sein! Asu sohl's wuhr sein! Und Kenner sohl woga, ock a' en'n Worte zu rihr'n –

BREITE. Vater! Kumm a de Arbeit! Zu Joseph. Gih a' Deine Arbeit, Joseph. Ich wihl a' meine gihn. Bäuerin guckt scheu zur Stübelthür herein. Ader meine Thränen sei'n vertreugt ei dar kalta Winternacht[113] Ich ha' meine Ruhe noch amol gefunda. – Ich war keene Thräne meh' flenn' im Dich. Höhnend. Du sichst mich wull? Du werscht mich nu 's Laba lang nimmeh' finda. Daß De's wißt! Und's sohl mich nimmeh' kimmern!

JOSEPH sich aufrichten. Was sull das, Breite? Er kommt ihr näher.

BREITE voll Verachtung. Kumm m'r nimmeh' nahnde. Du hust m'r endlich amol a Licht a'gezund ei menn' Sinne, daß ich's gesah'n ha', wuhie ich gekumma bihn! – Nu sollst De au' wissa, war ich bihn. Zu an' Felssticke bihn ich gewor'n ei dar Nacht. Gleeb's ock!

JOSEPH. Breite! Breite! Er kommt ihr wieder näher. Su rede duch mal bissel verninftig! Verstihst Du!

BREITE. Kumm m'r nimmeh' nahnde. Du wißt nu, war ich bihn. – Ich ha' weeß Got schun manches im Dich ertra'n! Leicht in Thränen, die sofort wieder versiegen. Nu war ich die Schande au noch tran Sie will eine Beschäftigung ergreifen. Der Bauer starrt sie groß an. Bäuerin ist allmählig leise vollends hereingekommen und weint. Vater, nu war'n m'r a de Arbeit gihn. 's Viech hingert schun. – Mit Gewalt feste macha, was flichtig is und doch nimmeh kan mir gehier'n – nee! – das gewiß nee! Asu verblend't wull'n m'r nimmeh sein. Sie wendet sich wieder zu dem reglos dastehenden Joseph. Du kanst nu hiegihn, zu wan De willst. Immer gih zu dam Harfamadel – Tag und Nacht! – Du kanst wegen menner au hie bleiba. Stolz. Ich war'sch dulda! Verstihst de mich! Scharf. Du bist ju d'r Vater zu menn'n[114] Suhne! – Aber mir wissa, wie m'r stihn – heute und ei alle Ewigkeet! Sie beginnt am Herde zu hantieren. Hust de mich verstanda?

JOSEPH kalt, wirft sich seinen Haarsträhn aus der Stirn. Du hust recht! Sicher! Sicher! Man mißte lachen! Hahaha! – Finster. Aber Ihr lacht nicht. – Ihr verachtet mich! – Voll Haß. Su verachtet mich duch! Schließlich – su oder su! Was liegt am Ganzen! – Er wendet sich zum Gehen. Ich werde Eich gewiß nicht mehr lästig fallen. Er richtet sich auf. Das nicht! Das sicher nicht! – Haß wider Haß! Ich finde meine Wege. Er geht hinaus.

BREITE ohne daß Bauer und Bäuerin ein Wort wagen. Vater, kummt a de Arbeit!


Der Vorhang fällt.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 112-115.
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