Scena III.

[54] Zachæus. Schecher. Hans Pfriem.


ZACHÆUS.

Hoia, Hoscha, macht niemands auff?

Wiltu nicht, das man die thür zulauff,

SCHECHER.

So lass vns ein von stunden an.

HANS PFRIEM.

Wer Teuffel richt solch poltern an?

ZACHÆUS.

Glück zu mein Man.

SCHECHER.

Wolt ausher gahn.

HANS PFRIEM.

Ist dann heut aller fried dahin,

Das ich kein stund nicht sicher bin,

In meinen vier pfelen, erbarm es Gott.

ZACHÆUS.

Das hat sein meinung, weils di noth

Erfodert, das jhr hören müst,

Was vber euch beschlossen ist.[54]

HANS PFRIEM.

Was, hoi? Ach leider mir,

Wie komm ich in das Spiel alhier?

ZACHÆUS.

Sta, Sta, mein Man, las dich bedingen,

Höre, was wir dir vor zeitung bringen.

HANS PFRIEM.

Ach, Ach, wie zu gar bösen stund,

Bin ich raus kommen her jetzund.

ZACHÆUS.

Das ist das vrteil Hansen Pfriem,

Das ist beschlossen vber jhm,

Demnach vnd alldieweil Hans Pfriem der Fuhrman alt,

Ins Himels Saal vnd Paradis nun manigfalt,

Sich an der Seligen seelen fried, rhu, freud vnd wonn,

Vergriffen hat, aus mutwill frech, ohn vnterlon,

Vnd kan nicht leiden, das' jhm gehe sampt andern wol,

Hat nicht genung gethan sein' pflichten, wie er sol,

Ist trewlos vnd meineidig worden: Dann wie er

Sich reingeschleifft, vnd die Gericht vorechtlich sehr

Gehalten, vnd der Herrn Gebot in windt geschlagen,

Das lest man gehn: Hats nicht bracht in diese vrteils fragen:

Drumb weil er hat dis alls gethan, vnd mus gestehn,

So sols nach vrteil vnd nach Recht also jm gehn,

Das er aus Himels Paradis, bey Sonnenschein,

Gestossen werd, komm nimmer in ewigkeit wider drein.

HANS PFRIEM.

Ach Zetter, Zetter, Mordio,

Wie komme ich in das elend so?

ZACHÆUS.

Das nun du deme gelebest nach,

Vnd also stellest an dein sach,

Das du von hinnen weichest baldt,[55]

Drumb sind wir da, vnd han gewalt.

HANS PFRIEM.

Man wird mir jo bedenck zeit geben.

ZACHÆUS.

Bedenckzeit jo, were nicht vneben.

HANS PFRIEM.

Man wird jo mir betrübten Man,

Die Rechtesfristen nicht versan.

ZACHÆUS.

Jhr habt gehabt bedenckzeit satt.

HANS PFRIEM.

Ach, Ach, mir diesen abend spat.

ZACHÆUS.

Es ist beschlossen, Bleibt dabey,

Man wird dir heute nichts machen new.

HANS PFRIEM.

Ach, ach, ach, wie mache ichs dach?

Ich hab mein pflichten nicht gehalten,

Welche pflichten dann? das Gott müst walten,

ZACHÆUS.

Sihe, hastu es dann vergessen schon,

Wie du all pflicht ohn vnterlon,

Hindan gesetzet, jederman

Verhönt, verspott, vnd griffen an,

Mit straffen, leumbden, schelten fast,

Anders, denn du dich verpflichtet hast.

HANS PFRIEM.

Ist das verleumbdet, wenn ich ein',

Der vnrecht thut, erinner fein?

Zuuor aus aber in der Kunst,

Die ich gelernt hab nicht vmb sonst.

ZACHÆUS.

Man darff alhier zu diesem leben

Gar keiner kunst, das merck mich eben,

Doch ist vns alhier nicht befohln,

Das wir vns mit dir keifeln soln.

SCHECHER.

Was ist das teidigen? Last vns bald,

Jhn werffen naus mit aller gwalt.

HANS PFRIEM.

Ach, wie bin ich so gar erkalt,

Ich finde meinen sachen kein gestalt.

ZACHÆUS.

Dein thun ist offentlich am tag,

Das auch niemt anders deuten mag,

Drumb hastu newlich jetz gehört,

Die straff vnd pein, so dir gebürt.

HANS PFRIEM.

Ach hertzige güldne Herren viel,

Ich bitte euch lauter vmb Gottes will,

Fellet euch was ein, so teilt mirs mit,

Rathet zu, Last in der not mich nit.

ZACHÆUS.

Nun, was du thust, das thue bey zeit,[56]

Vnd folge dem vrteil, trage kein neidt,

Wiltu aber folgen nicht, wolan,

So wird dirs noch viel erger gahn.

HANS PFRIEM.

Ach Zetter, leider jmmermehr,

Jhr vberpocht mich alzu sehr.

SCHECHER.

Was hilfft das lausen, Han wir macht,

So nemen wir dieselb in acht.

HANS PFRIEM.

Wolauff, es mus doch gewaget sein,

Ich setz es gleichsomer volnt hinein,

Hab ich verschertzt das Paradeis,

Vnd Himels saal, wolan so seies,

Ich wags darauff, mag gehn im spiel,

Was Vater vnd Mutter nicht folgen wil,

Hui, nur frisch auff, getrost vnd kecke,

Wer weis noch, wer den letzten trecke,

Wer weis, wer letzteman begrebt,

Vnd wer dann all die Schetze hebt,

Es wil sich hie nicht seumen lan,

Wem grawt, der ziehe ein Pantzer an,

Es mus gewagt sein, wagen gwint,

Verleurt auch manigsmal geschwint.

ZACHÆUS.

Höre da, vnd wie gefelt dir das?

SCHECHER.

Er wolte sich gern, Ich sehe wol was,

Er wolte sich gerne machen kraus,

Wenn der Stückschelm wüste etwa naus.

HANS PFRIEM.

Was hastu vor gehangner Strick

An mir ersehen so offt vnd dick?

Das du mich nun zum andern mal,

Hohlhipelst als einen Affenzal,

Habe ich dirs vor geschenckt, wolan,

So komm nun her, vnd greiff mich an,

Ich wil dirs wider bringen ein,

Du solt nicht bald vergessen mein.

ZACHÆUS.

Was sol das sein? vnd wilst vns pochn?

Drawst meiner Herren Diener nochen?

HANS PFRIEM.

Ja, liebes Quergel, das dus wist,

ZACHÆUS.

Vnd dem Gesandten des Herren Christ?

HANS PFRIEM.

Ja das du haltst vor keinen spott,

ZACHÆUS.

Der lieben Heiligen Frohnebot?[57]

HANS PFRIEM.

Ja, Ouerck, Vnd dir auch selbst dazu,

Du abgefeimter Zolldieb du,

Du Bawrenschinder, Leutbezwacker,

Der armen Witwen vnd Waisen placker,

Du dupel, tripel, viereckter Dieb,

Du Gelthund, golt vnd silber Dieb,

Der Lande vnd Stedte vmbs jhre btrogen,

All Flecke vnd Dörffer ausgesogen,

ZACHÆUS.

Ach schone ein wenig, mein Hans Pfriem,

Des Himels dich nicht vbernim,

Vnd las der Heiligen seelen gnesen,

Du weist nicht, wer ich bin gewesen.

HANS PFRIEM.

Hoia, bey Gott, das ich nicht wüst,

Wer du vorzeiten gewesen bist,

Ich kenne dich wol, ja ja, zum taus,

Kenne ich dich wol, durch aus vnd aus,

Du weist wol, wenn dues wissen wilt,

Wie offt du mich im Zoll verfielt,

Wie offt du mich hast vbersetzt,

Im stehlen warstu nicht der letzt,

Du hast mir manches Pferd genommen,

Vnd wenn dirs wer also bekommen,

Wie ich dirs wündschen thet an hals,

Du werft geschunden offtermals.

ZACHÆUS.

Du jrrest dich, mein lieb Gespan,

Ich bin ein gut fromm redlich Man,

Bey deme der Herr Christ vnser Gott,

Das sag ich dir ohn allen spott,

Jhm hatte sein herbrig auserlesn,

Ist mir gar lieber Gast gewesn.

HANS PFRIEM.

Ey ha ha ha, du schöner Man,

Dürffst auch ein mal ein gastung han?

Bey meiner Tasche, Seht alle dar,

Eine Malzeit aus, vnd die ists gar,

Ich wolte dem Herrn wol anders dienen,

Das ich mich doch nicht thue berhümen,

Wenn ers bedürffte, all meine geschirr

Liess ich jhm gehn, die klirr, die klirr,

Ohn alle mühe, mit willen gern,[58]

Vnd solte ich selber fuhr entpern,

Das du mir nicht von gastung sagst.

ZACHÆUS.

Ach, das du nur nicht schweigen magst,

Du leihest jhm doch keine Ackermehr,

Halt auch nicht, ers von dir beger.

HANS PFRIEM.

Ja, sey nicht redlich meiner ehrn,

Wo ich nicht jhm von hertzen gern,

Vmbsonst vnd lauter ohne geldt,

Von hertzen gerne führen wolt,

Ohn vnterlas wol hin vnd her,

Auch tragen, so er das beger.

ZACHÆUS.

Je das die drüse, vnd seit jhr sach,

Der grosse Christoffel? Thut gemach.

HANS PFRIEM.

Der grosse Christoffel kan ich sein,

Das dich das Hellische leid vnd pein,

Ich wil dir gros genungsam sein,

Du kleines Knotenfürtzelein,

Komm her, sitz auff, ich wil dich bald

Nausschleudern in gen grünen Wald,

Du bist doch nur ein Kisten voit,

Fragst viel, wer Christ den Herren trait.

SCHECHER.

Ach Herr, was thun wir doch die fern,

Das wir vns mit dem Hunde zern?

HANS PFRIEM.

Der liebe Pfennig ist dein Christ,

Im Kasten deine Gottsfurcht ist,

So fern die Thaler klingen sehr,

So ferne gleubestu, vnd nicht mehr.

SCHECHER.

Wie könt jhrs halten jhm zu gut?

Je mehr jhrs leidt, je mehr ers thut.

HANS PFRIEM.

Och, das ich mit dir zuschaffen handt,

Ich hab von dir nur spott vnd schandt.

ZACHÆUS.

Man pfleget zusagen, Ist auch war,

Wenu man sich nicht erwehren thar,

Vnd gwalt vnd vnrecht leiden mus,

So soll mans leiden ohn verdrus,

Gleich wie man Pillen gros vnd klein,

Gantz vngekewt verschlingt hinein.

HANS PFRIEM.

Ja, ists nicht war, du Kistengötze?

Trotz, heiss mich liegen: Bistu vnnütze.[59]

ZACHÆUS.

Nun, lass jhn machen nur jetzund,

Wie es jhm gefelt, recht kraus vnd bundt,

Wenns wetter sich hat abgekült,

Sein donnern vnd plitzen wol erfüllt,

So pflegt sichs wider auff zuziehn,

Vnd schöner werden, dann vorhin.

HANS PFRIEM.

Was? wiltu noch viel widerbellen?

Och, das dich Schelms vnd Diebsgesellen,

Wie stinckt der Stücklaur? Pfui dich an,

Das ich für stanck kaum bleiben kan,

Wie Bockentzt er, von Reuberey,

Von Diebstal vnd Finantzerey?

Von meineid, vnrecht, gewalt vnd ligen,

Von schinden, schaben, list vnd triegen?

Pfui dich, vnd aber Pfui, du bist

Doch eitel geitz, so klein du bist,

Vor geitz hastu nicht kont gedeien,

Du putzige, vnnütze Krötte klein.

ZACHÆUS.

Ich sey so klein gleich, als ich woll,

Noch bin ich aller freuden voll,

Hierneben andern Heiligen all',

Durch Christi gnad, ins Himels Sall,

Da du wirst bald von hinnen schier,

Das Reissaus geben, gleube mir.

HANS PFRIEM.

Das wolle an deinem halse bekleiben,

Der mit Finantzereien treiben,

Mit schinden, schaben, saugen aus,

Aller armen Leut' im Land durchaus,

Schweis, blut, bis auff den höhsten gradt,

Das Paradeis erworben hat.

ZACHÆUS.

Hab jemandt ich mit list betrogen,

Sein schweis vnd blut auch ausgesogen,

Hab einem Manne genommen was,

Wolan, von hertzen gern ich das,

Erleget habe, vnd widergeben,

Vierfechtig, dort in jenem leben,

Vnd habs gethan, ohn allen zwangk,

Mit höchstem willen, Christo zu danck.

Ja wol, die helfft auch meines Guts,[60]

Hab ich zu stewer vnd lebens schutz,

Den Armen geben, Das ist war.

HANS PFRIEM.

Hört da, hört da, Seht alle dar,

Wie rhümt sich der der Bettelstück,

Die er voll aller schalckes tück,

Etwan den armen Leuten hatt

Gegeben, das jhrs recht verstat,

Ja wie das alte Sprichwort laut,

Er geht zum Gerber, stilt die haut,

Vnd gibt die schuh vmb Gottes willn,

Das heist das siebend Gebot erfülln.

SCHECHER.

Wir richten doch beym Pech nichts aus,

Drumb gehn wir gleichsomehr zu haus.

ZACHÆUS.

So gehn wir hin in Gottes fried.

SCHECHER.

Ich were lang geren gangen mit.

HANS PFRIEM.

Ho hui, ha he, gewonnen, gewonn',

Sie gehn, sie gehn, die Schelm, dauon,

Sie geben sich, Trotz deinem kopff,

Vnd rüre mich an, du Widehopff,

Du diebscher Dieb, ich kenne dich wol,

Wie du bist aller Loden voll,

Was du bekömst in deinen Rachen,

Das kanst' dir bald zu eigen machen,

Die Geiersklawen kanstu fein

Einsetzen, kriegstu was darein,

Nicht leichtlich lestues wider gehn,

Kanst vor ein Ertzdieb wol bestehn,

Der haut vnd har, ja bein vnd marck,

Ja könt ichs sagen noch so argk,

Den armen Leuten abgeschindt,

Vnd ausgesogen allgeschwindt.

ZACHÆUS.

Du bist vns vberlegen zwar,

Mit worten, wies ist offenbar,

Mit schenden, lestern, welches wir

An seinen ort thun stellen hier,

Weil vns zu zancken nicht gebürt,

Wir zeigens an, da es hin gehört.


Quelle:
Martin Hayneccius: Hans Pfriem oder Meister Kecks. Halle a.d.S. 1882, S. 54-61.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Hans Pfriem
Hans Pfriem: Oder, Meister Kecks (German Edition)

Buchempfehlung

Lewald, Fanny

Clementine

Clementine

In ihrem ersten Roman ergreift die Autorin das Wort für die jüdische Emanzipation und setzt sich mit dem Thema arrangierter Vernunftehen auseinander. Eine damals weit verbreitete Praxis, der Fanny Lewald selber nur knapp entgehen konnte.

82 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon