Fünfte Szene

[189] KATHARINA wirft sich ihm in den Weg.

O Golo!

GOLO.

Laß mich los!

KATHARINA.

Gnad! Gnad!

GOLO.

Für wen?

KATHARINA.

Für dich! für mich! für sie!

GOLO.

Halt mich nicht auf!

KATHARINA.

Wohin so schnell?

GOLO.

Zum Wald!

KATHARINA.

Was willst du dort?

GOLO.

Ich – will sie sterben sehn!

KATHARINA.

Unhold, die Höll ist heiß!

GOLO.

Wie Liebesglut!

KATHARINA.

Besteig dein Roß und jag mit ihr davon.

Wenn sie nicht will, so zwinge sie.

GOLO.

Leb wohl!

KATHARINA.

Willst dus nicht tun?

GOLO.

Gewiß nicht!

KATHARINA.

Sei verflucht!

GOLO.

Nach Flüchen dürste ich. Vielleicht zerreißt

Der Ur den Hans, der Bär den Balthasar,

Der geizge Wolf teilt seinen Raub mit ihr,

Die scheue Hindin kommt, und stillt ihr Kind.

KATHARINA.

Unschuldig, wie sie ist, kanns wohl geschehn!

GOLO.

Meinst du das wirklich? Nun, da muß ich fort,

Daß ich die Hindin töte, und den Wolf!


Ab.


KATHARINA.

Die den geboren hat, die wendet jetzt

Sich um im Grabe. Fliegt er doch zum Mord,

Wie nie ein andrer, wenn in finstrer Nacht

Ein Hülferuf erscholl, zur Rettung flog.

O! O! Ich trags nicht mehr. Wohin ich schau,

Da stiert es mich, als wärs mit Augen, an!

Was sitzt dort in der Ecke? In der Tür,

Was ists, das mir den Ausgang wehrt? Durch! Durch!

Nicht links, nicht rechts gesehn! Zum Brunn hinab!


Sie stürzt fort.[189]


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 1, München 1963, S. 189-190.
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