Auf die Insel bei Odelshofen

[212] Zeig, Jumpfere us em Oberland,

mit diner Harpfen in der Hand,

flicht di Zirinkechranz ins Hoor,

leg 's Halstuech a us Silberflor,

chumm, sing e Liedli so und so!

De chasch nit viel. Mer wisse's scho.

Findsch echt der Weg ins Unterland?

Der Schwarzwald blibt uf rechter Hand,

mit sine Firste hoch und lang,

und 's Wasser links, 's goht au di Gang,

und obe Himmel rein und blau,

und unte frische Morgetau.

Doch wenn de n'über d'Chinzig gohsch,

und z'Offeburg am Scheidweg stohsch,

's goht links di Weg, und denk mer dra,

jez goht di d'Bergstroß nüt meh a.

Lueg um di! Siehsch kei Insle do?

»O bhüet is Gott, do isch sie jo.«

Wie isch das Inseli so nett,

as wenn's en Engel zirklet hätt,

as wenn's si eige Gärtli wär!

Wie badet's in sim chleine Meer!

Wie badet's in sim Bluemeduft,

und sunnt si in der reine Luft!

's treit menge Her e Stern am Band,

het Geld wie Laub, und Lüt und Land;

er ißt Pastete, Fleisch und Fisch,[212]

e goldne Bueb stoht hinterm Tisch;

es fehlt em nüt. Frog, was de witt!

Doch so ne Plätzli het er nit.

Und heig er au; was isch derno?

Ihm singe d'Vögeli doch nit froh,

ihm blüeihe d'Blüemli nit so blau,

der Nachtluft weiht em nit so lau.

's chunnt nit uf Luft und Vögel a,

me mueß es in em selber ha.

Ne frohe Sinn, e lustig Bluet,

in Freud und Leid e guete Muet;

und wemme binenander sitzt,

und d'Freud eim us den Auge glitzt,

sel will en ander Röckli ha,

im gstickte Gala goht's nit a.

Bim Bluest, dört chömme Herelüt!

Sing herzhaft furt, sie tüen der nüt.

Sag: »Grüeß ich Gott, und mach ich froh

in euem nette Pärkli do«;

und wenn sie bi der dure göhn,

gang usem Weg und neig di schön.

»Se grüeßich Gott und mach ich froh,

in eurem nette Gärtli do,

und spar ich gsund Johr i, Johr us,

o schenket mer e Bluemli drus.

I flicht mer's in d'Zirinken i,

es soll mi fürnehmst Blüemli si.

Frau Sunne, was i z'bitte ha,

lueg lieb und süeß das Plätzli a,

und wärm's frei wohl und tränk's mit Lust

us diner süeße Muetterbrust.

Mer sin zwor nit elleinig do,

doch hen die andren au dervo.

Her Vollmo', und was d'Nacht erhellt,

wenn d'Sunne schloft im stille Zelt,

i will ich's au bifohle ha;

und luegt e Chnab si Schätzli a,[213]

und wenn's em au ne Schmützli git,

sind still derzue; verrotet's nit.«

Jez, Jumpfere mit dim Harpfespiel,

mach, aß de furt chunnsch! Z'viel isch z'viel,

und chunnsch mer heim im Obedrot,

und 's frogt di eis: Woher so spot?

Se sag's, und rüehm's frei do und dört,

und halt di redli. Hesch mer's ghört?

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 212-214.
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