36.

[231] Wie die Tage macht der Frühling

Auch die Nächte mir erklingen;

Als ein grünes Echo kann er

Bis in meine Träume dringen.


Nur noch märchensüßer flöten

Dann die Vögel, durch die Lüfte

Weht es sanfter, sehnsuchtwilder

Steigen auf die Veilchendüfte.


Auch die Rosen blühen röter,

Eine kindlich güldne Glorie

Tragen sie, wie Engelköpfchen

Auf Gemälden der Historie –


Und mir selbst ist dann, als würd ich

Eine Nachtigall und sänge

Diesen Rosen meine Liebe,

Träumend sing ich Wunderklänge –


Bis mich weckt das Licht der Sonne,

Oder auch das holde Lärmen

Jener andren Nachtigallen,

Die vor meinem Fenster schwärmen.

Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 231.
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