9.

[246] Dieser Liebe toller Fasching,

Dieser Taumel unsrer Herzen,

Geht zu Ende, und ernüchtert

Gähnen wir einander an!


Ausgetrunken ist der Kelch,

Der mir Sinnenrausch gefüllt war,

Schäumend, lodernd, bis am Rande;

Ausgetrunken ist der Kelch.


Es verstummen auch die Geigen,

Die zum Tanze mächtig spielten,

Zu dem Tanz der Leidenschaft;

Auch die Geigen, sie verstummen.


Es erlöschen auch die Lampen,

Die das wilde Licht ergossen

Auf den bunten Mummenschanz;

Auch die Lampen, sie erlöschen.


Morgen kommt der Aschenmittwoch,

Und ich zeichne deine Stirne

Mit dem Aschenkreuz und spreche:

»Weib, bedenke, daß du Staub bist.«

Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 246.
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