Epilogvs.

[731] Erbare vnd großgünstge Herrn,

Wenn ihr hett zugesehen gern,

Vnd diß Spiel mit lust angehört,

Damit wir euch samptlich verehrt,

So wehr es vns ein wolgefall

Das jhr erschienen seid zumahl.

Es wol ein jeder doch zuhörn,

Was wir hierauß jtzt sollen lehrn,

Insondrheit wie Vincentius

Nent sich ein Kempffr zu Roß vnd Fuß,

Do er doch nicht kan mit bestehn,

Wie jhr selbst gehört vnd gesehn,

Sein Titul ist zwar groß genug,

Sonst aber weder weiß noch klug,

Helt gar zu viel von seinen Sachn,

Das man genug darüber zu lachn,

Denn sein Geberd jr gsehen habt

Wie er so wunderlich begabt,

Mit Kleidung, stoltz, vnd grossem Pracht,

Welchs er zumal sehr hoch geacht,

In Summa jhn dünck aus der maß,

Das er es alls versteh viel baß,

Als ander Leut, so doch auch wissn,

Wie sie den Künsten sein geflissn,

Er gibt viel für von disputirn,

Wil mit dem Priester conferirn,

Vnd ist doch nicht dazu geschickt,

Gleichwol jn die Kunst drengt vnd drückt,[731]

Sein Historien so er erzehlt,

Vor ein Euangelium helt,

Nach seiner meinung sind sie war,

Es muß nicht fehlen vmb ein Haar,

In springen vnd tantzn ist er der best,

Sein fechtn er jm gefallen lest,

Er weiß es alls, er weiß allein,

Kein Mensch muß vber jn nicht sein,

Sein Musicam er auch groß macht,

Do sie doch werth, das mans veracht,

Im freyen thut er auch anschlahn,

Weil er ein hofflung Fraw wil han,

Damit wird er nu wol vexirt,

Vnd weidlich vmb die ficht geführt

Das Wannenbadt ist jhm bereit,

Vor seinen Pracht vnd Höffligkeit,

Kriegt grossen Schimpff, ja spott vnd hohn,

Das wird jm fein gegeben zu lohn.

Darauß wir denn zwo Lehren han,

Das wir der Hoffart müssig gähn,

Vnd den Laßdünckel lassen fahrn,

Die Demut lieben vnd nicht sparn,

Denn man im Sprichwort sagen thut:

Demut macht alle Sachen gut,

Weil sie Vincentius nicht gehabt,

So muß er außstehn ein frisch Badt.

Zum andern ist zu lernen fein,

Das wir sollen warhafftig sein,

Dann wo die Warheit wird gespart,

Da ist die gröst Sund vnd Vnart,

Mancher wil viel Historien sagn,

Vnd thut es kühnlich damit wagn,

Redt frey daher ohn allen grundt,

Nur wie es jhm kömpt in den Mundt,

Der solchs thut wird hier vnterricht,[732]

Das er Warheit vergesse nicht,

Hett sie Vincentius geliebt,

Wer er mit dem Badt nicht betrübt.

In Summa Demut vnd Warheit,

Stell niemand in Vergessenheit,

Wir hörns genug auß Gottes Wort,

Wie man die Tugend soll setzen fort,

Das sollen wir heut vns lassen lehrn,

Vnd vns von Hertzen grundt bekehrn.

Hiemit wolln wir das Spiel beschliessn,

Vnd bitten lasts euch nicht verdriessn,

Ob es ist etwas lang gewordn,

Vnd euch nicht wol gefalln im ordn,

Wo es jo dran gemangelt hat,

So nemt den willen vor die that,

Das jhr erschienen sagn wir danck,

Vnd wollens vnser lebenlang,

Vmb euch all zuuerschulden wissn,

Vnd nach vermögen sein geflissn,

Befehlen euch dem getrewen Gott,

Der helffe vns aus aller noth,

Vnd woll vns auch zugleich thun gebn,

Zeitlichen segn vnd ewigs leben, Amen.


Ende dieser Comœdien.


Exhilarant homines concentibus Organa sacris.
[733]

Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 731-734.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Wette, Adelheid

Hänsel und Gretel. Märchenspiel in drei Bildern

Hänsel und Gretel. Märchenspiel in drei Bildern

1858 in Siegburg geboren, schreibt Adelheit Wette 1890 zum Vergnügen das Märchenspiel »Hänsel und Gretel«. Daraus entsteht die Idee, ihr Bruder, der Komponist Engelbert Humperdinck, könne einige Textstellen zu einem Singspiel für Wettes Töchter vertonen. Stattdessen entsteht eine ganze Oper, die am 23. Dezember 1893 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wird.

40 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon