Scena nona.

[369] Nero. Seuerus. Innocens. Patientia.

Nero kompt, vnd hat eine Barte in der Hand, gehet in den Garten, schleicht gar heimblich zu seinem Vater, setzt jme den Pfrim auff den Kopff, vnd schlegt jn mit der Barten darauff. Wann der Vater den schlag fühlet, wischet er aus dem schlaff, vnd begreifft seinem Son das Beil, vnd spricht.


SEUERUS. O mein Son, Wie kömpstu hierzu? Bedencke doch das Vierde Gebot, vnd meine trewherzige vermanung. Der Son schweiget stille, vnd reisset mit gewalt seinem Vater das Beil aus der Hand, der Vater rufft weiter. Sohn ich bitte dich vmb Gottes willen, Thue gemach, vnd bedencke was du thust.

NERO schlegt auff jhn zu, vnd spricht. Du must nun halten, Das heist, lege mich noch mit Golde abe, vnd jage mich zum Lande aus, vnd berathschlage, Du wollest mich ins Gefengnis stecken.

SEUERUS. Ach mein lieber Son, Ich bitte dich vmb Gottes willen, schone mein, deines alten Vaters, Der es so gut jederzeit mit dir gemeinet hat.

NERO. Das hilfft jetzunder nicht, Du must nun daran. Vnd schlegt jmmer zu.

SEUERUS. Nun wolan, Kans dann nicht anderst sein, So beuhele ich dir Gott meinem HErrn meine Seele in deine Hende, Beuhele dir die Rache, Vnd bitte Du wollest dieses mein vnschüldig Blut rechen, Vnd eben Dich Neronem wil ich citiren vor das gestrenge Gericht Gottes, Da soltu Rechenschafft geben von diesem meinem Blut. Nero schlegt jhn in den Nacken, das er ligen bleibet, vnd zeugt jhme den Pfriem aus dem Kopff, vnd streichet das Loch am Kopff mit Erden zu, vnd spricht. Was hat der alte Schelm ein hart Leben. Darnach gehet er zum Jungen Herrn, thut jhm ein Strick vmb den Hals, Der Junge Herr wisschet auff, vnd spricht.

INNOCENS. Ach Vetter, Was wolt jhr mir thun? Ich hoffe jo nicht, das jhr mich wolt vmbbringen. Nero zeucht allenhandt zu.

INNOCENS. Ach lieber Vetter, Ich bitte vmb Gottes willen, lasst mich leben,[370] Ich wil euch alle meine Docken geben. Ach mein lieber Vetter lasst mich leben. Nero würget jhn, Thut den Strick wider weg, vnd machet jhme vmb das Maul einen weissen schaum, verbirget sich darnach im Garten, vnd rufft alsdann vber laut. Patientia, Patientia Komm mir zu hülffe, Komm mir zu hülffe. Alsbaldt kompt die Fraw gelauffen, wie sie den Toden sihet, erschrecket sie hefftig, vnd fellet zur Erden.

PATIENTIA. Ach, Hilff Gott, Wie gehet das jmmer zu. Inmittelst springt er von hinden zu, wirffet sie auff den Rügken, zeugt jhr das Messer von jhrer eigen scheiden abe, wie sie das sihet, ruffet sie. Ach Sohn, Wie kompstu zu dieser grewlichen that? Ach bedencke doch, das ich dich vnter meinem Hertzen getragen, Mit schmertzen geboren, Vnd mit meinen Brüsten geseuget habe. Ach mein lieber Sohn, Ich bitte dich, las mich doch leben, Was ist dir mit meinem Tode geholffen? Ach lieber Sohn, gedencke doch, Wie saur du mir worden bist, ehe dann ich dich zur Welt geboren habe.

NERO. Halt, halt, Das hilfft hier jetzunder nicht zu.

PATIENTIA. Ceter, Ceter Mordio vber dich Mörder vor dem gestrengen Gerichte GOttes vber dies vnschüldig Blut, so du jetzunder vergeussest. Nero sticht jhr die Gürgel abe, Inmittelst rufft sie. HErr Jhesu Christe, nimb meine Seele. Wenn er das alles verrichtet, gehet er stilleschweigens hinweg vnd lesst sich nicht mercken.

Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 369-371.
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