Scena octava.

[382] Probus. Pudica. Nero.


NERO. Liebe Schwester, Ihr müsset so betrübet nicht sein, Beuhelet es vnserm HERrn Gott, Wie wir auch thun müssen, Vnd bekümmert euch nicht zu sehr, Damit jhr euch nicht versündigen möget gegen Gott, Bedencket die Frucht ewers Leibes, Das jhr daran durch ewre Melancoley keine Mörderin werdet, Gehet doch ein wenig in die Lufft.

PUDICA. Ach, was sol ich in der lufft machen, Vnd wo solte ich hingehen?

NERO. Wir wollen in den Garten gehen.

PUDICA. Ach, das werde ich nicht thun können.

NERO. Wie so nicht? Ey lieber, kommet mit in den Garten, Dar stehen so schöne reiffe Epffel, wie jr sie gerne zu essen pfleget, Ey lieber, kompt mit, Wer weis, es möchte euch in ein par tagen verbotten werden, in den Garten zu gehen So wird euch die zeit lang gnug wehren, wo jhr diese lustige zeit sollet inne liegen.[382]

PROBUS. Ey liebes Weib, gehe doch mit.

PUDICA. Was ich vmb der Epffel willen thue, Sonsten geschehe es wol nicht. Gehen in den Garten, vnd besehen die Beume. Ey das ist ein schöner Apffel, der da sitzet, den möchte ich wol haben.

NERO. Ich wil jhne euch langen. Bricht den Apffel abe, vnd wendet jhn in der Handt herumb, vnd gibt denselben jhr.

PUDICA. Ey das ist ein hübscher Apffel, Wüste ich doch nicht, das ich in newligkeit einen solchen schönen Apffel gesehen hette. Vnd reucht daran, Vnd vber ein weile darnach streicht sie vber das Angesicht, vnd sagt. Ich mus mich ein wenig niedersetzen.

NERO. Wie ist es Schwester? Das machet, das jhr so lange in der lufft nicht gewesen.

PROBUS. Wie ists Hertzchen, ist dir nicht wol?

PUDICA. Ach, mir ist so vbel, Mich deucht, ich mus jetzo vmbfallen, Ach, wann ich nun wider im Hause were. Ach, ich bitte, helffet mich auff, Vnd bringet mich zu Hause, es wirdt sonstet nicht gut mit wir werden. Führet sie abe, vnd Probus spricht.

PROBUS. Behüte Gott, wie gehet diß zu?

NERO. Ey ich hoffe, es werde kein noth haben, sonsten weren wir vbel im Garten gewesen. Mvsica.

Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 382-383.
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