Die Kanone

[288] Gen Himmel reckt das Kanonenrohr

Den unersättlichen Rachen.

Das eiserne Untier horcht. Sein Ohr

Verfolgt die Schritte der Wachen.


Gefressen hat es den ganzen Tag,

Nun kann es ruhn und verdauen.

Doch eh im Osten es dämmern mag,

Gibt's frische Knochen zu kauen.


Musik, Musik in Blut und Kot

Ist ihm das Wimmern und Stöhnen.

Was wächst auf Erdenfeldern Brot?!

Fleisch! Schlachtfeld! Heulen und Dröhnen! –


Gen Himmel reckt die Faust geballt

Ein Sterbender. Stumm bleibt die Ferne.

Verdorrt seine Zunge. Klar und kalt

Funkeln die himmlischen Sterne.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 2: Buch des Kampfes, München 1921, S. 288-289.
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