Zwölfter Auftritt.

[172] Mathilde. Bertha. Günther von Schwarzenau.


MATHILDE. Was war das? welch sonderbare Erscheinung! dieses holde Kind sang so ganz die Empfindung meiner Seele.

BERTHA. Fräulein! ich höre Männertritte. – Gott! wen seh' ich?

MATHILDE mit ausgestreckten Armen. Günther von Schwarzenau!

GÜNTHER. Verzeiht, Fräulein! daß ich vor euch erscheine. Seit ich in Wien so glücklich war, euch zu sehen, fühle ich mich unwiederstehlich hieher gezogen. Ach, Mathilde! ihr seyd verlobt?

MATHILDE. Ihr wißt –[172]

GÜNTHER. Euer Vater sagte es mir so eben. Jetzt bin ich hier, um von euch Abschied zu nehmen – von euch, die ich erst einigemal sah – aber das Herz setzt sich über die Bedenklichkeiten dieser Art so gerne hinweg.

MATHILDE. Und wohin wollt ihr, Günther!

GÜNTHER. Fort – vielleicht auf ewig – im Getümmel der Schlacht werde ich die verlohrne Ruhe wieder suchen.

MATHILDE. Ihr seyd tapfer, Günther! ach ich fürchte –

GÜNTHER. Kann Mathilde für mich fürchten?

MATHILDE. Seyd ihr nicht Mensch?

GÜNTHER ergreift ihre Hand. Mathilde!

MATHILDE. Günther! was ist euch?

GÜNTHER. Diesen Händedruck, diesen Blick – darf ich ihn deuten? – Ihr schlagt eure schönen Augen zu Boden. Bin ich nicht würdig eures Anblicks?

MATHILDE. Ritter! was beginnt ihr?

GÜNTHER. Nichts, als was meine reine Liebe mir geboth. Laßt immer euren Vater mir eure Hand versagen, weil ich arm bin – wenn ihr mich liebt, bin ich nicht durch dieses Bewußtseyn reicher als tausende?

MATHILDE. Ach – Günther! wer könnte dich nicht lieben.

GÜNTHER umschlingt sie. Du – das liebe Du? o so bist du mein – durch diesen Kuß vereinigen sich unsere Seelen auf ewig! –


Quelle:
Die romantisch-komischen Volksmärchen. Leipzig 1936, S. 172-173.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Teufelsmühle am Wienerberg
Die Teufelsmühle am Wienerberg