Zwölfter Auftritt.

[183] Marie, als altes Weib, kommt ihnen entgegen, an einem Stab daher wankend.


WEIB. Guten Tag, edler Burgherr! wohin wollt ihr so eilend?

HANNS. Laß mich, du alte Vettel! Will fort.

WEIB. So harret doch – edler Herr! ihr wollet gewiß eurer Tochter nacheilen? ach, das arme Burgfräulein! wie wahnsinnig flog sie vorhin an mir vorüber, und sagte: mein tyrannischer Vater zwingt mich zu einer Heurath, die ich nicht vollziehen kann; mir bleibt kein Mittel mehr übrig, als mein Grab in den Wellen zu suchen – und so eilte sie nach dem Mühlbach.[183]

HANNS. Nach dem Mühlbach?

LÖBENSTEIN. Verdammter Unglücksbothe! wer schickte dich hieher, um uns mit dieser Schreckensnachricht zu täuschen. Wer bist du?

WEIB mit veränderter Stimme. Ein Wesen, das hieher kam, um dich zu warnen! Ritter! du bist von dem Schicksale bestimmt, sieben Mordthaten an Unschuldigen zu begehen, um den Geist deiner Mutter zu erlösen, und sie zur ewigen Ruhe zu bringen. Sechs dieser Mordthaten sind vollzogen, die siebente beginnt mit deinem Tode.

HANNS. Schrecklich!

LÖBENSTEIN zieh die Klinge gegen sie. Elendes Blendwerk! du wagst es?

WEIB. Halt ein – Unmächtiger! – Siehst du Mathilden, wie sie sich in die Wellen stürzt – nur meine Macht kann sie retten. – Donnerschlag – die Bühne verwandet sich in eine freye Gegend. Im Hintergrund ein Fluß, nebenbey eine Hütte. Auf einem Felsenstück steht Mathilde, sieht Händeringend in den Strom, und stürzt sich hinab. Man sieht sie mit den Wellen kämpfen, ein Genius erscheint aus der Fluth, rettet sie, und fliegt mit ihr durch die Luft.

HANNS. Unbegreifliches Wesen! Wer bist du? Die Bühne verwandelt sich wieder in das Zimmer.

WEIB. Die Retterinn deiner Tochter! Sie wandelt sich um. und dieses Jünglings Mutter! Verschwindet.

ALLE. Der Himmel sey uns gnädig! Alle eilen schnell ab.


Quelle:
Die romantisch-komischen Volksmärchen. Leipzig 1936, S. 183-184.
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