Das Lied vom Schmetterlinge

[375] Liebes, leichtes, luft'ges Ding,

Schmetterling,

Das da über Blumen schwebet,

Nur von Thau und Blüthen lebet,

Blüthe selbst, ein fliegend Blatt,

Das, mit welchem Rosenfinger!

Wer bepurpurt hat?


War's ein Sylphe, der Dein Kleid

So bestreut,

Dich aus Morgenduft gewebet,

Nur auf Tage Dich belebet?

Seelchen, und Dein kleines Herz

Pocht da unter meinem Finger,

Fühlet Todesschmerz.


Fleuch dahin, o Seelchen, sei

Froh und frei,

Mir ein Bild, was ich sein werde,[375]

Wenn die Raupe dieser Erde

Auch wie Du ein Zephyr ist

Und in Duft und Thau und Honig

Jede Blüthe küßt!


Quelle:
Johann Gottfried Herder: Werke. Erster Theil. Gedichte, Berlin 1879, S. 375-376.
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