9. Dusle und Babele
Ein Schweizerliedchen

[72] Die Melodie ist leicht und steigend, wie eine Lerche; der Dialekt schwingt sich in seiner lebendigen Wortverschmelzung ihm nach; wovon freilich in Lettern auf dem Papier wenig bleibet.


Es hätt' e' Buur e' Töchterli,

Mit Name hieß es Babeli,

Es hätt' e' paar Zöpfle, sie sind wie Gold,

Drum ist ihm auch der Dusle hold.


Der Dusle lief dem Vater na':

»O Vater, wollt ihr mir 's Babele lahn?«

»Das Babele ist noch viel zu klein;

Es schläft dies Jahr noch wohl allein.«


Der Dusle lief in einer Stund',

Lief abe bis gen Solothurn,

Er lief die Stadt wohl uf und ab,

Bis er zum öbersten Hauptmann kam:


»O Hauptmann, lieber Hauptmann mi',

I' will mi' dingen in Flandern 'ni'!«

Der Hauptmann zog die Seckelschnur,

Gab dem Dusle drey Thaler drus.


Der Dusle lief wohl wieder heim,

Heim zu s'in'm liebe Babelein:[72]

»O Babele, liebes Babele mi',

Jezt hab i' mi' dungen in Flandern 'ni'!«


Das Babele lief wohl hinters Huus,

Es grient ihm schier sin' Aeugele uus:

»O Babele, thu doch nit so sehr,

I' will ja wieder kommen zu dir!


Und komm i' übers Jahr nit heim,

So will i' dir schreiben e' Briefelein,

Darinnen soll geschrieben stahn:

I' will min Babele nit verlahn!«

Quelle:
Johann Gottfried Herder: Stimmen der Völker in Liedern. Stuttgart 1975, S. 72-73.
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