8. Amor im Tanz
Deutsch

[199] Von Heinrich Albert. S. seine Lieder Th. 3. N. 22.


Junges Volk, man rufet euch

Zu dem Tanz hervor.

Auf! es spielet schon zugleich

Unser ganzes Chor.

Wer nun Lust zu tanzen hat

Stelle hier sich ein,

Tanze, bis er Tanzes satt,

Und begnügt mag seyn.


Wisset aber, daß sich hab'

Hier auch eingestellt

Amor, der berühmte Knab'

Auf der weiten Welt:

Amor, der viel Possen macht,

Und sich nur ergetzt,

Wenn er euch in Leid gebracht

Und in Noth gesetzt.
[199]

Er wird wanken hin und her,

Nehmet seiner wahr!

In den Augen ohngefähr

Wird er offenbar,

Drinnen der geschwinde Schütz

Seinen Bogen spannt

Und euch, wie der schnelle Blitz

Trifft gar unbekannt.


Auf den Lippen wird er oft

Auch zu finden seyn,

Und sich bei euch unverhofft

Heimlich schleichen ein.

Durch der Worte Süßigkeit

Hat er seine Lust,

Euch zu stürzen nur in Leid

Schlau und unbewust.


Händedrücken keiner trau!

Er ists, der es thut:

Er verbirgt sich so genau,

Quälet manches Blut,

Daß in Hoffnung wird geführt

Einer Schönen Gunst,

Die doch nicht die Hand gerührt –

Es war Amors Kunst.


So er nun durch seine Pfeil'

Euch verliebt gemacht,

Wird er lachen und in Eil

Geben gute Nacht;

Sehet zu wie? wo? und wann

Ihr dann Hülfe kriegt?

Der wird übel seyn daran,

Der verwundet liegt.[200]

Quelle:
Johann Gottfried Herder: Stimmen der Völker in Liedern. Stuttgart 1975, S. 199-201.
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