Zehnte Scene.


[381] Vorige. Die Thür wird aufgerissen. Man sieht Würges vor der Schwelle stehn, hinter ihm Volkshaufen.


WÜRGES.

Holla! Da wären wir, um anzufragen,

Ob Ihr Euch nicht die Freiheit nehmen wollt,

Ein bischen mitzulöschen. Laßt doch sonsten

Nicht gerne was anbrennen.

GEFREITER zu Nettelbeck.

Euer Amt

Und Eure Bürgerpflicht gebieten Euch –

WÜRGES.

Was? Will das Bürschchen Nettelbecken lehren,

Was Bürgerpflicht? Der Tausendsappermenter!

Nein, Kind, ich bin ein alter Militär,[381]

Und hab' vordem beim Regiment Schwerin

Auch wol die Bürger mehr als gut curanzt.

Doch der Soldat von damals war noch was,

Der hat den preußischen Staat erst aufgebaut,

Und wenn der Kamm ihm schwoll, so war es menschlich.

Ihr aber was thut ihr? Ihr lauft davon – –

GEFREITER.

Herr! –

WÜRGES.

– daß der alte Fritz im Grabe sich

Umdrehte, wenn er was von Jena hörte

Und Auerstädt und Magdeburg und Stettin.

Und dafür noch Respect und Fuchtelküssen?

Nein, setzt es Prügel, lieber doch vom Feind,

Als erst von euch, ihr Herrn, und hinterdrein

Erst recht vom Feind. So, meinethalben kannst du

Das rapportiren.

NETTELBECK vortretend.

Stille, Kinder, still!

Mein Sohn, du bist noch jung und dauerst mich.

Drum laß mich jetzt zum Feuer. Wenn's gelöscht ist,

Stell' ich mich selber pünktlich zum Arrest.

Bist du's zufrieden?


Gefreiter schweigt.


WÜRGES.

Nichts da von Arrest,

Fort mit der Wache!

NETTELBECK.

Kinder, laßt euch sagen –


Während die Bürger drohend zustimmen, schweigt das Glockengeläute, das schon zuletzt immer schwächer geworden ist.


Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke. Band 10, Berlin 1872–1910, S. 381-382.
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