Achte Scene.


[378] Vorige. Die Mutter tritt hastig ein.


MUTTER.

Barmherz'ger Gott,

Soldaten!

NETTELBECK.

Kommt, Gevattrin! Ja, was meint Ihr?

Wer hätte das von Nettelbeck gedacht,

Daß er den Gouverneur verführen wollte,

Die Festung zu verrathen und dem Feind

Die Schlüssel für ein Trinkgeld auszuliefern?

Der Judas! Vor ein Kriegsgericht mit ihm,

Und hängen muß der Schurke Nettelbeck,[378]

Wär' auch kein Strick in Colberg aufzutreiben,

Als nur das Schürzenband der Mamsell Flips!

MUTTER.

Ist das erhört?

ROSE zum Gefreiten.

Es muß ein Irrthum sein.

GEFREITE.

Jungfer, ich bin Soldat. Ihr thätet besser,

Dem alten Ehrenmanne zuzureden,

Daß er den sauren Dienst mir nicht erschwert.

Ich kann ihm doch nicht helfen.

NETTELBECK.

Nein, mein Sohn,

Ich hab' mir's überlegt. Der Nettelbeck

Hat mancherlei Quartiere schon bewohnt,

Nur in Arrest hat er noch nicht gesessen,

Und Alles muß ein junger Mensch versuchen.

ROSE.

Es darf, es kann nicht sein!

NETTELBECK.

Still, Kinder! Gebt

Mir noch 'nen Danz'ger auf die Fahrt, Gevattrin.

Ein gut Gewissen und ein guter Schnaps –

Ihr wißt wol. Schenkt den Leuten auch ein Gläschen.


Zum Gefreiten.


Ihr mögt nicht? Wie Ihr wollt. Und jetzt – – Was Teufel!

Die Feuerglocke!


Draußen Glockengeläute und Lärmen. Rose läuft ans Fenster.


ROSE.

Alles rennt hinab

Der Vorstadt zu –

NETTELBECK.

Wir haben West-Süd-West.

Was mag nur wieder –


Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke. Band 10, Berlin 1872–1910, S. 378-379.
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