§. 32.


Jerusalem

[164] wohl unbedenklich der Hauptsitz aller Sanctuarien ist, so war Jerusalem unserm Ritter ein theures, werthes Wort. Das Hauptstück in Jerusalem war der hohe Rath. Ging doch, nach der ältesten Urkunde, Gott der Herr zu Rathe, ehe er Menschen schuf. Das erste, was von Jerusalem in Rosenthal sichtbar wurde, war[164] eben dieser hohe Rath, dem ich hiermit meine Verbeugung mache. – Ob nun gleich die in diesen hohen Rath gezogenen beiden Rathsherren, der Pastor und Hofmeister loci, eines Tages es auf Bethlehem anlegen wollten und unwiderlegbar zeigten, daß die Abbildung dieses Fleckens und der Krippe weit weniger als Jerusalem sowohl auf dem Papier als auch unter freiem Himmel zu stehen kommen würde, zu geschweigen, daß die Hirten loci am Weihnachtsheiligen Abend dieser feierlichen Erinnerung einen sehr naturgemäßen Nachdruck zu geben im Stande wären, so blieb der Ritter doch bei der Hauptstadt Jerusalem. Auch schien er es den Herren Räthen übel zu deuten, daß sie sich nicht entblödeten, Hirten in das Johanniterspiel zu bringen, für welche er keine Classe hatte, ohne daß sie den Herren Secundanern in jeder Rücksicht zu nahe gekommen wären. Jerusalem blieb das hohe Wort, das Ja und Amen bei allem ritterlichen Dichten und Trachten, und den beiden bürgerlichen Räthen blieb nichts weiter übrig, als ihr Haupt bei dem Worte Jerusalem zu neigen und den artigen Flecken Bethlehem aufzugeben. Zur Nachricht. Wöchentlich wurden zwei Sessionen gehalten, die den Namen hoher Rath von Jerusalem führten. Von Stiftungsbrief und Rathssiegel hab' ich in den erhaltenen Papieren keine Reliquien gefunden. – In diesem hohen Rathe ward alles vorgetragen, was zur Abbildung der heiligen Oerter nur förderlich und dienstlich seyn konnte; indeß blieb, wie es in Collegiis wohl zu seyn pflegt, alles auf dem Papier, wo wir es denn auch fürs erste werden lassen müssen.

Schon von jeher hatte der Ritter den zehnten Sonntag nach


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 1, Leipzig 1860, S. 164-165.
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