§. 45.


Das Attestatum,

[243] oder die Kundschaft, wird auf geziemendes Ansuchen gegeben, wie folgt:

Wir Caspar Sebastian von Gottes Gnaden des heiligen römischen Reichs Freiherr von Rosenthal, Ritter des heiligen Johanniterordens, Grund- und Erbherr der Rosenthalschen Güter, des protestantischen gelobten Landes und aller hier befindlichen Sacrarien.

Entbieten einem jeden Leser der drei Klassen, adeligen, geistlichen und bürgerlichen Standes, Heil, Gnade und Frieden, vom Anfgange bis zum Niedergange, von Bethlehem bis zum Joseph Arimathiaschen Grabe. Amen! Amen! Amen![243]

Thun kund und zu wissen einem jeden, der sich kund und zu wissen thun lassen will und nicht will, welchergestalt N.N., protestantischer Confession, den – – in beliebter Stille zu uns gen Rosenthal gediehen, um seine Gelübde der Andacht bei den hier, christlich gesinnten Herzen zum Heil und Frommen, eingerichteten Sacrarien zu erfüllen. Es ist im Jahre nach Christi Geburt 17 – die fromme Besichtigung in Segen angefangen, nachdem er zuvor seinen Namen in das Buch weiß auf schwarz und schwarz auf weiß verzeichnet, seine Vernunft im Glauben und Gehorsam gefangen genommen, seine fünf Sinne angestrengt, seine Einbildungskraft erhöht und die vornehmsten heiligen Oerter gesehen und empfunden; wonächst Vorzeiger während dieser heiligen Zeit an dem Pilgertische mit dem Stabe in der Hand gegessen und getrunken in Mäßigkeit und Nüchternheit: nicht als die ihren Bauch vergöttlichen, die leben, um zu essen und zu trinken, sondern, die trinken und essen, um zu leben. Entfernt, alles zu beurkunden, was unser Pilger reichlich und täglich erblickt und gehört, kann, ohne den folgsamen Leser aufzuhalten, ihm jedoch nicht verhalten werden, daß er an dem Hause Simeons abgetreten, und nach gehöriger Meldung zu seiner Zelle gebracht worden, daß er das Haus Pilati, die verfluchte Erde, den Oelberg und vor allem das H.G. und den Stein, den der Engel von des Grabes Thür gewälzt hat, von Angesicht zu Angesicht gesehen. Wobei unsere Herzenswünsche sich in Bescheidenheit dahin begrenzen, diese Wallfahrt möge zu seiner armen Seele Nutz und Frommen gereichen, blühen und Früchte bringen in Geduld. Urkundlich ist demselben dieser offene Brief und Gezeugniß, welches bei jedermann so viel gelten soll, als wenn ihm das Kreuz ins Fleisch gebrannt wäre, auf sein bittliches Ansuchen bewilligt, nachdem selbiger mit vieler Rührung von diesen Sanctuarien Abschied genommen und sie gesegnet, auch zu Urkund dessen sei nen Namen in das rothe oder Wolkenbuch aufgezeichnet.[244] Alles ohne Arglist und sonder Gefährde. So gegeben Jerusalem, den – 17 –


N.N. und Siegel.


Auf das Siegel ist gegraben die Geschichte der Geistes- und Feuertaufe der Apostel, und das Fußwaschen des Herrn, mit der Beischrift: Sigillum magnum Guardiani sancta terrae et montis Sion.

Gott behüte vor Vettern und bringe uns Pilger ab und zu, die nicht sehen und doch glauben! Amen.


Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 1, Leipzig 1860, S. 243-245.
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