§. 82.


Ruhe wohl,

[340] edler Ritter! Deine Werke folgen dir nach! – Nie werde deine Asche durch den Fuß eines Drachen von Türken entweihet, und wenn eine Schlange von Mamelucken diese Straße zieht, und lästern will, falle ihm von dieser heiligen Asche so viel in die unrechte Kehle, daß er sich bekehre und lebe! – Ruhe wohl! – Der Tod ist ein ächter Ritter, gewiß mehr fröhlicher als trauriger Gestalt. – Er überwindet die Drachen des Lebens, läßt den Körper das heilige Grab erobern und einnehmen, während der Geist zum himmlischen Jerusalem eingehet. Nach diesem Elend ist ihm bereitet Eldorado der Ewigkeit! – Du starbst ritterlich. Wohl dem, der es vollbracht hat! – Dich suchten ein fälliger Wechsel, ein weiser Vetter, eine Consistorial-Commission und so manches andere heim, ohne an deine Mütze zu denken. – – – Und was drängt und drückt mich, ohne daß ich eine Mütze tragen darf, und mit einem abgelaufenen Wechsel von einem Emsigen bedrohet werde? Staatsgeschäfte, an denen man den Undank im Original kennen lernen kann! Ach! ein Jerusalem anderer Art, das da tödtet die Propheten, und steinigt die zu ihm gesandt sind – und wo wahrlich kein Schlafstübchen der Frau Pontius Pilatus vorhanden ist, um des Tages Last und Hitze zu verträumen! – Und wenn ich als Schriftsteller mich erholen will – wer sucht mich heim? Wahrlich kein reisender Vetter, keine Consistorial-Commission – die, sobald sie weinwarm war, mit sich handeln ließ. Da wollen Prophetenknaben zu Rittern an mir werden! Eben heute (den 26 Oktober 1792) les' ich eine Recension, in der man den Prophetenknaben an seinem Vivat-und Pereatgeschrei, und an seinem Fensterwurf mit Händen greifen kann. Lieber Gott! dieß Knäblein vergreift sich an einer Schrift, bloß weil sie in seinen ästhetischen Heften sich unter keine[341] Rubrik bringen lassen will! Mit den lieben Heften! Immerhin! ich will keinen Bären aussenden, der diesen Knaben in seinem Spiele störe, um ihm seinen Freitisch nicht zu verderben, und den Groschen zu entziehen, den ihm der Verleger zahlt! – Oder wie? ist es – selbst? Nun, wahrlich, dieser Schwächling wird nie die Kinderschuhe ausziehen und über seine Hefte kommen. – Guter Ritter, verzeihe mir diese Nutzanwendung, die mir an deiner Gruft so wohl thut! Sie fiel deinem Leichenredner nicht ins Wort, noch der Kritik über seine Rednergaben, die wahrlich anderer Art war, als die, womit ein Knabe an Geist oder Leib, oder an beiden, sich an mir vergriff. Guter, seliger Ritter, wenn dein Vokalsohn den Bau nicht vollenden sollte, den du so herrlich auf dem Papiere angefangen hast, wird doch diese Stätte heilig seyn dem Consistoriali und dem Laien, und jedem der werth ist, dich zu kennen – heilig! bis jeder mit Simeon sagt: Herr! nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren!

Quelle:
Theodor Gottlieb von Hippel: Kreuz- und Querzüge des Ritters von A bis Z. Zwei Theile, Theil 2, Leipzig 1860.
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Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z
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